Wie oft kommt es vor, dass die SVP und die Umweltschützer dieselbe Haltung gegenüber einem Gesetz einnehmen? Selten. Doch in der vergangenen «Arena» ereignete sich genau dieses ungewöhnliche Szenario – denn sie beide lehnen das neue Stromversorgungsgesetz ab. Ihre Beweggründe sind jedoch unterschiedlich.
Vera Weber und andere Umweltschützer hatten das Gesetz schon abgelehnt, kaum lag die finale Version auf dem Tisch. Sie haben überdies das Referendum gegen das Gesetz ergriffen – die im Gesetz enthaltenen Massnahmen würden den Natur- und Landschaftsschutz gefährden. Deshalb nahm Weber an der Diskussionsrunde der «Arena» teil.
Sie überzeugte mit ihrer unerschrockenen Art und wiederholte gebetsmühlenartig, dass die Umwelt an erster Stelle stehen sollte – und nicht die Stromgewinnung. Sie sagte: «Man opfert die Natur auf dem Altar des Klimaschutzes und der Energiewende.»
Die SVP lehnte sich erst vor Kurzem gegen das Gesetz auf. Brisant: Im vergangenen Herbst hat fast das ganze Parlament das Gesetz, den sogenannten Mantelerlass, verabschiedet – auch von der SVP wurde er mehrheitlich unterstützt. Thomas Matter, Vizepräsident der SVP, erklärte in der «Arena», warum die Partei das Gesetz nun ablehnt: Die Versorgungssicherheit sei nicht gewährleistet und es fördere die Abhängigkeit vom Ausland weiter. Deshalb will die SVP, dass die Stimmbevölkerung das Gesetz bei den nationalen Abstimmungen am 9. Juni 2024 ablehnt.
Die «unheilige Allianz» – wie sie der Moderator Sandro Brotz neckend nannte – spannte in der Arena zusammen und liess sich auf eine ausgiebige Diskussion mit den anderen Gästen ein. Diese waren:
Der eloquente Philipp Matthias Bregy von der Mitte brachte Matter bereits am Anfang der Sendung in die Bredouille. Er sprach sich klar für das Gesetz aus und fand es nicht nachvollziehbar, dass die SVP das Gesetz nicht unterstützte.
Die SVP würde sich mit ihrer Entscheidung, das Gesetz abzulehnen, dafür einsetzen, dass die Schweiz weiterhin vom Ausland abhängig bleibt – und das sei ansonsten nicht die typische Haltung der Partei.
Matter gefiel diese Unterstellung überhaupt nicht. Das Gesetz leiste keinen Beitrag zur Versorgungssicherheit, da seiner Ansicht nach mit Wind- und Sonnenenergie sowie Stauseen nicht genügend Strom erzeugt werden könne. Die Sendung lief noch keine acht Minuten und Matter sprach bereits vom Allheilmittel gegen die Stromknappheit: dem AKW.
Die AKW-Werbung zog sich durch die Sendung. Matter hatte stets seine Buzzwords bereit: «Flatterstrom» – auf diesen sei kein Verlass, «Monster-Windturbinen» – diese würden die Umwelt verschandeln, und «AKW der dritten Generation» – diese würden die Rettung darstellen. Deshalb müsse man die Blackout-Initiative der SVP unbedingt annehmen.
Florence Brenzikofer von den Grünen hatte für diese Behauptungen wenig übrig; sie lehnt die AKWs klar ab und unterstützt das neue Stromversorgungsgesetz. Sie korrigierte Matter und sagte, dass es nicht um den Bau von Tausenden von Windkraftanlagen gehe, sondern primär darum, die Solarenergie zu fördern.
Plötzlich hatte sich das Gespräch in einer endlosen Diskussion über Windparks verloren. Bregy schritt ein und sagte, dass durch das Gesetz die Wasserkraft und Solarenergie gestärkt würden. Brenzikofer unterstützte ihren Kollegen Bregy. Matter sagte kleinlaut: «Das stimmt gar nicht.» Brenzikofer entgegnete ihm bestimmt:
Da schaltete sich auch Susanne Vincenz-Stauffacher von der FDP ein. Sie drehte ihren Kopf nach rechts und schaute Matter an. Sie sagte: «Das Gesetz zu lesen hilft wirklich.» Der vorgesehene Ausbau der Windkraft sei tatsächlich verschwindend klein. Und fügte an:
Vincenz-Stauffacher bekam für diese Aussage einen Applaus vom Publikum.
In der «Arena» waren alle – ausser der Umweltschützerin Weber – gegen den SVP-Exponenten Matter. Doch Matter liess sich davon nicht beirren. Er beharrte während der gesamten Sendezeit auf seinen Aussagen. Am Ende der Sendung sorgte er noch für einen Lacher. Brotz erwähnte zum Abschluss der Sendung noch den Eurovision Song Contest.
Er fragte Matter, der unter seinem Pseudonym DJ-Thommy am Mischpult anzutreffen ist, welchen Song er an den Partys denn am liebsten spielen würde. Dieser sagte strahlend: «Das isch d'SVP» – das Publikum lachte. Brotz schmunzelte: «Also diese Tanzfläche möchte ich dann noch sehen!»
Genau so arbeiten die Politiker:innen der SVP: Sie sind nicht einmal im Parlament anwesend. Wenn sie dort sind, dann lesen sie die Gesetzesentwürfe nicht. Wenn sie sie lesen, dann verstehen sie sie nicht, sondern können nur die Refrains ihrer eigenen Songs wie ein Mantra wiederholen. DJ-Matter bestätigt dies: "Wir svp-Mitglieder singen nur unsere eigenen Lieder - sonst können wir weder zuhören noch verstehen".
Herr Matter: ist ihr politisches Engagement eigentlich nur eine große Party?