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Arena: SVP-Rüegger nennt Umweltpolitik von Mitte-Links «ideologisch»

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SVP-Rüegger nennt Umweltpolitik von Mitte-Links «ideologisch» – SP-Pults Konter sitzt

Wird Albert Rösti als Bundesrat das UVEK auf den Kopf stellen? Und steht der Umwelt- und Medienpolitik eine Zeitenwende bevor? Die letzte «SRF-Arena» im Jahr 2022 stand ganz im Zeichen der Kaffeesatzleserei.
17.12.2022, 06:1618.12.2022, 16:59
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SVP-Bundesrat Albert Rösti wird im neuen Jahr das Department für Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) übernehmen. Nicht zur Freude der Grünen, die seine Besetzung als «Alptraum für Klima- und Umweltschutz» bezeichnen – und sich für den Bundesrats-Neuling bereits einen garstigen Kosenamen ausgedacht haben: «Ölbert».

Dies kommt nicht von ungefähr. Ueli Maurers Nachfolger war bis in jüngster Vergangenheit Präsident der Importeursvereinigung Auto Schweiz und Beirat des Nutzfahrzeugverbands Astag, davor war er Präsident des Brennstoffhändler Swissoil.

Die Besetzung im vielseitigen Uvek ist aber nicht nur den Grünen ein Dorn im Auge. «Ob es vernünftig ist, ein Mitglied einer Partei, die bis vor Kurzem den Klimawandel leugnete, zu einem Klimaminister zu machen, ist zu bezweifeln», sagt SP-Vizepräsident Jon Pult in der «SRF-Arena». Ein Grund zur Sorge sei dies aber noch lange nicht, schliesslich entscheide nicht der Vorsteher des Uvek, wohin es im Hinblick der Klimapolitik gehe, sondern die Bevölkerung.

Berset und Sommaruga hinterlassen Baustellen – aus Sicht der SVP

Etwas enthusiastischer zeigt sich FDP-Vizepräsident Andri Silberschmidt: «Es ist nicht verkehrt, wenn jemand wie Albert Rösti, der schon lange auf diesen Dossiers politisiert, in ein Department kommt, in dem diese Themen besprochen werden.»

Daraufhin schwingt SVP-Nationalrätin Monika Rüegger die erste verbale Keule gegen Links und kritisiert Bundesrat Alain Berset, der dem Eidgenössisches Departement des Innern (EDI) erhalten bleibt: «Herr Berset hat sehr viele offene Baustellen, der muss nun wirklich mal etwas in seinem Department unternehmen. Trotzdem sei sie froh, dass Berset sein Department nicht «fluchtartig verlasse», denn: «Irgendwo anders eine neue Baustelle zu öffnen, hätte ich jetzt nicht als optimal empfunden.»

Albert Rösti aka Brückenbauer

Für die Obwaldnerin ist Albert Rösti klar die beste Wahl für das UVEK. Sie bleibt beim «Strassen-Slang» und nennt ihn einen Brückenbauer. Dies will Florence Brenzikofer, Vizepräsidentin Grüne, nicht verneinen, auch wenn sie sich eine andere Departments-Verteilung gewünscht hätte. Wichtig sei nun, dass seine Arbeit begleitet wird, sodass wichtige Dossiers nicht in der Schublade verschwinden.

Monika Rüegger kommt nochmals auf die Baustellen zu sprechen – diesmal spricht sie aber die Blockaden im UVEK an, welche sie Mitte-links anlastet. «Es ist gut, dass ein Bürgerlicher nun die Ideologie ablöst und diese Themen realistisch angeht. Da sind wir derzeit auf dem falschen Dampfer. Letztendlich brauchen die Menschen Strom und Sicherheit.»

Video: srf

Dies lässt Jon Pult nicht auf sich sitzen: «Wir befinden uns in einer grossen Energiekrise. Erstens, weil Putin nicht nur Krieg in der Ukraine, sondern auch einen Energiekrieg gegen Europa und die Schweiz führt. Und zweitens, weil die französischen AKWs nicht verlässlich sind. Wir leiden unter einer Krise der fossilen und nuklearen Stromproduktion. Das sind genau diese Energieträger, welche die SVP – und namentlich auch Herr Rösti – bis anhin als Lösung der Zukunft angesehen haben und sie Alternativen jahrzehntelang blockiert haben.»

Weiter sagt er: «Frau Sommaruga hat komplett unideologisch dafür gesorgt, dass wir einigermassen sicher durch diesen Winter kommen.»

Video: srf

Monika Rüegger verteidigt die Umweltpolitik der SVP und nennt die Netto-Null-Zukunft eine «Träumerei»: «Wenn ihr alles auf Strom umstellen wollt – mit ein bisschen Wind und Sonne – reicht das nirgendwohin. Wir werden nicht darum herumkommen, Grosswerke zu bauen – sei das Wasserkraft oder neue Kernkraft-Technologien.»

Neue AKWs? «Die wird es in den nächsten 30 Jahren nicht geben», sagt Jon Pult. Die Technologie sei noch nicht so weit.

Die SVP-Nationalrätin macht darauf aufmerksam, dass die Technologie von alternativen Energieträgern auch noch nicht ausgreift seien und weist auf die Probleme hin: «Ich weiss nicht, ob das gut ist, wenn wir die ganzen Berge mit Solarpanels zukleistern, die grösstenteils aus China kommen, und wir uns dadurch abhängig machen. Und wie wollt ihr denn Strom von den Bergen in die Stadt bringen? Dazu braucht es im ganzen Land weitere Hochspannungsleitungen.»

Florence Brenzikofer ist einverstanden, dass der alpine Raum nicht voll zugebaut werden soll. Es gebe aber auch ganz viele Infrastrukturen im Mittelland, die noch erweitert werden können, wie etwa der Ausbau entlang von Autobahnen.

Bus per App-Bestellung

Weitere Lösungsvorschläge präsentieren die Politiker beim Thema Verkehrs- und Umweltpolitik, allen voran Andri Silberschmidt. Um die öffentlichen Verkehrsmittel attraktiver und das Mobilitätsproblem in den Städten zu lösen, müsse man in Zukunft viel flexibler und digitaler – respektive nachfrageorientierter – werden, meint der Zürcher. Beispiel gefällig? Ein Bus auf Knopfdruck, der einen abholt, wenn man ihn braucht, und dem leere Busfahrten erspart bleiben.

Video: srf

Umstrukturieren will Andri Silberschmidt auch die Medienpolitik. Er bekräftigt zwar, dass es SRF brauche, dennoch seien gewisse Veränderungen angebracht. Einer seiner Vorschläge: Mediengutscheine, die vom Volk frei bei unterschiedlichen Qualitätsmedien eingelöst werden kann. So würde ein gesunder Wettbewerb entstehen, wo auch private Medien profitieren könnten.

Video: srf

Mediengutscheine? «Charmante, aber teure Idee»

Jon Pult findet dies eine «charmante Idee», die aber sehr teuer sei. Entsprechenden Lösungsansätzen scheint er offen gegenüberzustehen. Dies bekräftigt sein bemerkenswertes Schlusswort: «Wir müssen uns als Gesellschaft überlegen, wie wir den Journalismus stärken können. Denn in einer Welt von Desinformationen, in der Elon Musk Twitter kaufen und zerstören kann und irgendwelche Diktatoren versuchen, mit sogenannten Fakten und Informationen Menschen zu beeinflussen, brauchen wir den Journalismus mehr denn je.»

Video: srf
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168 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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mstuedel
17.12.2022 06:42registriert Februar 2019
Der Vorwurf an Sommaruga, sie hätte ideologische Energiepolitik betrieben von Seiten einer Partei, deren Vertreter wiederholt den Klimawandel leugnen und die krampfhaft an veralteten Energieträgern festhalten wollen, ist schon etwas starker Tubak.
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Fairness
17.12.2022 06:59registriert Dezember 2018
Pult top, Rüegger flop. Silberschmidt erzählt immer die gleiche Leier. Die Energieversorgung haben die Bürgerlichen und Doris Leuthard blockiert und verschlafen. Schaut mal nach Deutschland. Da gibt es Gemeinden, die nur noch Solarstrom haben. Und zwar genügend. Autobahnausfahrten sind im ungenutzten Innenraum voll mit Solarpanels, etc. Da sind wir unglaublich in Verzug!
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rodolofo
17.12.2022 09:26registriert Februar 2016
Die Täter/Opfer-Umkehr ist offenbar weltweit immer mehr in Mode...
Da beklagt die Vertreterin der SVP eine "blockierte" und "ideologische" Energie-Politik, welche zur gegenwärtigen Mangellage geführt habe.
Dabei hat gerade die SVP alles unternommen, damit die Energiewende möglichst verhindert und gebremst werden konnte.
Und als "Volkspartei" will man auch nicht akzeptieren, dass dieses Volk den Atomausstieg beschlossen hat.
Nun ja, so sind sie halt, diese Vertreter*innen der eigenen Interessen, wobei der Klimawandel diesen Interessen noch einen dicken Strich durch die Rechnung machen dürfte...
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