In der Affäre um die Corona-Leaks kommen immer mehr brisante Details zum Vorschein. Die Politikerinnen und Politiker in Bundesbern müssen sich – ob sie nun wollen oder nicht – intensiv mit den Indiskretionsvorwürfen auseinandersetzen. Denn auch die Geschäftsprüfungskommissionen (GPK), bestehend aus verschiedenen Parlamentariern, untersuchen den Fall aktuell. So wurde er auch im ersten Teil der Parteispitzen-«Arena» diskutiert.
Drei der vier Diskussionsteilnehmenden sind Mitglieder der GPK:
Die einzige «Arena»-Gästin, die nicht in der GPK sitzt, ist:
Spoiler Alert: In der «Arena» hat keines der drei GPK-Mitglieder das Amtsgeheimnis gebrochen und Interna ausgeplaudert.
Der Moderator Sandro Brotz begann die Sendung mit einer der drängendsten Fragen an Marco Chiesa: «Wird die SVP SP-Bundesrat Alain Berset noch unterstützen bei den Gesamterneuerungswahlen?» Chiesa lächelte schelmisch und sagte: «Ich gehe davon aus, dass er nicht kandidieren wird.»
Einer gefiel dieses Lächeln überhaupt nicht: Mattea Meyer. Sie sagte, dass es unausweichlich sei, dass der Fall untersucht werde. Das sei aber die Aufgabe der Justiz.
Meyer stört es, dass die SVP diese mögliche Amtsgeheimnisverletzung Bersets benutze, um gegen Berset zu hetzen. Diese Hetze habe schon lange vor den Corona-Leaks begonnen.
Das Hickhack zwischen den beiden nahm kein Ende. Chiesa hielt fest, dass doch irgendjemand die Verantwortung in diesem Fall übernehmen müsse.
Meyer konterte, dass die SVP jetzt die Ergebnisse der laufenden Untersuchungen abwarten solle und erinnerte ihn daran, dass sich die Justiz nun diesem Fall widmen solle. Chiesas anfänglich schelmisches Lächeln wandelte sich in ein defensives.
Die Diskussion über die Corona-Leaks flachte ab, die Argumente wurden repetitiver. Der Moderator führte das Gespräch in den zweiten Teil der Sendung. Nun stand nicht mehr Alain Berset im Fokus, sondern die verschiedenen Wahlkampfthemen der vier Parteien.
Als Erstes wurde die Zuwanderung, ein wichtiges Thema für die SVP, besprochen. Chiesa nutze die grosse Bühne und erklärte lang und breit, warum es so wichtig sei, dass man die Zuwanderung, vor allem die irreguläre, endlich drossle. Man sehe in Schweden und Deutschland, wohin eine masslose Zuwanderung führe, diese Länder müssten nun auch über die Bücher.
Meyer hatte keine Freude an den Schilderungen von Chiesa. Ihre Augen funkelten – sie entschloss sich dazu, Chiesa eine Standpauke zu halten.
Diese begann sie mit: «Wir sind ja von der SVP nichts anderes gewohnt als diese menschenfeindliche Politik.» Danach erklärte sie Chiesa, in welchen Punkten sich die SVP irre. Das Publikum schien ihr zuzustimmen, denn einige Zuschauerinnen und Zuschauer nickten fleissig während ihres Monologs. Chiesa entgegnete nur: «Ich kenne eure Rhetorik.»
Meyer und Chiesa schienen bei dem Thema Migration ähnlich stark involviert zu sein. Das Gespräch wurde hitziger. Die Argumente schärfer.
Chiesa kritisierte die Personenfreizügigkeit, diese trage eine grosse Mitschuld an der angeblichen Misere, in der sich die Schweiz nun befinde. Für ihn gibt es nur einen Weg: Man sollte wieder eigenständig steuern können, wer in die Schweiz einwandern darf und wer nicht.
Meyer hatte nach dieser Aussage endgültig genug: Sie machte lautstark auf all das Leid aufmerksam, welches die Gastarbeiter jahrelang erfahren mussten, als es noch kein Freizügigkeitsabkommen mit den EU- und EFTA-Ländern gab.
Ab diesem Zeitpunkt suchte man ein Lächeln in Chiesas Gesicht vergeblich. Nicht mal ein defensives konnte er sich abringen.
Der Moderator hatte scheinbar genug von den Streitereien zwischen Meyer und Chiesa. Deshalb fragte er den gemässigten Thierry Burkart nach seiner Meinung.
Dieser erfüllte dem Moderator seinen Wunsch und antwortete pragmatisch: «Die Diskussion hat es jetzt leider wieder gezeigt. Es wird erstens schwarz-weiss diskutiert und zweitens werden Kraut und Rüben gemischt. Wir müssen etwas differenzierter sein.»
Beim zweiten Wahlkampfthema war ebenfalls weit und breit keine Einigkeit in Sicht. Diskutiert wurde das Thema der SP, die Altersvorsorge. Die Politikerinnen und Politiker von links bis rechts waren sich gänzlich uneinig.
Ein Hauptargument der SP ist, dass die AHV-Reform den älteren Frauen, also beispielsweise Meyers Mutter, schaden würde. Binder-Keller hielt Meyer den Spiegel vor. Ihre Kritik äusserte sie sachbezogen und in einem ruhigen Tonfall. Sie erklärte Meyer ihren Blickwinkel als ältere Frau: «Wir sind keine Generation, die eine ‹Verlierergeneration› ist. Wir sind bereits eine Frauengeneration, die sich schon im Arbeitsprozess befunden hat. Und die auch gern im Arbeitsprozess ist. Viele Frauen würden auch gern länger arbeiten.»
Meyer widersprach Binder-Keller nicht. Ihr Hauptanliegen in dieser Altersvorsorge-Debatte war, dass man endlich eine dreizehnte AHV einführen solle.
Chiesa liess es sich nicht nehmen, auch bei diesem Thema gegen die linke Seite zu schiessen: «Die dreizehnte AHV ist eine Lüge. Wer finanziert diese dreizehnte AHV? Das sind die Arbeitsbevölkerung, die Firmen und das Gewerbe. Das müsst ihr klipp und klar sagen.» Man müsse die Renten retten und sichern und könne diese sicher nicht ausbauen, die SP träume nur.
Doch Chiesa provozierte Meyer mit dieser Aussage nicht wirklich. Diese blieb ruhig und antwortete souverän: «Ich finde es sehr interessant, dass die zwei Herren in der Runde immer besser wissen, was wir meinen und gesagt haben. Ich spreche gerne für mich selbst.»
Als sie das sagte, lächelte Meyer triumphierend.