Am Mittwoch hat die Schweiz einen neuen Bundesrat. Mindestens einen. Denn neben dem Sitz von Alain Berset, der neu besetzt werden muss, wackelt auch jener von Ignazio Cassis. Nicht stark zwar, aber der Angriff der Grünen auf den zweiten FDP-Sitz bringt zusätzlich Pfeffer in die Wahlen.
Falls der Tessiner Bundesrat am Freitag die «Arena» geschaut hat, dürfte er jedoch beruhigt ins Bett gegangen sein. Der Auftritt seiner Parteikollegin Jacqueline De Quattro war grundsolide. Sie verteidigte die beiden FDP-Sitze, für die es eigentlich wenig Argumente gibt, leidenschaftlich und gekonnt. «Wollen wir alle vier Jahre einen Bundesrat rauswerfen und einen neuen einsetzen?», fragte die Nationalrätin aus der Waadt. Nein, sie setze da lieber auf Stabilität, das mache die Schweiz stark.
Beunruhigter dürften hingegen die Herren Beat Jans und Jon Pult ins Bett gegangen sein, wenn sie die «Arena» verfolgt haben. Denn es scheint nicht mehr so klar, dass die Bundesversammlung das Zweierticket der SP respektieren wird.
Vor rund einer Woche schlug SVP-Übervater Christoph Blocher vor, nach einem dritten SP-Kandidaten zu suchen. Jans und Pult seien zu links, das Ticket sei eine «Provokation». Die SVP ist von den beiden SP-Kandidaten wenig begeistert.
Alfred Heer, der am Freitag ebenfalls in der «Arena» war, brachte unlängst den Namen von Eva Herzog ins Spiel, die für ihn qualifizierter wäre als Jans und Pult. Diese sind für den SP-Nationalrat «identische Zwillinge, die einfach einen unterschiedlichen Dialekt sprechen.»
Interessant ist auch die Personalie Daniel Jositsch, der vor einem Jahr 58 Stimmen erhielt, ohne von der SP nominiert worden zu sein. Ob sich die SVP ans Ticket der SP halten wird, wollte Heer in der «Arena» nicht sagen. «Wir werden in der Fraktionssitzung von Dienstag besprechen, wie wir vorgehen wollen.» Er glaube jedoch nicht an eine Überraschung am Mittwoch.
Doch dann bekam die Diskussion eine unerwartete Wendung. Nicht nur in der SVP wird am SP-Ticket gezweifelt, sondern auch in der Mitte. «Ich bin gleicher Meinung wie Herr Blocher», sagte Mitte-Ständerat Pirmin Bischof. «Das Wort Ticket steht nicht in der Bundesverfassung und in keinem Bundesgesetz. Das Wort Ticket kennen wir eigentlich aus dem Theater oder aus dem Kino und dort gehört es auch hin», argumentierte der Solothurner und zauberte Alfred Heer ein breites Lächeln ins Gesicht. Es sei keine gute Idee, sich immer an die Tickets zu halten, so Bischof.
Bischof liess auf Nachfrage offen, ob er das SP-Ticket respektieren werde. «Für mich persönlich ist das Ticket der SP relativ schmal. Es sind zwei relativ ähnliche Kandidaten», sagte Bischof. Einen Entscheid könne er erst am Dienstag fällen, wenn er die beiden Kandidaten angehört habe.
Zur Erinnerung: Bischof ist eine wichtige Stimme bei der Mitte. Er ist Präsident der Mitte-Gruppe im Ständerat und Mitglied des Parteipräsidiums.
Der Solothurner liess durchblicken, dass er gerne eine Person auf dem SP-Ticket gehabt hätte, die die Wahl in der internen Ausmarchung knapp nicht geschafft hat.
Das könnte Roger Nordmann sein, der nur wenige Stimmen hinter Jon Pult lag. Den Namen des Waadtländers brachte auch Politgeograf Michael Hermann ins Spiel. «Roger Nordmann könnte aus verschiedenen Gründen eine Rolle spielen», so Hermann in der «Arena».
Nordmann habe im Gegensatz zu Jositsch viel Unterstützung in der Partei. Und nicht nur das: Die SVP habe ein Interesse, einen SP-Kandidaten aus dem Welschland zu wählen. Dann wäre bei einem Rücktritt von Guy Parmelin der Weg frei für einen SVP-Bundesrat aus der Deutschschweiz, wo die Partei mehr Leute habe. «Übrigens auch die Mitte, welche ebenfalls auf einen zweiten Sitz spekuliert. Da könnte eine Dynamik entstehen.»
Das wahrscheinlichste Szenario bleibt weiterhin die Wahl von Jans oder Pult. Doch die «Arena» hat gezeigt, dass auch eine Bundesrätin Herzog, ein Bundesrat Jositsch oder ein Bundesrat Nordmann nicht komplett unrealistisch sind.
Interessant wird es vor allem dann, wenn Ignazio Cassis schlecht abschneidet. Er muss seinen Sitz bereits in der zweiten Runde verteidigen. Wenn der Grüne-Kandidat Gerhard Andrey bei dieser Wahl viele Stimmen erhält, könnte dies bei der FDP die Lust auf eine Retourkutsche gegenüber der SP steigern.
De Quattro von der FDP schloss eine Unterstützung von Daniel Jositsch nicht aus. «Zuerst wird Cassis gewählt und erst am Schluss der Nachfolger von Berset. Wenn es so weit kommt, dass die Linken uns angreifen und Spiele spielen, dann lassen wir uns das offen.»
Dass bei der SP nicht wenige damit liebäugeln, Gerhard Andrey zu unterstützen, ist kaum von der Hand zu weisen. Der anwesende Sozialdemokrat, David Roth, erwähnte mehrfach, dass die SVP und FDP im Bundesrat übervertreten seien. «Erträgt es noch eine Regierung, die nicht mehr der Mehrheit des Ständerates und des Nationalrates entspricht?» Der SP-Mann forderte: «Wahlen müssen Konsequenzen haben».
Ob David Roth selber konsequent handelt und den Kandidaten der Grünen wählt, wird man vielleicht nie erfahren. Die Wahl des Bundesrats ist geheim. Sicher ist jedoch: Erhält Andrey in der zweiten Runde viele Stimmen, ist Feuer unter dem Dach.
Nun, unsere Regierung ist doch sehr ‚rechtslastig‘, daher ist der Ausgleich mit einem ‚linkslastigen‘ unbedingt nötig.
Bei der Wahl von Herr Rösti hörte ich keine Parteien welche ihn als zu sehr ‚rechtslastig‘ betitelten und ihn deshalb nicht wählten.
Sollten die rechten Parteien nun anfangen solche Spielchen zu spielen, sollten sich die linken Parteien dann bei zukünftigen Wahlen auch so verhalten.
Die Linken haben in der Bevölkerung auch einen akzeptablen Wähleranteil also sollte dieser auch im BR so abgebildet sein!