Das Rassemblement romand patriote (RRP, auf Deutsch etwa: «Patriotische Versammlung der Romandie») steht unter dem Druck eines Ultimatums, das vor drei Tagen von der antifaschistischen Plattform Renversé verhängt wurde. Diese drohte, die Identitäten, Dokumente, Chatprotokolle und Telefonnummern der Mitglieder der als «faschistisch und antisemitisch» bezeichneten Partei offenzulegen, falls sie sich nicht innerhalb von «48 Stunden» selbst auflöst.
Das Ultimatum folgte auf einen Artikel im Courrier, der rassistische, antisemitische und frauenfeindliche Äusserungen enthüllte, die RRP-Mitglieder in einer WhatsApp-Gruppe geäussert hatten. Da das RRP dem Ultimatum nicht nachkam, erklärte Renversé, die Drohung am Mittwoch in die Tat umzusetzen.
Oscar Mazzoleni, Professor an der Universität Lausanne und Experte für Rechtsextremismus, erklärt im Interview das Rassemblement romand patriote (RRP), das bei Wahlen in Biel und im Berner Jura Kandidaten aufstellt.
Welcher rechtsextremen Strömung würden Sie das Rassemblement romand patriote (RRP) zuordnen?
Oscar Mazzoleni: Wie jede Bewegung der extremen Rechten schöpft das RRP aus mehreren Quellen. Erkennbar ist etwa der Einfluss der Schweizer Demokraten, einer in den 1990er-Jahren relativ starken Partei, deren nationalistischer Diskurs auf den Schutz individueller Freiheiten abzielte und die sich gegen die Personenfreizügigkeit wandte.
Wie die SVP heute?
In mancher Hinsicht ja, doch die Schweizer Demokraten waren insgesamt radikaler als die SVP. Gerade um seine Eigenständigkeit zu betonen, legt das RRP grossen Wert darauf, sich von der SVP abzusetzen.
Wie das?
Indem sie erklären, mit dem Kapitalismus brechen zu wollen, und zugleich den freien Waffenerwerb für jede Schweizer Bürgerin und jeden Schweizer Bürger propagieren. Da eine solche Strömung in der Romandie heute praktisch nicht mehr existiert, will das RRP diese Lücke offensichtlich schliessen, indem es sich rechts von der SVP positioniert.
Das RRP fällt in seinen privaten Chats durch rassistische, antisemitische und frauenfeindliche Äußerungen auf, wie der «Courrier» aufgedeckt hat.
Abgesehen von der Frauenfeindlichkeit fügt sich das vollständig in die lange Tradition der extremen Rechten in der Schweiz und in Europa ein.
Was ist daran also neu?
Das Auftauchen des RRP auf der politischen Bühne der Romandie fügt sich in eine jüngere nationalistische Dynamik ein, die in westlichen Ländern seit einigen Jahren an Kraft gewinnt. Sie zeigt sich in einer Ablehnung politischer Korrektheit und einer unverkrampften Haltung gegenüber Tabus. Das RRP gehört zu einer identitären Welle, die sich nicht nur an der Wahlurne, sondern auch als Meinungsbewegung durchsetzen will – ähnlich wie die AfD in Deutschland oder die MAGA-Bewegung in den Vereinigten Staaten.
Welches Ziel verfolgt das Rassemblement romand patriote?
Das erklärt ebenfalls – wie bei anderen extremistischen Gruppierungen – den doppelten Diskurs: einerseits die Schaufenster-Rhetorik, die sich an der Grenze des gesellschaftlich Akzeptablen bewegt, und andererseits die intern geführten Aussagen, die Tabus infrage stellen.
Wird das RRP damit Erfolg haben?
Die Aktivistinnen und Aktivisten dieser Bewegung setzen darauf, dass bestimmte Argumente – etwa der Schutz der eigenen Identität oder des «Männlichen» – bei einem Teil der Bevölkerung Anklang finden. Deshalb bekämpfen sie Feminismus, LGBTQIA-Diskurse und den Wokismus – Phänomene, die auf nationale wie transnationale Einflüsse zurückgehen und unter anderem aus den USA, Frankreich oder Deutschland herüberschwappen.
Was ist die Zielgruppe der RRP?
Wie andere vergleichbare Bewegungen profitiert das RRP davon, in den Sozialen Medien aktiv zu sein, die eine ganze Mischung diffuser und heterogener Einflüsse eröffnen. Dort lässt sich gewissermassen auf einem identitären Marktplatz nach Belieben zugreifen.
Gibt es soziale, familiäre oder geografische Strukturen, die das Entstehen einer solchen Partei begünstigen?
Vor dem Aufkommen der Sozialen Medien hing die Zugehörigkeit zu einer Partei wie dem RRP sehr viel stärker von familiären Bindungen und intellektuellen Netzwerken ab, die über eher begrenzte Verbreitungsorte verfügten. Man denke etwa an den zeitweiligen Einfluss der französischen extremen Rechten auf die SVP. Die jüngeren Generationen werden hingegen auf anderen Wegen geprägt. Soziale Medien bieten autonomere Kontaktflächen, die den traditionellen Kanälen teilweise entgleiten.
Sind Bewegungen wie das RRP nicht auch als Antwort auf die radikale Linke gedacht, die etwa an den Universitäten präsenter ist?
Ja. Darin zeigt sich, was man auf Englisch einen «cultural backlash» nennt – eine kulturelle Gegenreaktion auf eine multikulturelle Gesellschaft. Doch richtet sie sich nicht allein gegen die antifaschistische Linke. Es geht vielmehr darum, alles über den Haufen zu werfen: die Politik der bürgerlichen Parteien und auch die Ordnung der traditionellen Konservativen und Liberalen.
Hier zum Beispiel mache ich den abgebildeten Menschen zu einem Vertreter dieser Partei, dabei ist es ja der Experte, der es einordnet. Ich finde, das wird dem Experten nicht gerecht. Vielleicht könnt ihr euch ja mal Gedanken dazu machen.
Bin nur ich das oder wie sehen andere das?
solange keiner der Exponenten dieser Partei irgendwo gewählt wird, sollen diese Faschisten ihren „Patriotismus“ doch bitte im Privaten ausleben und uns vor der Peinlichkeit ihrer Existenz verschonen.
kein Schritt nach rechts.
nie wieder ist jetzt.