Schweiz
Romandie

Homejacking: Gewalttätige Einbrüche nehmen in der Romandie zu

«Dachte, mein Leben ist zu Ende»: Gewalttätige Einbrüche nehmen zu

In der Romandie sorgen «Homejackings» immer mehr für Beunruhigung. Manche Einbrecher schrecken nicht vor massiver Gewalt zurück, um ans Ziel zu kommen.
06.11.2025, 19:0307.11.2025, 07:04

In der Schweiz nimmt die Zahl der Einbrüche nach Jahren stetiger Rückgänge wieder zu. Besonders betroffen ist die Romandie.

Schon der Moment, nach Hause zu kommen und festzustellen, dass Einbrecher in den eigenen vier Wänden waren, ist schwer zu verkraften. Noch deutlich traumatischer für Betroffene ist jedoch das sogenannte Homejacking. In den Kantonen Genf und Waadt haben sich die Fälle seit 2022 verdreifacht.

Übersetzung

Dieser Text wurde von unseren Kolleginnen und Kollegen aus der Romandie geschrieben, wir haben ihn für euch übersetzt.

Die RTS-Sendung Mise au point hat sich mit diesen besonders gewaltsamen Überfällen befasst und Betroffenen eine Stimme gegeben – unter ihnen Christophe, ein pensionierter Genfer Banker. Er schildert, wie ihn ein «Kommando» aus vier Vermummten im Bett überraschte:

«Ich dachte, jetzt ist mein Leben zu Ende.»

Niedergeknüppelt, mit Faustschlägen traktiert, wird er von den Eindringlingen bedroht: «Wir schneiden euch die *** ab, fi*** euch in den A***, fi*** deine Frau, deine Tochter», erinnert sich Christophe. Während sie seine – zum Glück abwesende – Familie bedrohen, verlangen die Täter Zugang zu seinem Tresor. Unter der Drohung, ihm die Augen auszustechen, falls er sie ansehe, fügt er sich und öffnet den Tresor. Beute: Schmuck, Bargeld und eine Rolex. Sein Martyrium dauert 45 Minuten – 45 lukrative Minuten für die Täter.

Nach dem Einbruch bleibt die Unsicherheit
Homejackings nehmen in der Romandie zu. (Symbolbild)Bild: Shutterstock

Marc Gygli, Leiter der Genfer «Brigade de répression du banditisme» (auf Deutsch etwa Polizeieinheit zur Bekämpfung von Raub- und Bandenkriminalität), erklärt gegenüber RTS, warum sich solche Homejackings für Täter lohnen und bei gewissen Banden hoch im Kurs stehen:

«Grosse Juweliergeschäfte oder Banken haben ihre Sicherheitsvorkehrungen ausgebaut. Wer sie ins Visier nehmen will, braucht dafür eine sehr aufwendige Infrastruktur. Beim letzten Raubüberfall auf eine Bankfiliale in Genf kamen die Täter mit 10'000 Franken davon – bei Homejackings hingegen können die Beutesummen in die Millionen gehen.»

Auch wenn die Opfer oft sehr vermögend sind, ist niemand wirklich davor gefeit – hinter solchen Taten stecken häufig organisierte Banden aus Lyon oder Marseille. Die RTS-Sendung «Mise au point» hat einen früheren Betroffenen aufgespürt: einen Neuenburger Garagisten, der vor zehn Jahren zusammen mit seiner Ehefrau Opfer eines Homejackings wurde. Trotz der verstrichenen Zeit ist die Erinnerung für ihn noch immer lebendig und schmerzhaft:

«Sie drückten ihr einen Schraubenzieher in den Bauch, sie konnte nicht schreien. Danach schnappten sie mich. Ich wurde gefesselt, meine Frau auch. Sie haben mich fast eine Stunde lang verprügelt und immer wieder gefragt, wo das Geld sei, wo der Tresor sei, usw. Es war der Horror. Ich wurde massakriert.»

Zwar war die Beute in diesem Fall bescheiden, die Folgen sind jedoch gravierend, erzählt er:

«Solche Erlebnisse bleiben. Man hat immer Angst, nach Hause zu kommen – besonders abends.»

In Genf, dem am stärksten betroffenen Kanton, bleiben 30 Prozent der Fälle unaufgeklärt. Und in den aufgeklärten zeugen die Gerichtsakten von extremer Gewalt:

«Die drei Beteiligten schlugen […] und […], versetzten ihnen heftige Ohrfeigen sowie Faustschläge und Fusstritte auf den Körper und den Kopf; anschliessend schnitten sie jedem von ihnen mittels einer Schere ins Ohr und drohten zudem, ihnen einen Finger abzuschneiden, ihnen mit einem grossen Metzgermesser die Kehle durchzuschneiden und sie in Brand zu setzen, falls sie nicht redeten.»

Was also tun? François Nanchen, Präventionsbeauftragter der Kantonspolizei Waadt, bekannt als «eCop François», erklärt:

«Nicht versuchen, sich zu wehren – man ist nicht darauf vorbereitet, sie schon. Man sollte sich kooperativ verhalten, direkten Blickkontakt vermeiden und ihren Anweisungen folgen.»
François Nanchen

Auch wenn François Nanchen einige Möglichkeiten nennt, um sich vor solchen Überfällen zu schützen – etwa Videoüberwachung oder Alarmknöpfe –, konnte Christophe seinen Alarmknopf nie erreichen – obwohl er auf seinem Nachttisch lag.

(rbu/hun)

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Die beliebtesten Kommentare
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Schlaf
06.11.2025 19:18registriert Oktober 2019
Vor ein paar Jahren noch, legten Einbrecher wert darauf, unentdeckt zu bleiben und jeglichen Kontakt mit den Bewohnern zu vermeiden.

Schon krass, was mit/in unserer Gesellschaft passiert, traurig😔
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GarChest
06.11.2025 20:17registriert April 2025
Wenn die Entwicklung in Frankreich so weitergeht, brauchen wir wieder Grenzkontrollen.
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Waskrasses
06.11.2025 19:19registriert März 2020
Sehr bedauernswerte Entwicklung.
Ich hoffe die Betroffenen können irgendwann wieder ohne Angst zu Hause leben.
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