Die Nacht vom 24. auf den 25. August verlief im Lausanner Quartier Prélaz unruhig. Nach dem Tod eines 17-Jährigen, der in den frühen Morgenstunden gegen 3.45 Uhr auf der Flucht vor der Polizei ums Leben gekommen war, kam es zu Ausschreitungen. Doch am Montagmorgen, gegen 8.45 Uhr, zeugen nur einige Hinweisschilder von den Schäden. Die Sonne scheint, und die Stimmung wirkt gelöst.
Im Café de Prélaz habe sich nichts verändert, versichert eine Angestellte des Lokals, das in der Nähe des Krawallorts liegt. Lediglich drei Stühle seien bei der Öffnung nicht an ihrem gewohnten Platz gewesen, sondern vor der Tür. Eine Mitarbeiterin lacht und sagt:
Nicht weit entfernt sitzen zwei Nachbarinnen am Tisch und lassen die Szenen des Sonntagabends Revue passieren. «Ich wohne am Chemin de Renens. Gegen 21 Uhr haben sie begonnen, den Park zu verwüsten. Mehr als vier Jugendliche habe ich nicht gesehen», erzählt die eine. Später hätten sich verschiedene Gruppen zusammengeschlossen, um an den Ausschreitungen teilzunehmen.
Sie fährt fort: «Mein Mann hat die Jugendlichen aufgefordert aufzuhören. Ich habe ihm gesagt, er solle reingehen, sonst hätte er sie noch angeschrien», erzählt sie – besorgt über die möglichen Reaktionen der Jugendlichen, die sie als «wie ausser sich» bezeichnet und die mit Feuerwerkskörpern auf die Ordnungskräfte schossen.
Die Jugendlichen zündeten anschliessend mehrere Container an – drei bis vier laut den beiden Nachbarinnen –, unweit der Stiftung Clémence, einem Alters- und Pflegeheim. «Ich schrieb meiner Freundin, um zu erfahren, ob sie wach sei. So hätte sie mich auf dem Laufenden halten können, falls die Situation eskaliert wäre», erzählt eine von ihnen.
Trotzdem fürchtet sie in den kommenden Tagen keine weiteren Ausschreitungen. «Das haben sie gemacht, um der Polizei eins auszuwischen und ihr zu zeigen, dass sie ihre Arbeit schlecht gemacht hat», vermutet sie. Gleichzeitig stellt sie sich die Frage nach der zunehmenden Gewalt unter Jugendlichen. Und mit einem Anflug von Ironie fügt sie hinzu:
Zudem betont sie, dass die umliegenden Geschäfte keinerlei Spuren dieser Ausschreitungsnacht aufweisen.
Am späten Montagmorgen treffen wir eine Mutter, deren Wohnung an der Avenue de Morges liegt. Sie glaubt nicht, dass ihr Quartier in die Gewalt abgleitet. «Ich habe keine Angst um meine Kinder», sagt sie. Ihre jugendliche Tochter an ihrer Seite nickt zustimmend. Allerdings berichtet die Frau, dass ihr Mann bei den den öffentlichen Verkehr in Lausanne arbeitet und doch etwas schockiert darüber sei, dass man einfach so einen Bus in Brand setzt.
Eine weitere Anwohnerin sagt derweil sogar, sie habe die Krawalle nicht mal gehört. Erst am nächsten Tag habe sie in den Medien davon erfahren.
Trotz der Ruhe wirft dieser ebenso heftige wie kurze Aufruhr bei einem Teil der Bevölkerung Fragen auf. Ein Mann erzählt, Jugendliche darüber reden gehört zu haben, man müsse «randalieren, um sich Gehör zu verschaffen». Im Vergleich zu den Ausschreitungen in Frankreich betont er jedoch, es habe keinerlei Absicht gegeben, zu plündern oder andere Straftaten zu begehen.
Es seien Jugendliche aus dem Quartier, berichtet er weiter. «Sie sind hier zusammen aufgewachsen, treffen sich oft zum Fussballspielen; sie kennen sich alle», erklärt eine Anwohnerin. Sie spricht von der grossen Betroffenheit, die nach dem Tod des 17-Jährigen durch die Gruppen junger Leute in der Umgebung gegangen sei.
Im Quartier Prélaz prangen zahlreiche Schriftzüge auf Werbetafeln, die Gerechtigkeit für den verstorbenen Jugendlichen fordern. Doch am Montagmorgen scheint die Ruhe tatsächlich zurückgekehrt zu sein. Eine Frau zieht das Fazit:
Soll man jetzt alles für halb so wild halten, drüber weg schauen und gut ist?
Die Interviewten sind ja auch null objektiv. Sie wollten der Polizei eins auswischen..
WARUM??
Komisch hatte es anscheinend keine anderen Stimmen, sondern nur solche, welche relativierten.
Kann ich nicht glauben!