Der Fall weckt unschöne Erinnerungen bei den Mitarbeitenden im SBB-Werk in Bellinzona: In den 80er-Jahren waren einige von ihnen Asbest ausgesetzt und erkrankten an Krebs, was auf den seit 1989 hierzulande verbotenen Werkstoff zurückgeführt wurde (CH Media berichtete). Nun müssen die SBB via Beitrag im eigenen Blog erneut mögliche Fälle von Asbest-Exposition in Bellinzona bekannt geben.
Regelmässige Überprüfungen hätten gezeigt, dass es «Unregelmässigkeiten» bei der Kennzeichnung von Asbest-haltigen Funkenkaminen gegeben habe, die in älteren Lokomotiven verbaut sind. Betroffen sind die Flotten der Typen Re 420, 421, 430 und 620, die noch immer eingesetzt werden – in der Zürcher S-Bahn genauso wie im Fern- und Güterverkehr.
Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass in diesen Kaminen noch immer Asbest-haltige Materialien verbaut sind, so die SBB. Die Bahn habe umgehend Massnahmen eingeleitet und die Handlungsanweisungen im Umgang mit den betroffenen Bauteilen überarbeitet.
Bei der Gewerkschaft des Verkehrspersonal SEV läuten die Alarmglocken. «Wir sind jedes Mal um die Gesundheit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer besorgt, wenn Asbest gefunden wird», sagt Sprecher Vivian Bologna. «Wir fordern die SBB auf, die aktuelle Situation vollständig aufzuklären.» Wie viele Mitarbeitende betroffen sind, weiss der SEV nicht.
Ein gesundheitliches Risiko können die SBB nicht ausschliessen. Ein solches könne für die Mitarbeitenden dann bestehen, wenn Bauteile mit abreibenden Werkzeugen – wie etwa Drahtbürsten oder Feilen – aktiv bearbeitet beziehungsweise beschädigt würden, schreibt die Bahn. Sie gehe aktuell «von einer niedrigen Risikoexposition der Mitarbeitenden» aus. Zusammen mit der Unfallversicherungsanstalt Suva werden derzeit Messungen durchgeführt.
Die SBB setzten alles daran, die Situation mit der Suva und internen und externen Fachstellen so rasch wie möglich zu bereinigen und die Ursachen für die Unregelmässigkeiten zu klären. «Die betroffenen Mitarbeitenden werden laufend über die aktuelle Situation informiert und bei allenfalls notwendigen gesundheitlichen Abklärungen eng begleitet», schreibt die Bahn. Zu solchen Massnahmen gehörten in der Vergangenheit etwa CT-Screenings, um asbestbedingten Lungenkrebs zu erkennen.
Doch wie kann es sein, dass Teile falsch markiert wurden und Mitarbeitende deshalb ohne ihr Wissen einer möglichen Asbest-Exposition ausgesetzt waren? Wie viele Mitarbeitende sind betroffen – und wer ist verantwortlich für die Falschmarkierung? Die SBB hüllen sich in Schweigen. Zum aktuellen Zeitpunkt könnten keine weiteren Angaben gemacht werden, sagt eine Sprecherin auf Anfrage.
Ähnlich tönt es bei der Suva, die eine Untersuchung eingeleitet hat. Bis zu deren Abschluss dürfe sie keine Auskunft über Resultate und Inhalte geben, sagt Sprecher Adrian Vonlanthen. Im Anschluss an die Untersuchung werde die Anstalt «wenn nötig zusätzliche Massnahmen einleiten».
Schon 2012 waren bei Umbauarbeiten an den SBB-Reisezügen des Typs Bpm 51 kleinflächige, asbesthaltige Anstriche gefunden worden, die allerdings die Grenzwerte nicht überschritten. Asbest ist ein faseriges und sehr widerstandsfähiges Mineral, das jahrzehntelang als Baumaterial oder für Isolations- und Brandschutzzwecke verwendet wurde.
Asbest wurde laut der Suva bis 1990 in die Schweiz importiert und verbaut und findet sich noch immer in vielen Gebäuden. Solange Asbest in Baumaterialien fest gebunden ist, stellt der Werkstoff keine Gefahr dar. «Wer jedoch bei Umbau-, Unterhalts- und Renovationsarbeiten Asbestfasern freisetzt und einatmet, gefährdet seine Gesundheit in hohem Masse», schreibt die Suva.
Wenn Asbest-Feinstaub durch die Atmung in die Lungenbläschen gelange, reiche bereits eine geringe Konzentration, um das Risiko für verschiedene Erkrankungen wie Tumore im Brust- oder Bauchfell oder Lungenkrebs zu erhöhen. (aargauerzeitung.ch)
Von diesen Leuchten gibt es auch heute noch viele in alten Gebäuden … 😱