Der deutsche Fernbusanbieter Flixbus hat in der Schweiz ein Verfahren am Hals. Der Vorfall geht auf einen oder mehrere Passagiere zurück, die das Transportangebot von Flixbus innerhalb der Schweiz nutzten.
Grenzüberschreitende Fernbuslinien dürfen keine Passagiere von einem Ort zum anderen in der Schweiz befördern. Dieses sogenannte Kabotageverbot ist im Landesverkehrsabkommen mit der EU verankert. Das Verbot dient dem Schutz inländischer Transporteure.
Weil aber Flixbus Fahrten etwa von Zürich via Basel SBB zum EuroAirport anbietet, können Passagiere aus Zürich in Basel SBB aussteigen - trotz Ticket bis zur französischen Seite des Flughafens.
Was in der Theorie verboten ist, lässt sich in der Praxis kaum vermeiden. «Wir können keine Fahrgäste gegen ihren Willen zurückhalten», sagte Flixbus-Sprecherin Bettina Engert auf Anfrage.
Das Bundesamt für Verkehr (BAV), das für die Zulassung neuer Fernbus-Linien zuständig ist, hat nun ein Verfahren gegen Flixbus eröffnet «wegen Verdachts auf Kabotage im Raum Basel». BAV-Sprecherin Olivia Ebinger bestätigte eine entsprechende Meldung der Zeitungen «Tages-Anzeiger» und von «Der Bund».
Details zum Verfahren kann die Behörde keine bekannt geben. Falls sich jedoch der Verdacht auf Kabotage erhärtet, also den Transport innerhalb der Landesgrenzen, erlässt das BAV einen Strafbescheid gegenüber dem fehlbaren Unternehmen.
Bei einem Verstoss gegen die Genehmigungs- oder Konzessionsauflage kann es eine Busse von bis zu 100'000 Franken festlegen. Im Wiederholungsfall und bei sehr schweren Verstössen droht ein Entzug der Genehmigung für die betroffene Strecke, wie es beim BAV heisst. Gegen den Strafbescheid kann das Unternehmen Einsprache erheben.
An Brisanz gewinnt das Verfahren, weil Flixbus ab kommendem Freitag eine Verbindung von Konstanz nach Lyon anbietet. Wer will, kann in Zürich, Bern, Freiburg, Lausanne oder Genf zusteigen - oder trotz Kabotageverbot in Zürich zusteigen und Genf aussteigen - trotz Ticket bis Lyon.
Dieses kostet nämlich zwischen 26 und 58 Euro. Ein SBB-Ticket für die Strecke Zürich - Genf kostet mit dem Halbtax 43.50 Franken. Allerdings braucht der Bus für die Strecke weit über vier Stunden. Wer mit dem Zug reist, ist von Zürich aus in rund 2 Stunden und 45 Minuten in Genf.
Gemäss BAV ist das Unternehmen, welches im Besitz der Genehmigung ist, verantwortlich für die Einhaltung der Rechtsbestimmungen. Es muss sicherstellen, «alles Zumutbare zur Einhaltung des Kabotageverbots unternommen zu haben», hält Ebinger fest. Gemäss BAV muss der Anbieter «verhältnismässige Vorkehrungen treffen wie beispielsweise Durchsagen, Flyers oder andere Massnahmen».
Flixbus hat bisher nach Angaben von Engert viersprachige Aushänge in den Bussen montiert. Darauf heisst es auf Deutsch, Französisch, Italienisch und Englisch: «Für in der Schweiz zugestiegene Gäste ist ein Ausstieg innerhalb der Schweiz aus gesetzlichen Gründen nicht möglich.»
Zudem werde künftig auf den entsprechenden Tickets ein Vermerk angebracht. Und schliesslich würden auch die Chauffeure immer wieder sensibilisiert.
«Wir stehen aber auch in engem Kontakt mit den Schweizer Behörden», sagte Engert. Dabei gehe es darum herauszufinden, welche Möglichkeiten es gebe. Flixbus hoffe, dass gemeinsam eine gute Lösung gefunden werden kann.
Neue Fernbus-Linien werden in der Schweiz «grundsätzlich zugelassen», heisst es auf der Webseite des BAV. Abgelehnt würde ein Gesuch, wenn «bestehende Bahnverbindungen durch die neue Busverbindung ernsthaft beeinträchtigt würden» so dass einzelne Züge oder ganze Linien geschlossen werden müssten. Dies sei bisher bei keinem Gesuch nachgewiesen worden.
Die Zahl der internationalen Fernbuslinien mit Halt in der Schweiz hat in den letzten vier Jahren von rund 200 auf rund 300 zugenommen. Flixbus fährt derzeit rund 900 Ziele in 20 Ländern an. 2015 hat es rund 20 Millionen Fahrgäste transportiert. Es besitzt allerdings keinen einzigen Bus, sondern lässt die Busse von rund 250 Partnerunternehmen für sich fahren.
Ob Flixbus eine Schweizer Konzession anstrebt, lässt Flixbus-Sprecherin Engert offen. Der Markt in der Schweiz sei interessant. Konkrete Pläne gebe es jedoch nicht. (aeg/sda)