Die SBB sei daran, das Preissystem umzugestalten, sagte SBB-Präsident Ulrich Gygi in einem Interview mit der «SonntagsZeitung». Die Besitzer von Generalabonnementen (GA), die täglich pendelten, würden von einem sehr tiefen Kilometerpreis profitieren. «Logisch wäre aber, dass, wer mehr und längere Fahrten macht, auch mehr bezahlt. Da müssen wir ansetzen», sagte Gygi.
GA, die zum Pendeln genutzt würden, müssten tendenziell teurer werden. Das Fernziel sei, dass mit einem Handy oder einer Chipkarte überall ein- und ausgestiegen werden könne, ohne vorher ein Ticket zu kaufen. Nach der Fahrt werde dem Passagier automatisch der günstigste Preis verrechnet. So würde der öffentliche Verkehr leichter zugänglich und viel attraktiver gemacht. Zudem würde jeder Passagier gemäss seinem Verbrauch zahlen.
Das GA werde aber nicht verschwinden. Es müsste laut Gygi umgestaltet werden. «Eine Überlegung ist, dass das GA nur noch bis zu einer gewissen Anzahl Fahrten gilt. Überschreitet man diese Zahl, muss man einen Zuschlag bezahlen», sagte der SBB-Präsident weiter. Natürlich funktioniere das nur, wenn man alle Fahrten elektronisch nachverfolgen könne.
Gygi wies auch darauf hin, dass das neue System für das ganze Netz des öffentlichen Verkehrs funktionieren müsse mit seinen 250 Transportunternehmen und 20 Verkehrsverbünden. Dafür brauche es eine Tarifharmonisierung und eine gigantische IT-Infrastruktur, die zuerst noch gebaut und erprobt werden müsse. «Daran arbeiten wir zurzeit», sagte Gygi.
Die Interessenvertretung der Bahnkundinnen und -kunden Pro Bahn mahnt jedoch zur Vorsicht. Gerade die GA würden mithelfen, die Strasse massiv zu entlasten. Preiserhöhungen führten zu einem Ausweichen auf das eigene Auto.
In einer Mitteilung vom Sonntag erinnerte Pro Bahn daran, dass es das «Generalabonnement à la carte» schon länger propagiert. So schlägt Pro Bahn ein GA light vor, das im lokalen Bereich während des ganzen Jahres gültig und im einem Bereich von mehr als rund 30 Kilometern an maximal hundert Tagen pro Jahr gültig ist.
Konkret könnte auf dem SwissPass der lokale Bereich geladen werden. Für den Fernverkehr würden Karten ähnlich der Tageskarten abgegeben. «Anstatt teure und zeitraubende Lösungen zu suchen, könnte auch einmal pragmatisch vorgegangen werden», heisst es in der Mitteilung.
Die SBB beschäftigen jedoch nicht nur die GA-Preise, sondern auch die Konzessionen für den Fernverkehr. Falls die SBB die 2017 vom Bund neu auszuschreibende Konzessionen für die Fernverkehrsstrecken verlieren sollte, hätte sie überflüssiges Rollmaterial und unterbeschäftigte Werkstätten. «Das wäre eine Katastrophe», sagte Gygi im Interview.
Er äusserte die Vermutung, dass die BLS am Fernverkehr Interesse haben könnte. In einem solchen Fall würde die SBB aber nicht tatenlos zusehen und eigene Angebote machen wie etwa für den S-Bahn-Verkehr Bern, der ein attraktives Geschäftsfeld wäre.
Gygi wies zudem darauf hin, dass die SBB ab 2018 die Vorgabe des Bundes erfüllen wird, wonach die Schulden höchstens sechseinhalbmal höher sein dürften als das operative Ergebnis.
Auf seine Bilanz angesprochen, sagte der 69-jährige Gygi, der das SBB-Präsidium im Juni an Monika Ribar übergeben wird, Folgendes: «Wir haben ein positives Konzernergebnis, und SBB Cargo haben wir in die schwarzen Zahlen gebracht, nachdem der Güterverkehr vierzig Jahre lang Geld verbrannt hat.»
Problematisch bleibe der Nord-Süd-Verkehr, wo die SBB sehr störanfällig sei. «Ich hoffe, dass das mit dem Gotthard-Basistunnel besser wird», sagte er. Die neue Infrastruktur werde zum grossen Teil vom Bund bezahlt. Die Verbindung in den Süden sei sehr attraktiv. «Darum haben wir eine Chance, den Bahnbetrieb rentabel zu gestalten», sagte Gygi auf eine entsprechende Frage. (dwi/sda)