Schweiz
Schule - Bildung

Sommerferien: Für die Zeit danach fehlen derzeit noch die Lehrer

Ein Etui steht auf einem Pult, am Montag, 15. August 2022, an der Primarschule in Lauperswil im Emmental. Wie in der ganzen Schweiz herrscht auch im Kanton Bern ein Mangel an Lehrpersonen. (KEYSTONE/P ...
Bild: KEYSTONE

Die Sommerferien kommen – doch für die Zeit danach fehlen die Lehrer

Das Schuljahr neigt sich dem Ende zu, die Schülerinnen und Schüler freuen sich auf die Ferien. Weniger entspannt präsentiert sich die Lage bei den Schulleitungen. Der Mangel an Lehrpersonen ist teilweise akut – ein Augenschein in den Kantonen Solothurn und Bern.
25.06.2024, 15:0626.06.2024, 09:44
Dominik Lüdi / ch media
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Sucht man als Lehrperson eine Stelle im Kanton Bern, so hat man die Qual der Wahl. 276 Stellen sind aktuell auf der Webseite des Kantons ausgeschrieben (Stand 24. Juni 2024). 144 Stellen werden für den normalen «Regelunterricht» gesucht, 132 Stellen für «speziellen Unterricht» wie Logopädie, Heilpädagogik und integrative Förderung.

Die integrative Schule nimmt alle Kinder auf. Oder anders formuliert: Sie schliesst kein Kind aus. Kinder, die früher in Kleinklassen, Sonderschulen oder anderen Spezialangeboten unterrichtet wurden, gehen heute, wenn immer möglich, gemeinsam mit allen anderen Kindern zur Schule.

Integrative Schule verlangt nach spezialisierten Fachkräften

Integrative Schule verlangt nach spezialisierten Fachkräften

Beim kleineren Kanton Solothurn präsentiert sich die Situation ein wenig besser, aber ähnlich. Um die 70 Stellen sind noch offen. Besonders auf der Primarstufe fehlen Lehrpersonen, sie machen über die Hälfte der offenen Stellen aus. Das Bild ähnelt dem im Kanton Bern. Gesucht werden insbesondere Fachkräfte für Logopädie, DAZ (Deutsch für Anderssprachige) und Klassenlehrpersonen.

Diese Fachkräfte können schlecht mit Quereinsteigern oder Berufsrückkehrern abgedeckt werden. Sie fehlen praktisch überall in der Schweiz. Es braucht sie, um das Prinzip der integrativen Schule umzusetzen. Dagegen gibt es nun politischen Widerstand der FDP auf nationaler Ebene.

Doch warum fehlen Klassenlehrpersonen?

«Die Elternarbeit und die Koordinationsaufgaben von Klassenlehrpersonen sind anspruchsvoller geworden», erklärt Silvia Sollberger, die Geschäftsführerin des Solothurner Lehrerinnen- und Lehrerverbands LSO, den aktuellen Mangel. Fachlehrpersonen haben es da einfacher. Sie müssen keine Elterngespräche frühen und keine integrativen sonderpädagogischen Massnahmen für die Kinder organisieren.

Extrembeispiel Pieterlen

Extrembeispiel Pieterlen

Der Mangel an Lehrpersonen ist nichts Neues – jedes Jahr um diese Zeit sind die Probleme dieselben. Doch sie nehmen von Jahr zu Jahr zu, wie die Zahlen zeigen. Die bestehenden Lehrpersonen versuchen mit viel Engagement, die Situation aufzufangen – doch irgendwann bricht das Kartenhaus zusammen.

So wie in Pieterlen im Berner Seeland. Der Druck auf das Schulsystem wurde zu gross: Eltern, Lehrerschaft, Schulleitung und Politik liegen sich in den Haaren – die Stellen in der Primarschule können für das Schuljahr 24/25 vielleicht zum ersten Mal nicht besetzt werden. Der Ruf der Schule ist ruiniert. Die Leidtragenden sind die Kinder.

Der Schule in Pieterlen laufen die Lehrpersonen davon. Sie zu ersetzten ist in der aktuellen Situation sehr schwierig.
Der Schule in Pieterlen laufen die Lehrpersonen davon. Sie zu ersetzten ist in der aktuellen Situation sehr schwierig.Bild: zvg

Sorge tragen zu bestehenden Lehrpersonen

Sorge tragen zu bestehenden Lehrpersonen

Die Situation dürfte sich so schnell auch nicht bessern. Darum rät Mathias Stricker, Präsident der LSO, den Schulen, zu den bestehenden Lehrpersonen Sorge zu tragen. Denn wenn sie einmal weg seien, werde die Neubesetzung der Stelle schwierig, wie er gegenüber SRF sagte.

Dabei helfe es offenbar inzwischen auch nicht mehr, dass der Kanton Solothurn mehr bezahlt als der Nachbarkanton Bern. Der Mangel an Lehrpersonen ist im Verhältnis zur Grösse bei beiden Kantonen ähnlich, wie die aktuellen Zahlen zeigen.

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54 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Repplyfire
25.06.2024 15:26registriert August 2015
Ich arbeite mit auffälligen Jugendlichen und bin auch viel in Schulen für Präventionsunterricht unterwegs. Zudem führen wir auch Elternabende und -Informationen durch und kennen Konfliktsituationen und noch wichtiger, Lösungswege. Ich hatte von diversen Schulleitungen Vorschläge und Anfragen betr. Quereinstieg als Lehrer. Da ich gerne mit Jugendlichen arbeite habe ich mich bei der Studienberatung gemeldet. Resultat: Die erwarten tatsächlich dass berufstätige mit 35 bis 45 Jahren und evtl. Familie etc. ein Jahr Vollzeit mit totalem Lohnausfall Studieren. Dann evtl. 50 % möglich. Ne ade mässi
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Kommentar*innen
25.06.2024 16:00registriert Juni 2018
Die integrative Schule, wie sie sich seit Beginn zeigt, ist eine zynische Sparmassnahme auf dem Buckel der Kinder und der Lehrpersonen. Inklusive Schule benötigt viel mehr Personal als jetzt. Die Lehrer*innen laufen ja in Scharen davon. Das heisst: Mehr Geld in die Schule buttern. Bildung ist unser einziger Rohstoff.
Oder wieder zurück zum „alten“ System à la FDP. Wobei ich mich da frage, wie sie die UNBRK aushebeln wollen, die die CH vor 11 Jahren ratifizierte.
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The Danisher
25.06.2024 18:48registriert Juni 2019
Ich habe in den Kantonen Solothurn sowie Bern 10 Jahre als Lehrer gearbeitet, als Quereinsteiger. Vor 6 Monaten habe ich gekündet, nun arbeite ich wieder als Pfleger in einer Institution für Demenzkranke Menschen. Ich bin so zufrieden und ausgeglichen wie seit Jahren nicht mehr.
Es sind nicht primär Lehrpersonen welche fehlen, es ist ein sinnvolles System welches fehlt.
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