Der Bundesrat hat dem Parlament beantragt, die 1302 Millionen Franken Kohäsionszahlungen an die EU zu deblockieren und zwar «so rasch wie möglich». Wenn eine Mehrheit des Stände- und Nationalrats dies ebenfalls will, sollte dies eine reine Formsache sein.
Denn das Parlament hat die zwei Rahmenkredite 2019 bereits beschlossen: 1047 Millionen Franken sollen in den dreizehn neueren EU-Staaten eingesetzt werden, um wirtschaftliche und soziale Ungleichheiten zu verringern. 190 Millionen Franken gehen auch an andere EU-Staaten, die von Migration stark betroffen sind. Und 65 Millionen Franken berechnet die Verwaltung für den eigenen Aufwand.
Doch hat das Parlament die Genehmigung dieser Kredite vor zwei Jahren an eine Bedingung geknüpft: Das Geld wird zurückgehalten, «wenn und solange die EU diskriminierende Massnahmen gegen die Schweiz erlässt». Das Parlament reagierte mit dieser Klausel auf den Entscheid der EU, die Anerkennung der Schweizer Börse Ende 2019 nicht zu verlängern. Seit dieser Diskriminierung seitens der EU sind die Kohäsionszahlungen blockiert.
Der Bundesrat hat es nun aber eilig. Im Mai hat er die Verhandlungen zum Rahmenabkommen mit der EU abrupt abgebrochen, jetzt will er einerseits zeigen, dass die Schweiz auch ohne institutionelles Abkommen eine «verlässliche Partnerin» bleibe. Und zweitens einen neuen Impuls in den Beziehungen zur EU auslösen. Die Kohäsionszahlung soll Fortschritte in weiteren Dossiers ermöglichen – etwa die ausgesetzte Teilnahme am Forschungsprogramm «Horizon».
In der am Mittwoch verabschiedeten Botschaft verlangt der Bundesrat konkret, das Parlament solle die Gelder in der Herbstsession deblockieren.
Stand heute wird dies nicht möglich sein. Zwar wird die Aussenpolitische Kommission des Ständerats das Geschäft in der nächsten Sitzung fertig beraten. Es wäre dann bereit für die Herbstsession, die im September stattfindet. Doch ist es im Entwurf der Sessionsplanung erst am Donnerstag der dritten Sessionswoche traktandiert. Das ist der letzte Tag der Session. Und das bedeutet: Für den Nationalrat bleibt keine Zeit, das Geschäft vor der Wintersession zu beraten.
Unklar ist, ob die Planung noch über den Haufen geworfen wird. Aussenpolitiker und Mitte-Ständerat Benedikt Würth (SG) will Hand bieten und die Beiträge deblockieren. «Nur so kommen die Gespräche mit der EU wieder in die Gänge.»
Allerdings sieht er den Grund für die Eile nicht. «Wenn wir von der Verfahrensordnung abweichen sollen, dann muss der Bundesrat dies begründen.» Doch bis jetzt gebe es keine Hinweise, dass beispielsweise bei «Horizon» eine schnellere Lösung möglich sei, sagt Würth.
In die gleiche Kerbe schlägt Ständeratspräsident Alex Kuprecht: «Es gibt klare Gepflogenheiten: Das Geschäft ist dem Ständerat als Erstrat zugeteilt.» Bereits gegenüber dem Schweizer Radio SRF sagte er vor einer Woche, das fünfköpfige Ständeratsbüro, das für die Sessionsplanung zuständig ist, habe einstimmig entschieden, dass kein dringliches Verfahren nötig sei. Kuprecht: «Es fehlen Garantien seitens der EU, dass der Schweiz durch die Zahlungen auch Vorteile entstehen.»
SVP-Mann Kuprecht negiert indes, dass der Zeitplan politisch motiviert ist: «Der Entwurf der Sessionsplanung stammt von den Parlamentsdiensten.» Dass die Kohäsionsmilliarde am letzten Donnerstag der Herbstsession traktandiert ist, habe einen Grund: «Wir müssen bei der Planung auf die zuständigen Bundesräte Rücksicht nehmen.» Und Bundesrat Ignazio Cassis weile während der zweiten Sessionswoche an der UNO-Generalversammlung in New York.
Just die FDP hat gestern eine Medienmitteilung verschickt, in der sie eine «rasche» Freigabe der Gelder verlangt, um «eine positive Grundlage für weitere Gespräche zu schaffen». Mit einem positiven Signal könne der Bundesrat den Dialog wieder eröffnen. Genauer: Bundesrat Ignazio Cassis.
FDP-Ständerat Andrea Caroni (AR) plädiert darum für einen pragmatischen Ansatz: «Der Ständerat sollte das Geschäft in der ersten Woche traktandieren. So lassen wir dem Nationalrat die Möglichkeit, nachzuziehen.» Das Geschäft extra spät einzuplanen, sei fast schon schikanös. Caroni erklärt, bei den Kohäsionsgeldern gehe es nicht um Leben und Tod. Nur: «Wenn wir bereit sind, Millionen auszugeben, dann tun wir das lieber früher als später.» Ein Zeichen des Goodwills habe jetzt grössere Wirkung.
Tatsächlich ist das Sessionsprogramm nicht in Stein gemeisselt. Das Büro des Ständerats tagt Ende August nochmals. Änderungen wären aber auch kurzfristig noch möglich – nicht nur durch das Büro und dessen Präsidenten Kuprecht. Anträge auf Änderungen der Sessionsplanung können auch Ständeratsmitglieder stellen.
die da wären???
Was mich eher verwundert sind die 65 Mio für Selbstverwaltung. Für den Zirkus den die da machen sollten sie eigentlich sogar da mit einbezahlen