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Du willst nur das Beste? Voilà:
Schüler mit
Edelweisshemden haben in Gossau ZH für ein Shitstürmchen gesorgt.
Eine übereifrige Lehrerin verbot das angeblich fremdenfeindliche
Kleidungsstück, worauf Mitglieder der SVP-Fraktion im Zürcher
Kantonsrat aus Solidarität mit den Schülern im hellblauen Shirt
auftraten. Im Bundeshaus erblickte man diese Woche keine
Edelweisshemden, dafür eine Krawatte mit dem rustikalen Muster. Sie
hing am Hals des St.Galler CVP-Nationalrats Markus Ritter.
Ein weiterer
Gossau-Solidaritätsakt? Keineswegs. Markus Ritter, Präsident des
Schweizerischen Bauernverbands und damit oberster Landwirt der
Nation, hatte die Edelweisskrawatte zur Wahlfeier für den neuen
SVP-Bundesrat Guy Parmelin am Donnerstag umgebunden: «Wir haben 50
Jahre auf einen Bauern im Bundesrat gewartet.» Für
die Landwirtschaft verlief die Wintersession ohnehin erfreulich: Bei der
Verabschiedung des Bundesbudgets 2016 blieb sie als einziger Bereich
vom Sparhammer verschont. Sie erhielt 92,8 Millionen Franken mehr
budgetiert.
«Wir sind
zufrieden», kommentierte Markus Ritter das Ergebnis. Gar nicht
zufrieden ist die SP: «Es ist sehr problematisch, dass diejenigen
Kreise, welche am lautesten nach einer harten Spar- und Abbaupolitik
schreien, die Landwirtschaft stets noch vergolden», lässt sich der
Solothurner Nationalrat Philipp Hadorn in einer Mitteilung mit einem
Seitenhieb gegen SVP und FDP zitieren. Allerdings hatten auch die
Sozialdemokraten dem Budget «zähneknirschend» zugestimmt.
Bundesbudget: Ein fauler Kompromiss, der nur die Bauern freut #ParlCH https://t.co/Ah4oxe1uHd
— SP Schweiz (@spschweiz) December 17, 2015
Es ist ein altes
Lied, das auch im neuen Parlament angestimmt wird: Wenn es ums Sparen
geht, werden die Bauern mit Samthandschuhen angefasst. Obwohl die
Zahl der Höfe abnimmt, werden 2,8 Milliarden Franken an
Direktzahlungen ausgeschüttet. Mehr Geld wurde auch für das «Schoggigesetz» bewilligt, mit dem die teuren Schweizer
Nahrungsmittel für den Export subventioniert werden. Die Welthandelsorganisation (WTO) will diese Beihilfen abschaffen, die
Schweiz aber pocht auf lange Übergangsfristen und Ersatzmassnahmen.
Bauernpräsident
Markus Ritter wehrt sich gegen den Vorwurf, seine Branche sei
sparresistent: «Das Bundesbudget ist seit 2005 von 52 auf 67
Milliarden Franken angewachsen. Die Landwirtschaft ist der einzige
Bereich, in dem die Ausgaben stabil geblieben sind.» Nicht gelten
lässt er das Argument von Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf,
die Bauern würden wegen der Teuerung und der abnehmenden Zahl von
Betrieben mehr Geld erhalten: «Direktzahlungen sind nicht an die
Höfe gebunden, sondern an Leistungen wie den Erhalt von
Hochstammbäumen.»
Landwirtschaft ist
unbestritten ein harter Beruf mit langen Arbeitszeiten. Dennoch
befremdet das ständige Klagelied der Bauern, das erst Ende November
an einer Grossdemo mit 10'000 Teilnehmern in Bern manifestierte. Die
Liberalisierung der Schweizer Landwirtschaft verlief vergleichsweise
sanft. Sie hatte aber aus Sicht der Konsumenten die erfreuliche
Folge, dass die Preise sanken und gleichzeitig die Qualität und vor
allem die Vielfalt der Produkte zunahm.
Mehr Wettbewerb wäre
eine Chance für die Schweizer Bauern, er könnte zu grösseren,
innovativeren und ökologischeren – das ist kein Widerspruch! –
Betrieben führen. Allein, der Nationalrat sandte ebenfalls am
Donnerstag ein gänzlich gegenteiliges Signal aus. Er nahm im
Verhältnis 2:1 eine Standesinitiative des Kantons Waadt an, die
einen Abbruch der Verhandlungen mit der EU über den Agrar-Freihandel
verlangt.
Buurezmorge im Nationalrat: Bildung, Forschung, Innovation eben mal 5 Mio weggenommen und der Landwirtschaft geschenkt #masslos #Agrarlobby
— Kathrin Bertschy (@kathrinbertschy) December 10, 2015
Die grünliberale
Bernerin Kathrin Bertschy warnte vergeblich vor dem «kurzsichtigen» Entscheid. Offene Märkte gebe es schon heute, in Form von
Einkaufstourismus: «Das ist Wertschöpfung, die unserem Land
entgeht.» Man muss es fast schon als Lichtblick bezeichnen, dass die Revision des Alkoholgesetzes trotz jahrelangen Beratungen gescheitert
ist. Die Bauern hatten sich damit zusätzliche Subventionen für die
Verarbeitung von Obst zu Hochprozentigem erhofft.
Offen bleibt, ob die
Bauern weiterhin geschont werden, etwa beim Stabilisierungsprogramm
2017-2019, in dem der Bundesrat bei der Landwirtschaft erneut den
Rotstift ansetzen will. Aufhorchen liess in der Budgetdebatte das
Verhalten der SVP. Ihre Fraktion machte sich stark für eine
Querschnittkürzung nach dem Rasenmäher-Prinzip. Weil sich ihre
Bauernvertreter – und jene der FDP – der Stimme enthielten, kamen
die Landwirte trotzdem ungeschoren davon.
«Schoggigesetz»: Lässt die SVP die Bauern hängen? https://t.co/LvWfNIBfnN
— Schweizer Bauer (@SchweizerBauer) December 16, 2015
Wird die gestärkte
Akademiker-Truppe vorab aus Zürich dafür sorgen, dass die SVP
künftig weniger «bauernhörig» politisiert? Noch ist es zu früh
für eine solche Einschätzung. Die Wintersession lässt jedenfalls
wenig Gutes für die neue Legislatur erwarten, vor allem wenn man auf
ein innovationsfreudigeres Parlament gehofft hat. Die gestärkte
Rechte sieht das Heil für die Schweizer Wirtschaft vorab in tiefen
Steuern. Der Energiestrategie 2050, die einen Investitions- und
Innovationsschub auslösen könnte, droht hingegen der Rückbau zu
einer Mini-Reform.
Ein unerfreuliches Signal war auch das Nein zur Verschärfung des Umweltschutzgesetzes. Sie war als indirekter Gegenvorschlag zur Initiative «Grüne Wirtschaft» der Grünen Partei gedacht. «Wir müssen von einer Wegwerfwirtschaft wegkommen zu einer Kreislaufwirtschaft», mahnte Bundesrätin Doris Leuthard vergeblich. So viel Weitsicht war den Volksvertretern nicht zuzumuten.
Dafür werden die Bauern auch in Zukunft nicht darben müssen. Markus Ritter gibt sich gönnerhaft: «Wir wären mit einem stabilen Budget zufrieden.»
Die Landwirtschaft war das Rückgrat der Schweiz und sollte sicherlich nicht vergessen werden, aber die Bildung ist unsere Zukunft!
Den Bauern sollte anders geholfen werden. Im schlimmsten Fall mit einer Umschulung.
Es hiess ja in 20 Jahren gäbe es 50% der heutigen Berufe nicht mehr. Werden wir bei jeder Berufsgruppe solch einen Aufstand erleben? Wohl kaum. Es ist Zeit dieses Thema hier auch rational und nicht emotional gesteuert zu diskutieren.