Ein Artikel im Spiegel erschüttert die Schweizer Medienwelt. Darin erzählt Journalistin Anuschka Roshani, wie sie jahrelang Opfer von Sexismus und Mobbing war. Im Zentrum ihrer Anschuldigung steht Finn Canonica, der 17 Jahre lang Chefredaktor beim «Magazin» – der Samstagsbeilage der Tamedia-Zeitungen – war. Canonica liess über seinen Anwalt ausrichten: «Die Vorwürfe treffen nicht zu und werden vehement bestritten.»
«Es ist, als ob mit Roschanis Text ein Damm gebrochen wäre», sagt Patrizia Laeri. «Viele Frauen stehen jetzt mit Namen hin und erzählen von ähnlichen Erlebnissen.» Laeri ist Wirtschaftsjournalistin und leitet das Finanz- und Medienportal elleXX. Nach den Enthüllungen sammeln sie und ihr Team via Aufruf auf Social Media weitere Fälle von Sexismus und Mobbing.
Auch die elleXX-Mitglieder schildern ihre Erlebnisse. Nachfolgend einige Beispiele:
In einem Beitrag schreibt Patrizia Laeri über eine Erfahrung, die sie vor rund 20 Jahren als Praktikantin beim SRF gemacht hat:
watson hat bei Laeri nachgefragt, was damals genau vorgefallen ist. Die heute 45-Jährige erzählt: «Es ist in meinen ersten Wochen bei SRF passiert. Ein Redaktor hat mir Hilfe angeboten. Als wir alleine in einem Raum waren, probierte er plötzlich, mich zu küssen. Ich habe gesagt: Nein, bitte hör auf, bitte hör auf! Er hat entgegnet: doch. Trotz mehrerer Neins hat er es weiter versucht, bis ich ihn weggestossen habe. Ich musste mich körperlich wehren.»
Gemeldet habe sie den Vorfall nie beim SRF, erzählt Laeri. «Ich war in Schockstarre und wusste nicht, an wen ich mich hätte wenden sollen.» Am nächsten Tag habe der Redaktor so getan, als sei nie etwas passiert.
Erzählt hat Laeri den Vorfall nur einer Person: der nächsten Praktikantin. Diese machte die gleichen Erlebnisse. «Bei ihr hat er es auch versucht», erinnert sich Laeri. «Es war offenbar seine Masche.»
Seiner beruflichen Karriere taten die Übergriffe keinen Abbruch. Der Redaktor hat heute eine Leitungsfunktion beim SRF inne, wie Laeri sagt. Sie habe heute mit einer jungen Frau gesprochen, die beim SRF arbeitet, erzählt die Wirtschaftsjournalistin. «Laut ihr begeht die Person immer noch Grenzüberschreitungen. Ich konnte es nicht fassen. 20 Jahre sind vergangen und er ist immer noch da.»
Laeri meint selbstkritisch: «Wer wegschaut und schweigt, trägt toxische Betriebskulturen mit. Ich habe geschwiegen. Ich fühle mich heute mitschuldig.»
Beim SRF hat man die Posts von Laeri «mit grossem Bedauern zur Kenntnis» genommen. «Bei SRF gilt bei sexueller Belästigung und bei sexistischem Verhalten Nulltoleranz», sagt Gerhard Bayard, Leiter HR & Change beim SRF, gegenüber watson. Die vorliegenden Fälle seien SRF bisher nicht bekannt gewesen, da sie nie gemeldet worden seien.
SRF ist jedoch an einer Aufklärung der Vorfälle interessiert. Es hat sich am Montagmorgen mit Laeri in Verbindung gesetzt. Bayard: «Im vorliegenden Fall hat SRF bereits mit der ehemaligen Mitarbeiterin Kontakt aufgenommen und ihr einen Austausch angeboten, um auf die in den Posts erwähnten Vorfälle im Rahmen eines persönlichen Dialogs einzugehen.»
Gemäss Bayard hat sich in den vergangenen Jahren viel getan beim SRF. Es seien diverse Massnahmen zum Schutz der persönlichen Integrität erarbeitet worden. Bayard zählt auf: «Interne Schulungen für Vorgesetzte, die Durchführung mehrerer Personalveranstaltungen zum Thema oder die Rekrutierung sogenannter interner Vertrauenspersonen.» SRF nehme das Thema ernst, so Bayard weiter.
Den folgenden Sachverhaltaber finde ich jetzt nicht wirklich diskriminierend. Unfreundlich ja, aber Diskriminierung oder Mobbing? Ausser sie ist die einzige bei dem er so reagiert.
Ich breche mal eine Lanze für Patrizia Laeri, die ich sonst nur kritisiere. Ich verstehe sehr gut, wieso aktuell meistens keine Meldung bei Aussage gegen Aussage gmacht wird. Gerade erfuhr ich einen Fall wie mit dem SMS von einer Kollegin.
Sie spricht meiner Meinung genau den Punkt an, wo wir ansetzen müssen. Wie können Vorfälle gemeldet werden, ohne dass die belästigte Person Repression befürchten muss und ohne Beweislastumkehr?