Es war eine Razzia wie im Film. Am vergangenen Freitag kam es im Gewerbequartier bei der Haslistrasse in Olten zu einem Grosseinsatz der Kantonspolizei Zürich und der Kantonspolizei Solothurn.
Das gestürmte Haus im Industriegebiet liegt unweit des Strassenstrichs, zu den Nachbarn gehören die Hells Angels.
Die genauen Hintergründe der Razzia sind bislang nicht bekannt. Die Spuren führen aber ins Zürcher Rotlichtmilieu. Es könnte sich um ein Gewaltverbrechen handeln. Die Geschehnisse und was bisher bekannt ist:
Um vier Uhr morgens stürmten am vergangenen Freitag die Kantonspolizei Zürich und Solothurn gemeinsam ein Haus im Gewerbequartier in Olten an der Haslistrasse 72. Augenzeugen schätzen die Anzahl der Polizistinnen und Polizisten auf 200. Die Staatsanwaltschaft Zürich gibt auf Anfrage von watson hingegen an, dass weniger als 100 Einsatzkräfte vor Ort gewesen seien. Diese drangen teils vermummt und schwer bewaffnet in das Gebäude ein. Zwei Mieter der Liegenschaft wurden von der Polizei zur Befragung mitgenommen, wie Züri Today berichtete.
Der genaue Grund des Einsatzes ist nicht abschliessend geklärt. Die Staatsanwaltschaft teilte watson am Montagmorgen auf Anfrage mit, dass es sich um ein mögliches Freiheitsdelikt handelte. Zu den Freiheitsdelikten gehören Drohung, Nötigung, Freiheitsberaubung und Entführung.
Bei der Razzia ist es zu Schäden am Gebäude gekommen. Verschiedene Videoaufnahmen zeigen insbesondere lädierte Türen. Die Mieter der Liegenschaft verstehen das Vorgehen der Polizei. Ein Clubbesitzer äussert sich verständnisvoll gegenüber Tele M1. Ein anderer Mieter, der einen Bandraum im Haus nutzt, empörte sich allerdings im Gespräch mit dem Sonntags Blick darüber, dass die Türen offengelassen worden seien, nachdem ins Gebäude eingedrungen worden sei. Er habe viele wertvolle Instrumente dort gelagert.
Die Kantonspolizei Solothurn hatte gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA bestätigt, dass die Kantonspolizei Zürich den Einsatz leitete.
Wie eine Recherche des «Sonntags Blick» schilderte, könnte ein Gewaltverbrechen Hintergrund der Polizei-Razzia sein. Daraufhin deutet zumindest die Zuständigkeit des Einsatzes der Zürcher Staatsanwaltschaft I, die für schwere Gewaltkriminalität zuständig ist.
Bei der Razzia wurden mehrere Gegenstände aus dem Haus beschlagnahmt. Darunter befanden sich Hanfpflanzen. Diese seien aber vermutlich nicht der Hauptgrund für das grosse Polizeiaufgebot gewesen, sagt «Tele M1».
Hingegen wäre eine Entführung oder ein Tötungsdelikt wahrscheinlicher, wie der «Sonntags Blick» schreibt. Ein mutmassliches Opfer soll ein 46-jähriger Montenegriner sein, der nach Informationen des «Sonntags Blicks» einem Gewaltverbrechen zum Opfer gefallen sein soll. Der Mann wurde seit dem 27. Juli nicht mehr gesehen und gilt als vermisst.
Augenzeugen, die von der Polizei befragt wurden, berichten gegenüber Tele Züri, dass ihnen Bilder vom angeblichen Opfer und mutmasslichen Tätern gezeigt worden seien. Die Täter hätten das Opfer in Zürich entführt und es würde davon ausgegangen, dass die Person ermordet worden sei, berichtete ein Mieter der durchsuchten Liegenschaft nach seiner Befragung durch die Polizei weiter. Diese Angaben können nicht überprüft werden. Die Staatsanwaltschaft Zürich macht aufgrund des Amtsgeheimnisses gegenüber watson keine Angaben zu involvierten Personen. Das Verfahren laufe noch.
Die Spuren der Recherchen des «Sonntags Blicks» führen ins Zürcher Langstrassenquartier, oder genauer: zum berüchtigten Neugasshof, einer bekannten Milieu-Beiz. Das Lokal wird seit 2008 von Roland Gisler betrieben, der nicht zuletzt öffentliche Aufmerksamkeit erregte, als er 2020 in einen Zürcher Justizskandal verwickelt war. Die Rockbar steht seit vielen Jahren im Fokus der Polizei, auch wegen des gross angelegten Cannabis-Handels. Bei dem angeblichen Opfer handle es sich um einen engen Freund Gislers. Sie hätten sich im Gefängnis kennengelernt.
Unklar bleibt bei diesem Polizeieinsatz sehr vieles. Zum Beispiel, ob die Polizei bei dem Grosseinsatz eine Verhaftung vorgenommen hat und ob der Einsatz erfolgreich gewesen ist. Nähere Angaben zum Einsatz machte die Polizei gegenüber watson nicht.
Der «Sonntags Blick» vermutet derweil, dass es sich um einen Racheakt handeln könnte, bei dem das angebliche Opfer entführt worden sei. Ein Mann, den der «Sonntags Blick» als Täter vermutet, solle die Schweiz mittlerweile verlassen haben. Diese Angaben wurden von offizieller Seite allerdings nicht bestätigt.
Auch ist noch nicht klar, wieso gerade dieses Haus von der Razzia betroffen war und ob dort nach Tätern oder dem Opfer gesucht wurde.