«Jetzt schauen wir einmal, wie es weitergeht.» Das antwortete Daniel Jositsch auf die Frage in der Fernsehsendung «SonnTalk», ob er in einem Jahr noch SP-Mitglied sei.
Zwar sagte er zuerst, er glaube schon, dass er Mitglied bleibe, denn er sei als SP-Ständerat gewählt worden. Dann kam jedoch ein dickes «Aber». Jositsch: «Ich habe mit der Fraktion noch keine Gespräche geführt.» Und: «Ehrlich gesagt, die Diskussion hat für mich die Grenze zur Lächerlichkeit überschritten.»
Jositsch bezog sich auf einen viel zitierten Vorwurf, den ihm die SP macht: dass er während der Bundesratswahlen nicht ans Rednerpult gegangen sei, um seinen Verzicht bekannt zu geben, nachdem er 70 Stimmen erhalten hatte.
Der Ständerat konterte den Vorwurf in vier Punkten. «Erstens war klar, mit 70 Stimmen wird man nicht Bundesrat.» Zweitens sei die Bundesversammlung grundsätzlich frei bei der Wahl eines Bundesratsmitglieds: «Ich fühle mich nicht dazu verpflichtet, diese Freiheit in irgendeiner Art und Weise einzuschränken.»
Drittens, fuhr Jositsch fort, sei «überhaupt nichts passiert», es sei ja einer der beiden offiziellen SP-Kandidaten gewählt worden. «Und viertens ist es nicht üblich, jedes Mal an das Rednerpult zu gehen, wenn man Stimmen bekommt.»
Seines Wissens, erinnerte der Zürcher Ständerat, sei das letztmals der Fall gewesen, als der damalige SVP-Nationalrat Hansjörg Walter nur eine Stimme unter absoluten Mehr geblieben sei (das war 2008, als danach Ueli Maurer gewählt wurde, Anm. der Red.).
Jositsch fasste die SP-Vorwürfe auf den CH Media-Fernsehsendern wie folgt zusammen: «Ich finde die Diskussion masslos überrissen.» Er sieht in seinem Verzicht auf eine Erklärung in der Bundesversammlung ein wichtiges Signal gegen verbindliche Tickets. «Es wäre zum Dogma geworden, wäre ich ans Pult gerannt. Ich bin strikt dagegen, dass man die verfassungsmässige Ordnung auf eine derartige Art und Weise aushebelt.» Die Bundesverfassung enthalte nämlich ein Instruktionsverbot.
Jositsch führte das weiter aus. «Ich finde es befremdlich, einen derartigen Druck aufzubauen mit Bezug auf ein Ticket. Das machen viele Mitglieder der Bundesversammlung nicht mehr mit.» Das gelte für alle Parteien. Für den Rechtsprofessor bedeutet das Ticket ein Vorschlag der Fraktion, den man wohlwollend prüfe, aber die Freiheit der Bundesversammlung dürfe nicht ausgehebelt werden: «Der Druck ist für mich an der Grenze zur verfassungsmässigen Ordnung.»
«SonnTalk»-Moderator Patrik Müller fragte Jositsch zweimal, ob er eine Wahl in den Bundesrat angenommen hätte. Er habe dieses Szenario vor den Bundesratswahlen mit Samira Marti besprochen, der Co-Fraktionschefin der SP. «Wir gingen beide von einer gewissen Stimmenzahl aus. Ich sagte ihr, wenn das eintritt (eine Wahl, Anm. der Red.), dann hätte ich einen Sitzungsunterbruch verlangt. Mit der Fraktions- und Parteispitze hätte man dann geschaut, was zu machen wäre.»
Die «Schweiz am Wochenende» hatte am Samstag berichtet, Jositsch gebe die Leitung der SP-Gruppe im Ständerat ab. Die neue Berner Ständerätin Flavia Wasserfallen übernimmt diesen Montag die Funktion der Gruppenleiterin. In den sozialen Medien wurde dieser Schritt teilweise als Bestrafung von Jositsch bezeichnet.
Dieser widersprach in der Fernsehsendung nun deutlich. Er habe schon vor Monaten angekündigt, die Leitung abzugeben, weil es der beste Moment dafür sei - nach der Verteilung der Kommissionssitze. «Ich habe das sechs Jahre gemacht», es sei an der Zeit, die Funktion in jüngere Hände zu geben. Der Job sei ohnehin «eher mühsam», ergänzte Jositsch augenzwinkernd.
Nach der Wortmeldung von Jositsch wird klar: Er wird sich von seiner Partei nicht alles bieten lassen. Die Beziehung zur SP ist auf die Probe gestellt wie noch nie. Die Partei hat ein grosses Interesse, dass es nicht zum Bruch kommt. Würde Daniel Jositsch die Partei verlassen, verlöre die SP auch alle Kommissionssitze, die er besetzt. Die Mandate sind bereits verbindlich zugeteilt worden. Jositsch ist Mitglied von vier Kommissionen und von einer Delegation.
Lucienne Vaudan von den Parlamentsdiensten sagte der «Schweiz am Wochenende»: «Hat das Büro die Kommissionsmitglieder gewählt, sind diese vier Jahre im Amt. Kommissionssitze sind an die Person gebunden.»
Nicht dass es bei der SVP wäre, die hätten am liebsten einen einzigen Diktator 😂
Allerdings täte Jositsch gut daran, sich jetzt nicht zu sehr in die Opferrolle zu begeben. Wer so klare Ambitionen äussert wie er muss mit Gegenreaktion(en) rechnen. Er sollte clever genug sein das zu kapieren.
Momentan habe ich eher den Eindruck er lege es darauf an die Sache krachen zu lassen.