Im Rahmen von YouNews, der Schweizer Jugendmedienwoche, schwärmen Jugendliche aus der ganzen Schweiz in die hiesigen Redaktionen, um Medienluft zu schnuppern. So auch zum SRF.
Die 13-jährige Laurine Frauchiger aus St. Gallen, der 16-jährige Jonas Lüthy aus Basel und die gleichaltrige Aneschka Berchtold aus Bern durften gemeinsam mit «Arena»-Moderator Sandro Brotz über das diskutieren, was sie am meisten bewegt: das Klima, die Altersvorsorge und die Gleichstellung. Mit ernster Miene und sehr viel Begeisterung für die Debatte duellierten sich die Jungen mit gestandenen Politikern, darunter Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga, FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen und SVP-Nationalrat Mike Egger.
Wie zahlreiche Jugendliche aktuell wurde auch die SP-Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga durch ein Umweltthema politisiert. «Die Diskussion um den Schutz der Hochmoore hat mein Interesse an der Politik geweckt», so Sommaruga zum Beginn der Sendung. Sie könne das Klima-Anliegen und die Dringlichkeit der Thematik sehr gut nachvollziehen. «Ich verstehe die Ungeduld der jungen Menschen, wir spüren auch in der Schweiz tagtäglich die Auswirkungen des Klimawandels.»
SVPler Mike Egger ist sich des Klimawandels bewusst. In der Schweiz aber einen Klimanotstand auszurufen, findet er übertrieben. «Seit dem Jahr 2000 haben wir es geschafft, den CO2-Ausstoss zu senken. Wir beziehen Energie aus so vielen erneuerbaren Quellen wie kein anderes Land in Europa», so Egger.
Aneschka Berchtold, die Erste im Ring, zuckt nicht mit der Wimper, als sie Egger entgegnet: «Die Schweiz produziert sehr viele klimaschädliche Güter im Ausland. Es ist für mich eine Selbstverständlichkeit, diese dazuzurechnen. Dann ist unser CO2-Ausstoss nicht gesunken.»
Auch FDPler Christian Wasserfallen findet, die Schweiz mache bereits genug. Einen Klimanotstand auszurufen, sei für ihn absolut unverständlich. «Ein Notstand würde bedeuten, dass verfassungsmässige Rechte ausser Kraft gesetzt werden – da sehe ich einfach den Zusammenhang mit der Klimadiskussion nicht.»
Doch auch für Wasserfallen hat die 16-jährige Berchtold eine Antwort parat: «Es wird zu einer riesigen Flüchtlingskrise kommen, wenn wir nichts gegen den Klimawandel unternehmen. Und wenn das in Ihren Augen kein Notstand ist, dann weiss ich auch nicht», entgegnet sie dem händeringenden Wasserfallen.
Brotz leitet zum nächsten Reizthema über – der Flugscham. Auch hier vertritt Berchtold einen klaren Standpunkt: «Eine Flugticketabgabe reicht nicht. Wir brauchen ein Verbot von Inlandflügen.» Rückendeckung erhält sie überraschenderweise aus der ganz rechten Ecke. SVP-Nationalrat Egger pflichtet der Gymi-Schülerin bei. Inlandflüge seien wirklich unnötig, so Egger. «Auch der Bundesrat ist nicht so wichtig, dass er nicht einfach auch den Zug nehmen könnte.»
Davon weniger begeistert ist die 13-Jährige Laurine Frauchiger. Sie sei noch nicht bereit, allen Komfort aufzugeben, und sie wolle doch noch die Welt entdecken – auch mit dem Flugzeug. Bundespräsidentin Sommaruga beschwichtigt: «Wir wollen hier niemandem verbieten, ins Flugzeug zu steigen. Es geht um eine Abgabe zwischen 30 bis 120 Franken pro Flugticket, die auch wieder an die Bevölkerung zurückgeht.»
Ohne viel Firlefanz schreitet nun Jonas Lüthy ans Rednerpult. Obwohl erst 16-jährig, macht er sich Sorgen um seine Altersvorsorge. Geht es nach ihm, sollte die Schweizer Bevölkerung, egal ob weiblich oder männlich, bis 66 arbeiten. Nur so könne die Finanzierung der AHV gewährleistet bleiben.
Sommaruga will das Loch in der Vorsorgekasse anders stopfen. Sie kämpft zusammen mit dem Bundesrat für eine Erhöhung der Mehrwertsteuer um 0,7 Prozent. In Lüthys Augen kein guter Plan. Mehrwertsteuererhöhungen würden sich auf die Konjunktur auswirken und bei solchen Schwankungen würden vor allem die Jungen bluten. «Sie verlieren bei Konjunkturschwankungen schneller ihren Job», so Lüthy. Eine Reform der Altersvorsorge, in welcher Form auch immer, müsse auch den Jungen helfen und sie nicht noch stärker belasten, fordert der 16-Jährige.
In einem Punkt sind sich alle Diskussionsteilnehmer einig: Die Politik muss handeln. «Sonst fliegt uns das alles bald um die Ohren», fasst SVP-Egger spitzzüngig zusammen. Ob sich die Parteien tatsächlich auf eine weitere AHV-Reform einigen können, die vor dem Volk nicht erneut Schiffbruch erleidet, wird sich zeigen.
Ein Streitpunkt wird weiterhin die Rentenaltererhöhung für Frauen bleiben. Viele Gleichstellungsverfechter wehren sich vehement dagegen. Ihr Argument: Solange es einen unerklärten Lohnunterschied zwischen Frauen und Männern gibt, sei es nicht gerechtfertigt, das Rentenalter für Frauen anzuheben.
Und damit schreitet Brotz bereits zum letzten Block der Jugend-«Arena»: der Gleichstellung. Die erst 13-Jährige Laurine Frauchiger tritt mit einer Präsenz ans Rednerpult, als hätte sie in ihrem Leben nichts anderes gemacht. Frauen und Männer seien noch nicht gleichgestellt, weil Frauen nicht alle Pflichten wahrnehmen. Sie spricht die Wehrpflicht an. «Wir alle sollten unserem Land etwas zurückgeben. Ich würde sehr gerne ins Militär.»
Selbstverständlich sei es auch in ihrem Sinne, dass mehr Frauen ins Militär gehen, so Sommaruga. Doch es hapere noch an ganz vielen anderen Stellen punkto Gleichberechtigung. «Seit 40 Jahren steht in der Bundesverfassung, dass Frauen und Männer für die gleiche Arbeit den gleichen Lohn erhalten – und das ist bis heute nicht der Fall.»
Nebst dem Lohn diskutiert die Runde auch das Manko an Frauen in den Teppichetagen. Beim Stichwort Quoten schaltet sich Wasserfallen ein: «Frauenquoten wären ein Rückschritt ins Mittelalter», poltert der FDPler. Ihm pflichtet die 13-jährige Frauchiger bei. «Ich möchte einen Job kriegen, weil ich die beste Kandidatin bin. Eine Quotenregel ist in meinen Augen sogar diskriminierender als gar keine Quoten.»
Bei der Diskussion um eine gemeinsame Elternzeit nickt Frauchiger zustimmend. Und sie ist nicht die Einzige. Alle Jugendlichen stehen der Idee einer gemeinsamen Elternzeit positiv gegenüber.
Ganz zum Schluss blicken Berchtold, Lüthy und Frauchiger etwas erleichtert, aber nicht minder streitlustig in die Kamera. Und anstatt ein Fazit zur Sendung zu ziehen – wie von Moderator Sandro Brotz gebeten – fordern sie einstimmig das Stimmrechtsalter 16. Verdient hätten sie es – mit Sicherheit.