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Der Präsident der Anti-EU-Lobby Pro Schweiz hat für Trump gestimmt

Stephan Rietiker, neu gewaehlter Praesident der Vereinigung "Pro Schweiz", Alt-Bundesrat Christoph Blocher, Silvia Blocher und Alt-Nationalrat Christoph Moergeli, von links, singen die Schwe ...
Von links nach rechts: Stephan Rietiker, Christoph, Silvia Blocher und Christoph Mörgeli.Bild: keystone

Der Präsident der Anti-EU-Lobby Pro Schweiz: «Ich habe 2016 und 2020 für Trump gestimmt»

Am Samstag gründeten Euroskeptiker und NATO-Gegner in Bern Pro Schweiz, eine neue Lobby, die von Christoph Blocher gesponsert wird. Präsidiert wird sie vomschweizerisch-amerikanischen Doppelbürger Stephan Rietiker.
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18.10.2022, 20:2419.10.2022, 04:57
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«Das ist Pro Patria.» Nicht ganz: Pro Schweiz. Der Freiburger SVP-Nationalrat Pierre-André Page ist mit der am Samstag in Bern gegründeten Souveränitätslobby noch nicht ganz vertraut. Er ist jedoch einer der dreizehn Persönlichkeiten, die den Vorstand bilden. Der einzige Romand. «Es war der Präsident der SVP-Fraktion im Bundesparlament, Thomas Aeschi, der mich gebeten hat, der Lobby beizutreten», berichtet er. Pierre-André Page, der an diesem Tag «im Ausland» war, konnte nicht an der Taufzeremonie teilnehmen.

Pro Schweiz, 25'000 Mitglieder, ist aus dem Zusammenschluss dreier Organisationen hervorgegangen, die gegen jegliche Annäherung der Schweiz an die Europäische Union waren:

  • Die Vereinigung für eine unabhängige und neutrale Schweiz (AUNS), deren Glanzstunde das Nein zum Beitritt der Schweiz zum Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) im Jahr 1992 unter der Führung von Christoph Blocher war.
  • Der Arbeitgeberverband gegen den Beitritt zur Europäischen Union.
  • Das Komitee «Nein zu einem schleichenden EU-Beitritt».

Auch dieses Mal sitzt Ex-Bundesrat Blocher, wenn nicht am Steuer, so doch an den Schalthebeln der Macht. Am Samstag in Bern stand der 82-jährige Vater des Alleingangs neben demjenigen, der Pro Schweiz präsidiert, dem 16 Jahre jüngeren Zuger Stephan Rietiker. Dieser ist SVP-Mitglied, hatte bisher zwei Auftritte in der SRF-Sendung «Arena», war bislang aber eher passiv. Der Mann ist Arzt, wohlhabend, hat genug Zeit und eine sehr EU-skeptische Haltung.

«Ich habe 2016 und 2020 für Trump gestimmt»

Stephan Rietiker ist eine Kuriosität: Er ist Doppelbürger. Schweizer und US-Amerikaner. Seine Kindheit verbrachte er in Kanada und Maine, wie die Neue Zürcher Zeitung berichtet. Zurück in der Schweiz, wo die Familie ihre Wurzeln zwischen Zug und Zürich hat, sprach er kein Wort Schweizerdeutsch. Er wurde Oberst in der Armee und Unternehmer im Gesundheitssektor, mit einem Bein in den USA, mit dem anderen im Zuger Eldorado.

Stephan Rietiker, neu gewaehlter Praesident der Vereinigung "Pro Schweiz", spricht waehrend der Gruendungsversammlung, am Samstag, 15. Oktober 2022, in Bern. (KEYSTONE/Peter Klaunzer)
Stephan Rietiker während der Gründungsversammlung der «Pro Schweiz» am 15. Oktober.Bild: keystone

Er hat zweimal für Trump und einmal mit «Nein» zum Covid-Gesetz gestimmt. Er erklärt watson: «2016 habe ich Trump gewählt, weil Clinton wirklich zu links war. 2020 habe ich gezögert, aber Biden erschien mir in jeder Hinsicht schwach, also habe ich wieder für Trump gestimmt, ein bisschen aus Versehen.» Stephan Rietiker will glauben, dass:

«Wenn Donald Trump wiedergewählt worden wäre, hätte sich Wladimir Putin wahrscheinlich nicht in den Krieg gegen die Ukraine gestürzt.»

Das Covid-Gesetz des Bundesrates erschien ihm «ungerecht» und «bewusst ignorant gegenüber anderen Behandlungsmöglichkeiten», wie er am Samstag in seiner Rede zur Aufnahme von Pro Suisse in die eidgenössische Landschaft bekräftigte. Stephan Rietiker hat sich zwar impfen lassen, aber nur mit einer Dosis. Diese habe ihm eine «Thrombose» beschert, sagt er.

In Frankreich würden seine Äusserungen, die von Misstrauen gegenüber der NATO und Brüssel geprägt sind, zu einer Le Pen passen, in Italien zu einem Salvini. Am Samstag griff er die Aussenpolitik des Bundesrates, seine Entscheidungen in den Bereichen Gesundheit, Energie und Migration sowie die Wokes und den Progressivismus im Allgemeinen an und beklagte die Auswirkungen der Cancel Culture. Die Grünen sind eindeutig sein ideologisches Ziel.

Die Hardliner-Rechte

Stephan Rietiker und das Komitee der «13» verzeihen dem Bundesrat nicht, dass er die Neutralität «geschwächt» hat, indem er die gegen Russland verhängten EU-Sanktionen übernahm. Pro Schweiz, zu der der SVP-Historiker Hans Schlüer, der Zürcher Ideologe Christoph Mörgeli und der Vordenker der Anti-Burka-Initiative Walter Wobmann gehören, plädiert für eine strikte «bewaffnete Neutralität», die sich von der NATO fernhält, und für eine Schweiz, die der EU den Rücken kehrt und sich stattdessen Asien, den USA und dem Vereinigten Königreich zuwendet.

Was wird Pro Schweiz tun? Als Erstes wird sie sich aktiv an der Lancierung der Initiative für «eine dauerhafte, bewaffnete und integrale Neutralität beteiligen», die Christoph Blocher im nächsten Monat lancieren will. Vielleicht wird sich die Vereinigung auch an den eidgenössischen Wahlen 2023 beteiligen, vielleicht aber auch nicht. Das ist noch nicht entschieden. Aber seine Absicht ist es, «Brücken zwischen der SVP, der rechten Seite der FDP und der rechten Seite des Zentrums» zu bauen.

Pierre-André Page, der Romand im Komitee der 13, der es vorgezogen hätte, dass die Schweiz über ein eigenes Sanktionspaket gegen Russland abstimmt, anstatt die Sanktionen der EU zu übernehmen, und der, nebenbei bemerkt, 2021 für das Covid-Gesetz gestimmt hat, hat Stephan Rietiker noch immer nicht getroffen. «Wir haben uns bisher per E-Mail ausgetauscht, ich auf Französisch, er auf Deutsch, offensichtlich verstehen wir uns», gesteht Pierre-André Page. Der mit einer Prise Humor in der Stimme hinzufügt:

«Wissen Sie, in der SVP gibt es die extreme Rechte und die Gemässigte, je weiter man nach Bern und in die Westschweiz geht.»

Das nächste Treffen der Euroskeptiker findet am 2. Dezember im Albisgüetli in Zürich statt. «Zum Jubiläum des Neins zum EWR», freut sich Stephan Rietiker. Das war vor 30 Jahren.

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248 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Mondblüemli
18.10.2022 21:02registriert Oktober 2021
Der Verein müsste wohl eher Pro Russland heissen. Scheint ein demokratie-, wirtschafts- und wissenschaftsfeindlicher Haufen zu sein.
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Kanzo
18.10.2022 20:50registriert Mai 2022
"NATO-Gegner", kann man genau so gut, in diesen Zeiten sagen Putin-Versteher.
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Scaros_2
18.10.2022 20:55registriert Juni 2015
Oh gott - heute definitiv zu viel schlechtes Internet gesehen.
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