«Ich sehe aus wie ein Hippie. Auch bei Regen und Schnee laufe ich mit Sandalen und kurzen Hosen rum. FĂŒr meine Maturaarbeit entwickle ich eine Schneekanone fĂŒr den Garten. Und ich wĂ€hle SVP, weil sie sich fĂŒr eine starke und eigenstĂ€ndige Schweiz einsetzt.» Das sagt ein junger Mann mit langen Haaren in einem Wahl-Spot. Rund ein Dutzend solcher Videos sind auf der Internetseite falschgedacht.ch aufgeschaltet. Die Schweizerische Volkspartei will sich von ihrem Image verabschieden. Nicht Langweiler, SpiessbĂŒrger und Ewiggestrige wĂŒrden sie wĂ€hlen, sondern Ărzte, berufstĂ€tige MĂŒtter und Metal-Fans.
Die Kampagne fĂŒr die ZĂŒrcher Kantonsratswahlen wird wohl auch fĂŒr die Nationalratswahlen im Herbst gefĂŒhrt, wie Albert Rösti, PrĂ€sident der SVP Schweiz, gegenĂŒber Tele M1 erklĂ€rt: «Wir werden in den Medien oft als Abschotter bezeichnet, was völlig falsch ist.
Wir sind eine weltoffene Partei, eine Partei, die Freiheit verkörpert und mit anderen LĂ€ndern Handel betreiben möchte.» Das zeige man mit der Breite an WĂ€hlern, von der die SVP unterstĂŒtzt werde.
Statt ein politisches Thema in den Vordergrund zu stellen, spricht die Partei mit den Videos gezielt einzelne Bevölkerungsgruppen an. Aber wie authentisch sind Aussagen wie «Ărzte wĂ€hlen SVP»? Lukas Golder, Politkwissenschaftler vom Umfrageinstitut gfs Bern, erklĂ€rt: «Die SVP ist bei den jungen WĂ€hlern am stĂ€rksten, und man kann sagen, dass sie bei Leuten mit akademischem Hintergrund mit die stĂ€rkste Partei ist. So gesehen kann sie fĂŒr fast alle Gruppen fĂŒr sich in Anspruch nehmen, dass sie gut aufgestellt ist. Sie ist eine Volkspartei.»
Den grossen Coup werde man mit den Werbefilmen trotzdem nicht landen, ist der Experte ĂŒberzeugt. «Die Kampagne ist wenig ĂŒberraschend, auch im Stil und in der Ansprache. Es ist noch keine neue Form, wie man die Leute individuell abholen könnte.» Er sehe kein Potenzial fĂŒr einen viralen Hit, so das Fazit von Golder.
Nach der Selbstbestimmungs-Kampagne und dem ĂŒberparteilichen EU-No Komitee sind die Videos ein weiterer Versuch der SVP, sich ohne Provokation als breite Bewegung zu positionieren. Dies in einem Wahljahr, in dem die Migration, das Hauptthema der Partei, wenig aktuell ist.