Der Zürcher SVP-Nationalrat Roger Köppel bleibt durch die Immunität vor Ermittlungen wegen Amtsgeheimnisverletzung geschützt. Die Immunitätskommission des Nationalrats ist der Rechtskommission des Ständerates gefolgt. Das Büro des Nationalrats soll nun Disziplinarmassnahmen gegen Köppel prüfen.
Zwar geht die Immunitätskommission des Nationalrates (IK-N) davon aus, dass der Nationalrat und Verleger mit dem direkten Zitieren aus einem als «vertraulich» klassifizierten Dokument «das Kommissionsgeheimnis verletzt und die Position der aussenpolitischen Kommission damit massiv geschwächt hat», wie die IK-N am Montag mitteilte.
Das Interesse an einer Strafverfolgung durch die Bundesanwaltschaft sei aber in diesem Fall sehr gering, weil in erster Linie das Parlament und dessen Kommissionen selbst die Geschädigten seien. Mit 4 zu 0 Stimmen bei 4 Enthaltungen stiess die IK-N deshalb ihren ersten Entscheid von Mitte Mai um und verzichtet nun ebenfalls auf eine Aufhebung von Köppels Immunität.
Mit 5 zu 3 Stimmen sprach sie sich indes dafür aus, das Büro des Nationalrates zu ersuchen, gegen Köppel eine Disziplinarmassnahme zu ergreifen. Sie folgte damit auch hier dem Vorschlag der Rechtskommission des Ständerates (RK-S).
Die RK-S hatte Ende Juni mit 9 zu 0 Stimmen bei 3 Enthaltungen entschieden, es ergebe keinen Sinn, wenn sich die Bundesanwaltschaft mit dem mutmasslichen Verstoss des Kommissionsgeheimnisses beschäftigen müsse. Es gehe im vorliegenden Fall eher um die allfällige Nichteinhaltung der parlamentsinternen Regeln und Gepflogenheiten.
Nationalrat Köppel wird vorgeworfen, im März in seinem Podcast «Weltwoche Daily» vertrauliche Informationen, zu denen er als Mitglied der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrates (APK-N) Zugang hatte, veröffentlicht zu haben.
Konkret berichtete er über eine Durchsuchung bei der lokalen Tochterfirma des Schweizer Uhrenherstellers Audemars Piguet in Moskau. Dabei soll der russische Inlandgeheimdienst wegen angeblicher Zollvergehen Uhren im Wert von mehreren Millionen Franken beschlagnahmt haben.
Köppel hatte vor der IK-N erklärt, dass er von den fraglichen Informationen als Journalist vor dem Erhalt der Kommissionsunterlagen Kenntnis gehabt habe. Er hatte jedoch auch mehrmals betont, er verzichte freiwillig auf seine parlamentarische Immunität. Faktisch ist dies aber gar nicht möglich. Für Köppel gilt die Unschuldsvermutung.
Nach der Einreichung einer Strafanzeige durch die APK-N ersuchte die Bundesanwaltschaft die zuständigen Parlamentskommissionen um die Aufhebung von Köppels Immunität.
Das Büro hatte derweil Mitte Mai seinen Entscheid über die Eröffnung eines Disziplinarverfahrens vertagt, bis ein endgültiger Entscheid betreffend Immunität respektive Strafverfahren vorliegt. Mit dem Verzicht beider Kommissionen auf die Aufhebung von Köppels Immunität ist dies nun der Fall.
Gemäss Angaben der IK-N ermöglicht das Parlamentsrecht bei einer Verletzung des Amtsgeheimnisses weitreichende Massnahmen gegen ein Parlamentsmitglied. Bei schwerwiegenden Verstössen sieht der entsprechende Artikel die Möglichkeit eines Verweises oder den Ausschluss aus Parlamentskommissionen bis zu einem halben Jahr vor.
Einen definitiven Entscheid gab es bereits im Fall von Nationalrat Fabian Molina (SP/ZH). Gegen ihn kann die Zürcher Staatsanwaltschaft wegen dessen Teilnahme an einer unbewilligten Gegenkundgebung zu einer Demonstration von Kritikern der Corona-Massnahmen und gegen Rechtsextreme ermitteln.
Beide zuständige Parlamentskommissionen sahen übereinstimmend keinen Zusammenhang zwischen dem Vorwurf an Molina und dessen Nationalratsamt. Er ist also nicht durch die parlamentarische Immunität geschützt. (aeg/sda)
Jaques Nicolet
Pierre-André Page
Mauro Tuena
Ansonsten erstaunt mich vor allem die Begründung: ein Rechtsverstoss ist nicht Aufgrund des eingetretenen Resultats plötzlich hinnehmbar. Nur weil ich keinen Unfall baue, kann ich auch nicht mit 180 durchs Dorf brettern...