Schweiz
SVP

Campax fehlen Spenden, sonst droht sie kleiner zu werden

Ein Tschechischer Wolfshund schnappt sich die Maske mit dem Bild von Bundesrat Albert Roesti, nach der Einreichung einer Petition gegen den Wolfsabschuss, am Donnerstag, 28. September 2023, in Bern. ( ...
Aufnahme vom Tag, an dem Campax seine Petition gegen den Wolfsabschuss einreichte.Bild: KEYSTONE

Der linken Guerilla-Bürgerbewegung Campax fehlen 480'000 Franken

Mit provokativen Kampagnen sorgte Campax, die grösste Bürgerbewegung in der Schweiz, immer wieder für Furore. Nun muss sich der Verein um seine Zukunft sorgen. Und das erst noch in einem Jahr, in dem die Schweiz einen Rechtsrutsch erlebte.
07.12.2023, 18:0308.12.2023, 06:31
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«Der Meister des Shitstorms», titelte die NZZ 2017, als der Greenpeace-Aktivist Andreas Freimüller den Verein Campax gründete. Sein Ziel: Eine Bürgerbewegung zu schaffen, die mit ihrem Engagement für Klimagerechtigkeit, Gleichstellung, Tierrechte und Menschenrechte ein Gegengewicht zur «konservativen Dominanz» in der Schweizer Politik darstellen kann. Das macht der Verein inzwischen auch mit allerlei Petitionen, Kampagnen, Demonstrationen und Aktionen, die häufig für viel Wirbel sorgen.

So etwa eine Kampagne diesen Sommer. Campax verteilte Briefkasten-Aufkleber mit dem Sujet eines Schäfchens, das die Parteilogos von SVP und FDP wegkickt.

Die Kleber gab es zunächst in zwei Varianten zu bestellen – ein Mal mit einem weissen Schaf und ein Mal mit einem, das ein T-Shirt mit der Aufschrift «FCK NZS» – kurz für «Fuck Nazis» – trägt. Nach Kritik zog Campax die Tshirt-Variante zurück und versendete keine solchen Sticker.

In diesem Jahr sammelte Campax aber auch weniger provokativ 47'000 Unterschriften für eine Petition gegen den Wolf-Abschuss. 2022 organisierte der Verein über 100'000 Unterkünfte für Geflüchtete aus der Ukraine. Und: «Dank Campax kann der Bundesrat nicht mehr in Eigenregie Waffenexporte in Bürgerkriegsländer bewilligen. Und auch dank Campax werden Monatshygieneprodukte nicht mehr wie Luxusgüter besteuert», sagt Itziar Marañón von Campax mit Stolz.

Inzwischen bezeichnet sich die Organisation als die grösste Bürgerbewegung der Schweiz. Doch diese droht nun auseinanderzufallen. Campax schreibt:

«Wenn wir bis zum 7. Februar nicht 480'000 Franken an Spenden sammeln, wird es Campax und unsere Arbeit in der heutigen Form und Stärke nicht mehr geben.»

Rezession ist spürbar

Campax ist ausschliesslich spendenfinanziert. Und in diesem Jahr hat der Verein ausgebaut. «Doch leider konnten die Investitionen aus unseren Reserven nicht in gleichem Masse durch Spenden wieder aufgefangen werden.» Man habe damit gerechnet, dass ab Sommer 2023 die Einnahmen höher sein würden als die Ausgaben. Doch dem war nicht so. Campax vermutet, dass dies auch auf die Rezession und die steigenden Lebenshaltungskosten zurückzuführen ist. Nun steht man vor einem finanziellen Engpass.

«Wir haben aktuell Fixkosten von 125'000 Franken pro Monat. Dementsprechend reichen 480'000 Franken aus, um den Betrieb für drei weitere Monate aufrechtzuerhalten sowie 105'000 Franken für die Liquidität in schwierigen Zeiten bereitzuhalten», sagt Marañón. Campax verschickt am Donnerstagabend darum per Mail einen Spendenaufruf an ihre bisherigen Spenderinnen und Spender.

Kommt das Geld nicht zusammen, bedeutet das zwar nicht automatisch das Ende der Bürgerbewegung. Aber: «Wir wären gezwungen, Teams zu verkleinern, Kampagnen zurückzufahren oder ganz wegzulassen. Und leiser zu werden», sagt Marañón.

Dabei müsse eine junge Organisation eigentlich wachsen und professioneller werden. Man wolle vom Start-up zu einer etablierten Organisation werden, die nicht nur «top Kampagnen» mache, sondern auch zeitgemässe Anstellungsbedingungen biete. «Aber damit das funktioniert, müssen die Einnahmen mit den Ausgaben mithalten, und hier liegt das Problem: Spendeneinnahmen schwanken stark und es liegen zu viele magere Monate hinter uns.»

Dass die Bürgerbewegung schwächer werden könnte, und das ausgerechnet zu der Zeit, in der das Schweizer Parlament nach rechts gerutscht ist, bereitet Marañón Sorgen. Denn: «Wir sind überzeugt, dass wir mit unserem erstmaligen Eingreifen bei nationalen Wahlen 2023 durch unsere unorthodoxen Kampagnen einen stärkeren Rechtsrutsch verhindert haben.» Sie hofft darum, dass mit dem Spendenaufruf die Zukunft der Organisation gesichert werden kann.

(aye)

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118 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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FACTS
07.12.2023 18:41registriert April 2020
Monatlich "Fixkosten von 125'000 Franken"???

Da gibt es grosse Parteien, die das nicht einmal als Jahresbudget haben. Die grösste Bürgerbewegung der Schweiz scheint nicht allzu viele Bürger zu mobilisieren, wenn sie deren Leistungen derart einkaufen muss. Und allzu transparent scheint mir die Mittelverwendung auch nicht zu sein, einen Rechenschaftsbericht konnte ich jedenfalls auf deren Webseite nirgends finden. Ich teile zwar einige Anliegen, aber spende lieber, wo ich weiss, wofür mein Geld verwendet wird.

Aber es kann ja jeder selbst entscheiden, wen oder was er unterstützen will.
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Hadock50
07.12.2023 19:20registriert Juli 2020
Würde mich interessieren wie die Ausgaben von 125 000 / mt zustande kommen.
Sooo viel Aktionen vom Campax bekomme ich nicht mit.

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Hierundjetzt
07.12.2023 18:14registriert Mai 2015
Vom Wolf bis zur Ukrainerinnen unterbringen ist alles dabei.

Logisch zerfällt der Verein in Beliebigkeit.

Fokus Fokus Fokus.
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