Ein Luxusflug beinhaltet neben der Ausstattung im Flugzeug weit mehr: Der gut betuchte Passagier wird vom Chauffeur zu Hause abgeholt und zum Terminal gebracht, wo der Gast vor dem Flug in einer privaten Lounge oder mit einem Spa-Aufenthalt perfekt auf die Reise eingestimmt wird.
Im Flugzeug wird der Passagier dann mit Sternemenüs, Designer-Pyjama und Kingsizebett verwöhnt. Eine private Kabine hat fünf Fenster. Den anderen Fluggästen kann man die gesamte Reise über aus dem Weg gehen.
Solche Luxus-Behandlungen bekommen Gäste der Air France, die einen Flug für «La Première» buchen, schreibt die NZZ. Seit März bietet die französische Airline die aufgerüstete erste Klasse für Luxus-Reisende an.
Viele Airlines auf der ganzen Welt legen die erste Klasse neu fest. Die Sitze werden weniger, dafür aber exklusiver. Die erste Klasse ist somit nicht nur ein «bisschen» luxuriöser als die Businessclass, sondern «viel» luxuriöser – und auch viel teurer.
Gemäss einem Preisvergleich kostet ein Retourflug im kommenden Herbst in der luxuriösen neuen ersten Klasse der Air France von Paris nach Los Angeles rund 19'000 Franken. Eine Reise der Swiss zur gleichen Zeit von Zürich nach Los Angeles und zurück muss mit «nur» 9000 Franken berappt werden.
Der Grund für diesen Preisunterschied ist, dass es sich beim Swiss-Flug noch um die alte Generation des First-Class-Produktes handelt.
Die Swiss ist weltweit die einzige Fluggesellschaft, bei der jedes ihrer Langstreckenflugzeuge eine erste Klasse enthält. Nun will auch sie ein «Luxus-First-Class»-Angebot auf den Markt bringen. Im Herbst werden neue Langstreckenmaschinen des Typs Airbus 350 in Betrieb genommen. Diese sind mit neuen Luxus-Kabinen ausgerüstet.
Die neue First Class ist 2,4 Quadratmeter gross und könnte auch mit einem Hotelzimmer verwechselt werden. Für Paare gibt es auch das Angebot eines Doppelbettes. Bei der «Swiss Senses»-Kabine wurde «Allegris» der Lufthansa als Vorbild genommen. Für ihre Boeing-777 soll es sogar noch luxuriöser werden. Mit der «Triple Seven» möchte die Swiss Destinationen an der amerikanischen Westküste bedienen, denn dort haben die potenziellen Fluggäste ein besonders dickes Portemonnaie.
Genauer möchte die Airline Superreiche als Kunden gewinnen, die ansonsten mit dem Privatjet reisen. Das schreibt die Swiss auf Anfrage der NZZ am Sonntag: «Wir beobachten zunehmend, dass sich unsere Gäste – besonders im Premiumsegment – mehr Exklusivität und Individualität wünschen.» Dies habe man auch bei einer Reise im Privatjet als Ziel. «Und wir setzen alles daran, diesen Erwartungen gerecht zu werden», schreibt die Swiss weiter.
Was die Gäste für die neue Luxus-First-Class hinblättern müssten, ist noch unbekannt. Jedoch ist eine Erhöhung der Preise für die Erstklass-Produkte sehr wahrscheinlich. Es stellt sich nun die Frage, wer zu diesem illustren Kreis gehören wird, der sich solche Flüge leisten kann.
Benjamin Smith, der kanadische Chef der französisch-niederländischen Luftfahrtholding Air France-KLM, meinte kürzlich in einem Interview mit dem «Wall Street Journal»: «Wir sehen eine Explosion bei Leuten, die erste Klasse fliegen, dies aber nicht unbedingt aus geschäftlichen Gründen tun, sondern weil sie etwas erleben möchten.»
Laut Smith gebe es auch Fluggäste, die vier Plätze für nur eine einzige Person buchen. «So haben sie die komplette Privatsphäre. Das finden sie besser als in einem Privatjet. Das ist ziemlich neu», erklärt er. Mehrere Plätze zu buchen, sei auch immer noch günstiger, als einen Privatjet zu mieten.
Ob dieses Szenario auch bei der Swiss zukünftig möglich ist, behält sich das Unternehmen vor: «Details zur konkreten Kommerzialisierung der Sitze sind derzeit in der finalen Erarbeitung, wobei es in jedem Fall mehr Varianten geben wird als heute», meint die Swiss.
Sicher ist, dass vermögende Privatjet-Kunden gewinnbringende Gäste wären. Solche Leute bevorzugen es, auf langen Strecken privat zu bleiben. Vor allem in der Corona-Pandemie war das Fliegen mit Privatjets äusserst beliebt. Obwohl diese Reiseform ein wenig abgenommen hat, sind die Prognosen der Branche positiv.
Eine Flugstunde in einem Privatjet kostet je nach Modell zwischen 2500 und 10'000 Euro. Zum Klientel gehören dabei aber nicht nur Millionäre, sondern auch Gutverdienende ohne diesen Status. Obwohl die Schweiz flächenmässig klein ist, ist sie besonders beliebt für Privatjets.
Im Winter fliegen vermögende brasilianische Skitouristen beispielsweise direkt nach Samedan, um danach in St. Moritz einen kurzen Weg zur Piste zu haben. Laut der European Business Aviation Association (EBAA) ist Genf der drittgrösste europäische Flughafen für Privatflugzeuge. Davor kommen nur noch Paris Le Bourget und Nizza.
Es kommt auch die Frage auf, ob sich das Ganze für die Airlines finanziell lohnt, wenn sie die Preise für die vordersten Sitze im Flugzeug so stark erhöhen. Moritz Lindner, Gründer des auf Luxusreisen spezialisierten Portals Reisetopia, meint dazu gegenüber der NZZ: «Die in den vergangenen Jahren begonnene Segmentierung setzt sich hier fort.» Gemeint ist damit, dass die Airlines von jedem Fluggast die maximale Zahlungsbereitschaft erreichen möchten.
Angefangen hat die Bewegung mit der «Premium Economy». Auch bei der Businessclass gibt es Zusatzleistungen, welche sich im Preis niederschlagen. «Die neuen First-Class-Produkte sind gewissermassen die Spitze der Segmentierung. Die Airlines haben hier einen sehr kleinen, aber sehr lukrativen Markt ausgemacht», meint Moritz Lindner.
Erreichen möchten die Fluggesellschaften vor allem Passagiere aus Nordamerika und dem Mittleren Osten. «Der europäische Markt für diese Art von Luxus-First-Class ist zwar auch vorhanden, aber deutlich kleiner – dafür allein würde sich so etwas für die Airlines nicht rechnen», sagt Moritz Lindner. Die Swiss beziehungsweise die Lufthansa möchte somit mit ihrem neuen First-Class-Angebot Emirates, der japanischen ANA, Singapore Airlines sowie Air France Konkurrenz machen. (kek)