Über den Wolken herrschen bei der Swiss andere Mode-Regeln als am Boden. Und das stört die Kabinen-Crew schon länger. 2019, im Jahr vor der Pandemie, ging deren Personalverband Kapers in die Offensive. In seinem Mitgliedsmagazin veröffentlichte er einen Artikel mit dem Titel «Geisha der Lüfte – Uniform und Sexismus».
Eine Uniform zu tragen, bedeutete, in eine Rolle zu schlüpfen, «diejenige nämlich, welche uns das Image verleiht, das die Firma ausstrahlen will», hiess es im Artikel. Und dieses Image sei praktisch bei allen grossen Airlines dasselbe: dasjenige der Frau als Objekt, der Geisha der Lüfte.
Und weiter: «Kriegen wir mitten im Sommer genügend Luft in einem seit 5 Minuten gekühlten Flugzeug, schweissgebadet in Uniformjacke und Strümpfen? Warum ist es Vorschrift, dass wir Lippenstift verwenden? Warum müssen wir geschminkt sein? Werden damit die Träume unserer Passagiere angeregt? Werden mit diesem Barbiepuppen-Image unsere extrem tiefen Saläre gerechtfertigt, indem man uns der Kaste ‹hübsches Ding, grad gut genug zum Lächeln› zuteilt?»
Die Kapers forderte in Gesprächen mit der Swiss eine Lockerung der rigiden Uniformregeln. Doch während der Pandemie hatte die Airline freilich andere Sorgen. Inzwischen floriert die Aviatik allerdings wieder. Die Swiss dürfte 2023 ein Rekordergebnis eingeflogen haben. Dies hat es der Kapers ermöglicht, das Thema wieder auf den Tisch zu bringen. Mit Erfolg. «Die Swiss hat ihr Uniformreglement für das Kabinenpersonal endlich angepasst», sagt Kapers-Sprecher Steve Broghammer. Zwar seien nicht alle Forderungen erfüllt worden. «Aber es ist ein grosser Schritt in die richtige Richtung.»
CH Media liegen die wichtigsten Punkte vor, welche die Swiss modernisiert hat. So ist neu für weibliche Flight Attendants die Lippenstiftpflicht aufgehoben. Das Bemalen der Lippen störte die Kapers auch deswegen, weil die Flight Attendants die Kosten dafür selber tragen mussten, genauso wie für die obligatorischen Strümpfe beim Tragen eines Uniformjupes.
Wer einen Jupe trägt, muss auch weiterhin Strumpfhosen tragen. Neu dürfen aber auch blickdichte und medizinische Strumpfhosen in Kombination mit Jupes getragen werden, und die Beine müssen nicht rasiert sein.
Schminken – mit Make-up, Lippenstift oder Nagellack – dürfen sich neu alle Flight Attendants, also nicht nur Frauen. Im Gegenzug ist es nun Frauen erlaubt, Krawatten zu tragen. Tattoos sind mit gewissen Einschränkungen erlaubt. So dürfen sie nicht im Gesicht oder auf den Händen angebracht sein und keine stossenden Sujets zeigen.
Auch bei den Frisuren gibt sich die Swiss lockerer. Perücken sind nun auch aus nicht-medizinischen Gründen erlaubt. Und die Swiss akzeptiert neu so genannte Twists und Cornrows, die je nach Stil auch als Rastas bekannt sind.
Die Airline erlaubt im neuen Regelwerk auch Piercings und Zahnschmuck. Schnürschuhe dürfen neu auch in Kombination mit einem Jupe getragen werden. Noch vor einigen Jahren waren diese weiblichen Flight Attendants gänzlich untersagt.
Doch weshalb reagiert die Swiss erst 2024 auf den gesellschaftlichen Wandel und hielt derart lange an sexistischen Regeln fest? Bei Airlines in asiatischen und arabischen Ländern gelten zuweilen nach wie vor deutlich strengere Regeln. Viele westliche Fluggesellschaften haben ihre Richtlinien allerdings in letzter Zeit gelockert.
Hinzu kommt aber vor allem, dass die Swiss dringend auf neues Flugpersonal angewiesen ist, im Cockpit wie auch in der Kabine. Und je strenger die Uniformregeln, desto kleiner der Pool an möglichen Kandidaten. Denn auch wenn jemand alle berufstechnischen Voraussetzungen erfüllt, kommt die Person je nach Tattoo- oder Frisuren-Vorliebe nicht in Frage.
Pikant: Vergangenen Sommer gab Air Baltic eine Lockerung ihres Uniformreglements bekannt. Jene Fluggesellschaft also, die im Namen der Swiss seit Sommer 2022 zahlreiche Flüge in Europa ausführt. Die meisten Tattoos, Haarschnitte und Piercings wurden damit der Air-Baltic-Crew erlaubt, während sich die Swiss nach wie vor zierte. (aargauerzeitung.ch)
Ganz ehrlich, solange die Sicherheit an Bord gewährleistet ist und man sie als Flugbegleiter und Flugbegleiterinnen erkennt, ist mir eigentlich Schnuppe, wie sie aussehen. Und meines Wissens braucht es weder Lippenstift noch eine besondere Frisur, zum Öffnen der Kabinentür in einem Notfall oder dem Servieren eines kühlen Getränks während eines ruhigen Fluges😉