Status S für Ukraine-Flüchtlinge hängt neu von Herkunftsregion ab
Ob Geflüchtete aus der Ukraine in der Schweiz den Schutzstatus S erhalten, hängt ab 1. November davon ab, woher sie kommen. Das hat der Bundesrat entschieden. Gleichzeitig beschloss er, den Status S bis Anfang März 2027 aufrechtzuerhalten.
Mit der unterschiedlichen Behandlung je nach Herkunftsregion will der Bundesrat eine Forderung aus dem Parlament erfüllen. Die Räte überwiesen dazu eine Motion von Ständerätin Esther Friedli (SVP/SG). Je nach Herkunftsgebiet gilt eine Rückkehr dorthin als zumutbar oder als nicht zumutbar.
Sieben Gebiete im Westen des Landes
Zurzeit als zumutbar gilt eine Rückkehr in sieben Gebiete im Westen des Landes. Konkret sind es die Regionen Wolyn, Riwne, Lwiw, Ternopil, Transkarpatien, Ivano Frankivsk und Tscherniwzi. Das Staatssekretariat für Migration (SEM) überprüft die Liste laufend aufgrund der Sicherheitslage und passt sie gegebenenfalls an.
Die neue Regel gilt ab kommendem 1. November. Angewendet wird sie bei allen Gesuchen, die ab diesem Stichtag geprüft werden, auch wenn sie vorher eingereicht worden sind. Neues gilt ab 1. November auch für Heimat-Reisen: Wer den Status S hat, darf nur noch 15 Tage pro Halbjahr statt wie heute 15 Tage pro Quartal in die Ukraine reisen.
Die Unterscheidung nach Herkunftsregion gilt nicht für jene Menschen, die mit Schutzstatus in der Schweiz leben. Auch bei Familienmitgliedern von Ukraine-Flüchtlingen mit Status S, die noch in der Ukraine sind, wird die neue Bestimmung nicht angewendet.
Gesuche werden einzeln geprüft
Wie heute schon prüft das SEM jedes Gesuch von Ukraine-Flüchtlingen einzeln. Gesuchstellende aus einem der Gebiete, in das eine Rückkehr zumutbar ist, werden weggewiesen. Ist eine Wegweisung nicht zulässig oder aus individuellen Gründen nicht zumutbar, werden die Betroffenen vorläufig aufgenommen.
Wer den Schutzstatus nicht erhält, kann ein Asylgesuch stellen, muss aber das Asylverfahren durchlaufen. Ukrainerinnen und Ukrainer können heute ohne Visum und mit dem erforderlichen Ausweis für bis zu 90 Tage in die Schweiz einreisen. Wollen sie jedoch arbeiten, benötigen sie ein Visum.
Die Schweizer Flüchtlingshilfe (SFH) kritisierte die künftige unterschiedliche Behandlung der Ukraine-Flüchtlinge in der Schweiz. «Der Bundesrat beugt sich dem politischen Druck», schrieb sie in einer Mitteilung, «anstatt seine Entscheidung an der tatsächlichen Bedrohungslage auszurichten».
Nachdem Friedli ihre Motion im März 2024 eingereicht habe, habe der Einsatz von Drohnen und Raketen abseits der Front zugenommen, schrieb die SFH. Drohnenangriffe habe es in den letzten Monaten auch in den nun als sicher eingestuften Regionen gegeben. In jeder dieser Regionen seien Zivilpersonen bei Kampfhandlungen umgekommen.
Den Schutzstatus S an sich will der Bundesrat indes bis 4. März 2027 weiterführen. Erstmals angewendet wurde der Schutzstatus Anfang März 2022, in der Folge des russischen Angriffs auf die Ukraine. Der Bundesrat entschied seither mehrmals, den Status nicht aufzuheben.
In Abstimmung mit der EU
Das tat er nun ein weiteres Mal am Mittwoch. Dass sich die Lage in der Ukraine nachhaltig stabilisiere, sei nicht absehbar, trotz internationaler Friedensbemühungen, schrieb der Bundesrat dazu. Eine sichere Rückkehr sei mittelfristig nicht realistisch.
Dem Bundesrat ist es zudem wichtig, beim Status S im Einklang mit der EU vorzugehen. Deren Mitgliedstaaten beschlossen schon im Sommer, den Schutzstatus bis zum 4. März 2027 zu verlängern, «ohne geografische Einschränkung», wie der Bundesrat schrieb.
Verlängert hat die Landesregierung auch die Unterstützung für Menschen mit Status S. Die Kantone erhalten also weiterhin vom Bund 3000 Franken pro Kopf und Jahr für die Integration der Geflüchteten. Das Geld ist namentlich für Sprachkurse sowie für den Zugang zu Ausbildungen und zum Arbeitsmarkt vorgesehen. (sda)
