Mehrheit der Schweizer Richter will ihre Wiederwahl abschaffen
Ein grosser Teil der Schweizer Richterinnen und Richter sieht massive Defizite im Justizsystem. Dies zeigt eine Umfrage der Schweizerischen Vereinigung der Richterinnen und Richter (SVR).
Die Ergebnisse der Umfrage, an der 935 Richterinnen und Richter aller Instanzen teilnahmen, zeigen, dass rund 40 Prozent ihre eigene Unabhängigkeit infrage stellen. Konkret lautete die Frage:
Parteien haben grossen Einfluss
In der Schweiz haben politische Parteien einen grossen Einfluss auf die Richterwahl. In keinem anderen europäischen Land gibt es vergleichbare Verhältnisse. Rund 75 Prozent derjenigen, die an der Umfrage teilgenommen haben, wurden nach Empfehlung durch eine Partei in ihr Amt gewählt.
Dazu kommt: Die betroffenen Richter müssen eine jährliche Parteisteuer bezahlen. Diese Mandatsabgabe beträgt teils mehrere Tausend Franken, wie der Tages-Anzeiger schreibt. Ganze 83 Prozent der Befragten gaben an, die Parteisteuern würden das öffentliche Vertrauen in ihre Unabhängigkeit beeinträchtigen, 75 Prozent sprechen sich gar für ein Verbot aus.
Auf die Frage, ob sie sich Sorgen betreffend einer Wiederwahl machen würden, wenn sie ablehnen würden, die Mandatsabgabe zu bezahlen, antworteten 75 Prozent mit Ja oder «eher Ja».
Wiederwahl soll abgeschafft werden
Eine deutliche Mehrheit der befragten Richterinnen und Richter will die Wiederwahl an sich abschaffen. 64 Prozent sprechen sich für eine Einmalwahl aus, also dass Richterinnen bis zum Ruhestand im Amt bleiben sollen. Bei grobem Fehlverhalten soll die Möglichkeit einer Abberufung bestehen, wie es sie in den meisten europäischen Ländern gibt.
60 Prozent lehnen weiter die Zusammenstellung der Gerichte nach Parteienstärke ab – diese ist heute gegeben. Gesellschaftliche Werte sollen nicht über die politischen Parteien, sondern anders repräsentiert werden.
(rbu)
