Der Herbst ist da: Am Abend wird es früh dunkel, auch am Morgen ist die Nacht lang. Das ist gefährlich für Rehe, Füchse und Dachse, die von den Autofahrerinnen und Autofahrern zu oft spät oder nicht gesehen werden. Tausende Wildtiere kommen jedes Jahr auf der Strasse ums Leben.
Allein dem Versicherer Axa werden jedes Jahr über 3000 solcher Unfälle gemeldet, was Schäden in der Höhe von bis zu 10 Millionen Franken verursacht. Die Helvetia-Versicherung im Vergleich meldet für das laufende Jahr bereits 1150 Tierunfälle, sonst im Jahr jeweils rund 1400. Davon sind jeweils 95 Prozent auf Wildtiere zurückzuführen. Insgesamt verursachen Unfälle mit Wildtieren schweizweit Kosten von über 50 Millionen Franken. «Die durchschnittliche Schadensumme beträgt nach einem Unfall rund 3300 Franken. In rund 5 Prozent der Fälle kommt es zu einem Totalschaden», sagt Simone Altwegg von der Axa. Von einem Totalschaden spricht man, wenn die Schadensumme den Fahrzeugwert übersteigt.
Die Unfallstatistik zeigt auch, dass die Unfälle mit Wildtieren in den Kantonen unterschiedlich sind. Am häufigsten sind sie in den Kantonen Jura, Thurgau und Freiburg. In diesen ist das Risiko einer Kollision bis zu siebenmal höher als in anderen Kantonen. In Genf und Nidwalden ist die Gefahr eines Wildunfalls schweizweit am geringsten.
«Ländliches Gebiet, ein grosser Wildtierbestand sowie viel Verkehr bei Dunkelheit sind Faktoren, die zu mehr Wildunfällen führen», sagt Altwegg. Eine Gefahr bestehe grundsätzlich zu jeder Tageszeit, sagt Patrick Villiger, Leiter Schaden Motorfahrzeuge bei der Axa. Am grössten sei sie aber im Oktober, November und Dezember, wenn die Tiere in den dunklen Stunden gleichzeitig mit den Autos unterwegs sind und die Strassen queren.
Besondere Vorsicht sei in den Morgen- und Abendstunden bei Waldabschnitten geboten. Wo Wildwarntafeln sind, sollte die Geschwindigkeit reduziert werden. Steht ein Reh oder Hase auf der Strasse sollte vollgebremst werden, Ausweichmanöver sind gefährlich.
Nach einer Kollision mit einem Reh oder Hirsch muss von Gesetzes wegen sofort die Polizei benachrichtigt werden. Diese bietet einen Wildhüter oder Jäger auf, der das Tier, wenn nötig, von seinem Leiden erlöst. Wer sich erst später oder nur auf Nachfrage bei der Versicherung oder der Polizei meldet, macht sich strafbar. Die Rechtspraxis hat sich in den letzten Jahren gemäss dem Axa-Rechtsexperten Alessandro Guarino verschärft. Führte das früher nur zu einer Busse wegen pflichtwidrigen Verhaltens, ist heute zusätzlich eine Strafverfolgung wegen fahrlässiger oder gar vorsätzlicher Tierquälerei möglich.
«Wenn man einen Tierunfall nicht umgehend meldet, leidet das Tier möglicherweise stundenlang. Das ist ein Verstoss gegen das Tierschutzgesetz und kann eine Verurteilung wegen Tierquälerei und einen Eintrag im Strafregister zur Folge haben. Wir sprechen hier also nicht von einem Kavaliersdelikt», sagt der Rechtsexperte. (aargauerzeitung.ch)