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WHO-Pandemievertrag: Parlament soll ein Wörtchen mitreden können

WHO-Pandemievertrag: Parlament soll ein Wörtchen mitreden können

Der Bundesrat darf den WHO-Pandemievertrag nicht eigenmächtig genehmigen, sondern sollte das Parlament entscheiden lassen. Zu diesem Schluss kommt ein Rechtsgutachten.
27.05.2024, 10:1127.05.2024, 10:11
Maja Briner / ch media
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Künftig soll die Welt besser vorbereitet sein: Mit einem Pandemieabkommen wollen sich die Weltgesundheitsorganisation WHO und ihre Mitgliedsländer gegen globale Gesundheitskrisen wappnen. Obwohl dieses noch nicht steht, machen insbesondere Massnahmengegner aus der Coronazeit seit längerem Stimmung gegen den «WHO-Pakt».

Eigentlich war geplant, das Abkommen diese Woche an der WHO-Jahresversammlung zu verabschieden, die Verhandlungen endeten indes am Freitag ohne Konsens. Sie sollen aber weitergehen, wie WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus sagte.

A worker looks at objects in a Defense POW/MIA Accounting Agency lab at Offutt Air Force Base, Monday, May 20, 2024, in Bellevue, Neb. Generations of American families have grown up without ever knowi ...
Nach der WHO soll die Welt künftig besser auf eine Pandemie vorbereitet sein. (Symbolbild)Bild: keystone

Die Schweiz beteiligt sich als WHO-Mitglied an den Verhandlungen. Sobald das Abkommen steht, kann sie entscheiden, ob sie diesem beitreten will. Offen ist, wer diesen Beschluss trifft: Bundesrat oder Parlament. Der Bund liess die Frage mit Verweis auf die laufenden Verhandlungen bisher unbeantwortet.

Nun liegt ein Gutachten dazu vor, erstellt von der Rechtsanwältin und Professorin Isabelle Häner. In Auftrag gegeben hat es das «Aktionsbündnis freie Schweiz». Das 29-seitige Rechtsgutachten, das dieser Redaktion bereits vorliegt, soll heute Montag vorgestellt werden. Es geht darin nicht nur um den WHO-Pandemievertrag, sondern auch um die Internationalen Gesundheitsvorschriften, die gleichzeitig angepasst werden sollen.

Häners Fazit: «Meines Erachtens müsste der Bundesrat beide völkerrechtlichen Verträge dem Parlament zur Genehmigung vorlegen.» Gegen den Entscheid könnte das Referendum ergriffen werden, sodass das Stimmvolk das letzte Wort hätte.

Mehr als eine unverbindliche Absichtserklärung

Da das fertige WHO-Abkommen noch nicht vorliegt, stützt sich Häner für das Gutachten auf einen Entwurf des Vertrags vom 22. April. Dieser enthalte «in seiner aktuellen Form diverse Bestimmungen, die rechtliche Verbindlichkeit beanspruchen». Der Entwurf übersteige eine unverbindliche, rein politische Absichtserklärung – und damit den Status von sogenanntem Soft Law.

Der vorläufige Unterbruch der Verhandlungen ändere nichts an der Brisanz der WHO-Pläne, betont Andrea Staubli, Juristin des «Aktionsbündnisses freie Schweiz». «Die Analyse des Rechtsgutachtens zu den Auswirkungen eines WHO-Pandemievertrages und der geänderten Internationalen Gesundheitsvorschriften auf die Souveränität der Schweiz behalten vollumfänglich ihre Gültigkeit.» Parlament und Volk müssten auf jeden Fall mitentscheiden dürfen.

Nationalrat will mitreden

Das «Aktionsbündnis freie Schweiz», welches das Gutachten in Auftrag gab, lehnt das WHO-Abkommen ab, weil es die Souveränität bedroht sieht. Im Kernteam des Bündnisses engagieren sich laut Webseite etwa der umstrittene Wirtschaftsprofessor Konstantin Beck, der frühere «Weltwoche»-Journalist Philipp Gut oder der Zürcher Anwalt Gerald Brei, der die Gesichtsmaske während der Pandemie als «modernen Gesslerhut» bezeichnete.

Mit dem Gutachten rennen sie offene Türen ein: Der Nationalrat sprach sich im April dafür aus, dass das Parlament über den Pandemievertrag entscheiden kann. Dass die Gegner sich auch mit ihrem Kernanliegen – der Ablehnung des Abkommens – durchsetzen, scheint derzeit allerdings unwahrscheinlich.

Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) hält fest, es sei im Interesse der Schweiz, dass internationale Frühwarn- und Meldesysteme gut funktionieren. Die Behörde betont: «Die Schweiz wird auch in Zukunft souverän über ihre nationale Gesundheitspolitik und allfällige Massnahmen im Pandemiefall entscheiden.»

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