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Ignazio Cassis kritisiert Russland bei Auftritt im UN-Sicherheitsrat

Cassis kritisiert Russland bei erstem Auftritt im UN-Sicherheitsrat scharf

Aussenminister Ignazio Cassis hat erstmals an einer Sitzung des mächtigsten UNO-Gremiums teilgenommen. In seiner Rede verteidigte er die regelbasierte internationale Ordnung. Derweil zeichnet sich ab, dass die Schweiz im Rat ein heikles Mandat übernimmt.
12.01.2023, 19:2213.01.2023, 07:33
Christoph Bernet / ch media
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Anfang Jahr hat die Schweiz ihre zweijährige Mitgliedschaft im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen angetreten. Am Donnerstagmorgen (Ortszeit) hat Aussenminister Ignazio Cassis (FDP) erstmals selber am berühmten hufeisenförmigen Tisch in New York Platz genommen.

Ignazio Cassis, Head of the Federal Department of Foreign Affairs of the Swiss Confederation, speaks during a Security Council meeting at United Nations headquarters, Thursday, Jan. 12, 2023. (AP Phot ...
Aussenminister Ignazio Cassis am Donnerstag im UNO-Sicherheitsrat in New York.Bild: keystone

Cassis' Auftritt erfolgte auf Einladung Japans, das derzeit den Sicherheitsrats präsidiert. Am Donnerstag lud es zu einer offenen Debatte zum Thema «Stärkung und Förderung der Rechtsstaatlichkeit in der Welt» auf Ministerebene ein.

In seiner auf Französisch gehaltenen Rede betonte Cassis die Wichtigkeit eines multilateralen Systems mit universell geltenden Regeln. Die globale Rechtsstaatlichkeit sei «das Rückgrat dieses Systems», das auf der Uno-Charta beruhe.

Die Charta verbiete insbesondere die Androhung oder Anwendung von Gewalt gegen die territoriale Integrität eines anderen Staates. Doch diese Prinzipien seien derzeit «hart auf die Probe gestellt», sagte Cassis und machte umgehend klar, worauf er sich bezog: «Im Falle der militärischen Aggression Russlands gegen die Ukraine sind die Prinzipien der UN-Charta auf schwerwiegende Weise verletzt worden.»

Russian President Vladimir Putin listens to Russian Education Minister Sergei Kravtsov during their meeting in Moscow, Russia, Monday, Jan. 9, 2023. (Mikhail Klimentyev, Sputnik, Kremlin Pool Photo vi ...
Wladimir Putins Angriffskrieg in der Ukraine wurde von Ignazio Cassis scharf kritisiert.Bild: keystone

Einen konkreten Beschluss fällten die Mitgliedsstaaten anlässlich der offenen Debatte nicht. Cassis bedankte sich artig bei der japanischen Präsidentschaft. Er betonte, die Schweiz freue sich darauf, «gemeinsam mit den anderen Ratsmitgliedern für den Frieden und die Sicherheit in der Welt zu arbeiten».

Im Mai reist Berset nach New York

Wann erneut ein Bundesrat im Sicherheitsrat auftreten wird, ist laut Aussendepartement EDA noch offen. Die Sitzungsteilnahme von Bundesratsmitgliedern werde laufend geprüft. Der Entscheid erfolge aufgrund des jeweils zu Monatsbeginn festgelegten Arbeitsprogramms des Rats kurzfristig und aufgrund der Relevanz der Thematik. Klar ist schon heute: Im Mai 2023, wenn die Schweiz den Rat präsidieren wird, wird Bundespräsident Alain Berset (SP) eine offene Debatte leiten und Aussenminister Ignazio Cassis eine weitere Sitzung.

Bundespraesident Alain Berset an der ersten Bundesratssitzung, am Dienstag, 11. Januar 2023, im Bundeshaus West in Bern. (KEYSTONE/Peter Schneider)
SP-Bundesrat Alain Berset wird im Mai eine offene Debatte leiten.Bild: keystone

Hinter den Kulissen verhandeln die fünf neuen Ratsmitglieder hart mit den zehn bisherigen. Es geht darum, welcher Mitgliedstaat im Sicherheitsrat bei welchem Dossier die Themenführerschaft übernimmt. Auch werden die derzeit vakanten Präsidien von Unterausschüssen und Expertengruppen des Sicherheitsrats neu verteilt.

Die Themenführer – im Fachjargon «Penholder» genannt - loten im jeweiligen Dossier Konsens unter den Ratsmitgliedern aus und erarbeiten Entwürfe für Erklärungen oder Resolutionen. Die Vorsitzenden von Ausschüssen und Expertengruppen planen und leiten die Sitzungen dieser Gremien, verfassen Berichte und präsentieren diese im Ratsplenum.

Gemäss EDA hat die Schweiz gemeinsam mit den Vereinigten Arabischen Emirate den Vorsitz der Arbeitsgruppe zum Thema Frauen, Frieden und Sicherheit eingenommen und leitet gemeinsam mit den Emiraten und Mosambik die Expertengruppe zum Thema Klima und Sicherheit.

Einen ersten Erfolg konnte die Schweiz bereits vermelden. Am Montag hat der Sicherheitsrat der Verlängerung der grenzüberschreitenden humanitären Hilfe für Syrien zugestimmt. Grundlage dafür war eine Resolution, die die Schweiz und Brasilien als Themenführer im Dossier der humanitären Aspekte des Syrien-Konflikts gemeinsam eingebracht hatten

Schweiz für Nordkorea-Sanktionen zuständig

Noch nicht formell bestätigt worden sind Präsidien der Sanktionsausschüsse des Rates. Dies dürfte in den nächsten Tagen erfolgen. Doch das EDA verrät, dass die Schweiz aller Voraussicht nach den Vorsitz des Ausschusses für das Sanktionsregime zu Nordkorea übernehmen wird. Dieses umfasst unter anderem ein Waffen- und Handelsembargo, das Einfrieren von Vermögenswerten und Reiseverbote für Regimevertreter.

FILE - In this photo provided by the North Korean government, North Korean leader Kim Jong Un speaks during a plenary meeting of the Workers' Party of Korea at the party headquarters in Pyongyang ...
Die Schweiz wird wohl bald den Vorsitz des Ausschusses für das Sanktionsregime zu Nordkorea übernehmen.Bild: keystone

Diese Rolle umfasst mehrere Pflichten: Alle drei Monate informiert die Schweiz die anderen Ratsmitglieder hinter verschlossenen Türen über die Umsetzung und Verstösse gegen das Sanktionsregime. Sie kann Anpassungen und Massnahmen zur besseren Durchsetzung vorschlagen und behandelt Einsprachen von Personen, die vom Sanktionsregime betroffen sind. Entscheide des Sanktionsausschuss erfolgen im Konsens. (aargauerzeitung.ch)

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113 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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mMn
12.01.2023 20:24registriert September 2020
"Gemäss EDA hat die Schweiz gemeinsam mit den Vereinigten Arabischen Emirate den Vorsitz der Arbeitsgruppe zum Thema Frauen..."

Ich wette in dieser Arbeitsgruppe nimmt von arabischer Sieite keine einzige Frau teil.🤦‍♂️
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Bärner728
12.01.2023 22:53registriert Juni 2020
Russland kritisieren ist das eine, Waffenlieferungen in die Ukraine verhindern das andere. Mit letzterem habe ich so meine Mühe. Mit ein bisschen gutem Willen hätte das entsprechende Gesetz schon längstens angepasst werden können.
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Luna Merlin
12.01.2023 22:34registriert Dezember 2021
Der UN- Sicherheitsrat ist das mächtigste Gremium der UNO?

Sorry, da wird mir übel. Da sitzt der Terrorstaat Russland als „ständiges Mitglied“ und blockiert absolut alles.

Gerade das letzte Jahr hat einmal mehr gezeigt, dass der UN-Sicherheitsrat ganz genau null Relevanz hat.

Null! Denn sonst würden die Leute dort nicht gemütlich plaudern, während sich die Ukraine gegen den Aggressor Russland verteidigen und um seine Existenz kämpfen muss.

Russland, als grösstes Sicherheitsrisiko, gehört jetzt und sofort aus diesem sogenannten „Sicherheitsrat“ rausgeworfen!
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