Cassis kritisiert Russland bei erstem Auftritt im UN-Sicherheitsrat scharf
Anfang Jahr hat die Schweiz ihre zweijährige Mitgliedschaft im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen angetreten. Am Donnerstagmorgen (Ortszeit) hat Aussenminister Ignazio Cassis (FDP) erstmals selber am berühmten hufeisenförmigen Tisch in New York Platz genommen.
Cassis' Auftritt erfolgte auf Einladung Japans, das derzeit den Sicherheitsrats präsidiert. Am Donnerstag lud es zu einer offenen Debatte zum Thema «Stärkung und Förderung der Rechtsstaatlichkeit in der Welt» auf Ministerebene ein.
In seiner auf Französisch gehaltenen Rede betonte Cassis die Wichtigkeit eines multilateralen Systems mit universell geltenden Regeln. Die globale Rechtsstaatlichkeit sei «das Rückgrat dieses Systems», das auf der Uno-Charta beruhe.
Die Charta verbiete insbesondere die Androhung oder Anwendung von Gewalt gegen die territoriale Integrität eines anderen Staates. Doch diese Prinzipien seien derzeit «hart auf die Probe gestellt», sagte Cassis und machte umgehend klar, worauf er sich bezog: «Im Falle der militärischen Aggression Russlands gegen die Ukraine sind die Prinzipien der UN-Charta auf schwerwiegende Weise verletzt worden.»
Einen konkreten Beschluss fällten die Mitgliedsstaaten anlässlich der offenen Debatte nicht. Cassis bedankte sich artig bei der japanischen Präsidentschaft. Er betonte, die Schweiz freue sich darauf, «gemeinsam mit den anderen Ratsmitgliedern für den Frieden und die Sicherheit in der Welt zu arbeiten».
Im Mai reist Berset nach New York
Wann erneut ein Bundesrat im Sicherheitsrat auftreten wird, ist laut Aussendepartement EDA noch offen. Die Sitzungsteilnahme von Bundesratsmitgliedern werde laufend geprüft. Der Entscheid erfolge aufgrund des jeweils zu Monatsbeginn festgelegten Arbeitsprogramms des Rats kurzfristig und aufgrund der Relevanz der Thematik. Klar ist schon heute: Im Mai 2023, wenn die Schweiz den Rat präsidieren wird, wird Bundespräsident Alain Berset (SP) eine offene Debatte leiten und Aussenminister Ignazio Cassis eine weitere Sitzung.
Hinter den Kulissen verhandeln die fünf neuen Ratsmitglieder hart mit den zehn bisherigen. Es geht darum, welcher Mitgliedstaat im Sicherheitsrat bei welchem Dossier die Themenführerschaft übernimmt. Auch werden die derzeit vakanten Präsidien von Unterausschüssen und Expertengruppen des Sicherheitsrats neu verteilt.
Die Themenführer – im Fachjargon «Penholder» genannt - loten im jeweiligen Dossier Konsens unter den Ratsmitgliedern aus und erarbeiten Entwürfe für Erklärungen oder Resolutionen. Die Vorsitzenden von Ausschüssen und Expertengruppen planen und leiten die Sitzungen dieser Gremien, verfassen Berichte und präsentieren diese im Ratsplenum.
Gemäss EDA hat die Schweiz gemeinsam mit den Vereinigten Arabischen Emirate den Vorsitz der Arbeitsgruppe zum Thema Frauen, Frieden und Sicherheit eingenommen und leitet gemeinsam mit den Emiraten und Mosambik die Expertengruppe zum Thema Klima und Sicherheit.
Einen ersten Erfolg konnte die Schweiz bereits vermelden. Am Montag hat der Sicherheitsrat der Verlängerung der grenzüberschreitenden humanitären Hilfe für Syrien zugestimmt. Grundlage dafür war eine Resolution, die die Schweiz und Brasilien als Themenführer im Dossier der humanitären Aspekte des Syrien-Konflikts gemeinsam eingebracht hatten
Schweiz für Nordkorea-Sanktionen zuständig
Noch nicht formell bestätigt worden sind Präsidien der Sanktionsausschüsse des Rates. Dies dürfte in den nächsten Tagen erfolgen. Doch das EDA verrät, dass die Schweiz aller Voraussicht nach den Vorsitz des Ausschusses für das Sanktionsregime zu Nordkorea übernehmen wird. Dieses umfasst unter anderem ein Waffen- und Handelsembargo, das Einfrieren von Vermögenswerten und Reiseverbote für Regimevertreter.
Diese Rolle umfasst mehrere Pflichten: Alle drei Monate informiert die Schweiz die anderen Ratsmitglieder hinter verschlossenen Türen über die Umsetzung und Verstösse gegen das Sanktionsregime. Sie kann Anpassungen und Massnahmen zur besseren Durchsetzung vorschlagen und behandelt Einsprachen von Personen, die vom Sanktionsregime betroffen sind. Entscheide des Sanktionsausschuss erfolgen im Konsens. (aargauerzeitung.ch)
