Die Schweiz beschafft als Ersatz für die in die Jahre gekommenen F/A-18-Kampfjets beim US-amerikanischen Hersteller Lockheed Martin neue Kampfflugzeuge des Typs F-35. Das Schweizer Stimmvolk hatte für den Flugzeugkauf im September 2020 mit äusserst knappem Ergebnis sechs Milliarden Franken bewilligt. Gemäss Kaufvertrag betragen die Kosten 6,035 Milliarden Franken. Die Schweiz ging von einem Festpreis aus. Sie tut das bis heute. Anders sehen dies die USA. Sie sprechen von einem «Missverständnis». Sie machen für die 36 F-35-Kampfjets zusätzliche 650 Millionen bis 1,3 Milliarden Franken geltend.
Das für F-35-Projekte in den USA zuständige Joint Program Office (JPO) deutete bereits im August 2024 an, dass es zu höheren Kosten kommen könnte. Im Februar informierte die US-amerikanische Behörde Defense Security Cooperation Agency (DSCA) schriftlich, dass die Schweiz aus ihrer Sicht Mehrkosten übernehmen müsse. Sie begründete dies mit der hohen Inflation in den USA und den stark gestiegenen Rohstoff- und Energiepreisen nach der Covid-Pandemie.
Eine US-amerikanische Kanzlei bestätigte in einem Gutachten die ausgehandelte Festpreisgarantie beim Kauf der F-35-Kampfjets. Diese Garantie könne jedoch rechtlich nicht durchgesetzt werden, hiess es. Zudem müsste die US-Regierung nach US-Recht jede Preiserhöhung an die Schweiz weitergeben. Bei einem allfälligen Streit über den Fixpreis müsse eine diplomatische Lösung gefunden werden, war dem Gutachten der Kanzlei Arnold&Porter weiter zu entnehmen. Die Schweizer Kanzlei Homburger schrieb in ihren Berichten von einem Festpreis. Das Risiko von Kostensteigerungen liege grundsätzlich beim Hersteller, hielt sie fest. Zudem wies die Kanzlei darauf hin, dass die Beschaffungsverträge US-amerikanischem Recht sowie teilweise möglicherweise auch zwischenstaatlichem Recht unterstünden. Diesbezüglich verfüge sie «über keine Expertise», schrieb Homburger. Die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) kam in ihrer Prüfung des Geschäfts zu einem ähnlichen Schluss wie das US-amerikanische Gutachten. Es gebe «keine rechtliche Sicherheit für einen Festpreis im Sinn einer Pauschale nach schweizerischer Rechtsprechung», hielt sie bereits im Mai 2022 fest.
Diplomatisch konnten sich die Schweiz und die USA während der Sommerpause bei der Frage des Festpreises nicht einigen, wie die Landesregierung am Mittwoch an ihrer ersten Sitzung im zweiten Semester mitteilte. Die «intensiven Gespräche mit hochrangigen Vertretern des Weissen Hauses» blieben demnach ohne Erfolg. Die USA seien nicht bereit, von ihrer Haltung abzuweichen. Deshalb könne die Schweiz den Festpreis nicht durchsetzen. Damit entstehen Mehrkosten von 0,65 bis 1,3 Milliarden Franken.
«Aufgrund der Gespräche muss die Schweiz akzeptieren, dass der Preis pro Produktionslos dem jeweils ausgehandelten Wert zwischen der US-Regierung und Lockheed Martin entspricht», sagte Verteidigungsminister Martin Pfister. Laut dem Bundesrat sind die exakten Gesamtkosten für die Beschaffung derzeit nicht zu benennen. Diese hingen wesentlich vom weiteren Verlauf der Teuerung in den USA, von der Entwicklung der Rohstoffpreise auf den Weltmärkten sowie weiterer Faktoren wie beispielsweise Preissteigerungen durch die durch die USA weltweit erhobenen Zölle ab. Laut Pfister muss die Schweiz die neue Ausgangslage akzeptieren. «Wir müssen Wege finden, um mit den Mehrkosten umzugehen», sagte er.
Ja. Diese Jets hätten einen grossen technologischen Vorsprung gegenüber anderen Flugzeugen und seien in den europäischen Staaten inzwischen weit verbreitet, schrieb die Landesregierung. Das aktuelle sicherheitspolitische Umfeld verlange rasch eine stärkere Verteidigungsfähigkeit, sagte Pfister kürzlich. Ohne neue Kampfjets könne die Schweiz ihren Luftraum ab 2032 nicht mehr schützen – nämlich dann, wenn ihre F/A-18-Kampfjets am Ende ihrer Nutzung angelangt seien. Ein vollständiger Verzicht auf den Kauf, den Pfister Ende Juni als «Worst Case» bezeichnet hatte, war am Mittwoch keine Option mehr.
Der Bundesrat hat das Verteidigungsdepartement (VBS) beauftragt, die Kampfflugzeugbeschaffung unter Berücksichtigung der neuen Ausgangslage neu zu analysieren. Bis Ende November sollen verschiedene Optionen vertieft geprüft werden.
Laut Verteidigungsminister Pfister ist es möglich, dass die Schweiz weniger Flugzeuge dieses Typs beschaffen wird. Dies würde sich auf die Durchhaltefähigkeit der Armee auswirken. Mit weniger Kampfjets nimmt die Durchhaltefähigkeit ab. Möglich sei auch eine Teilkompensation der Mehrkosten über Offset-Geschäfte, sagte Pfister weiter. Zudem sei eine Zusatzfinanzierung über einen parlamentarischen Kredit denkbar – oder Mischformen aus den verschiedenen Möglichkeiten. Eine Arbeitsgruppe prüft nun, «ob die heutigen Anforderungen an die Luftverteidigung noch den Grundlagen entsprechen, auf denen die Evaluation der F-35 beruhte». Beurteilt werden soll weiter die «Zielausrüstung der Luftverteidigung – unter Berücksichtigung der sicherheits- und finanzpolitischen Lage».
Verteidigungsminister Pfister geht nicht davon aus. «Das würde Jahre dauern», sagte er. Bei vielen Rüstungsgeschäften gebe es Folgekosten, die anfallen könnten. Die Armeebotschaft ermögliche Flexibilität, weshalb allfällige Mehrkosten abgefedert werden könnten.
Die bürgerlichen Parteien stehen weiterhin hinter dem Kauf der F-35-Jets. Die aktuelle Entwicklung sei allerdings peinlich für die frühere Verteidigungsministerin Viola Amherd, schreibt die FDP. Die Beschaffung solle weiterhin im Rahmen des vom Volk bewilligten Kredites von sechs Milliarden Franken erfolgen, teilt die Mitte-Partei mit. Während sie die Regierung in Schutz nimmt, spricht die GLP von einem «folgenschweren Irrtum, der unserer Landesregierung unterlaufen ist». Der Bundesrat müsse eine Lösung präsentieren. SP und Grüne fordern den sofortigen Abbruch der Kampfjet-Beschaffung.
Der Streit der Schweiz mit den USA über den Fixpreis war Anfang Juli Thema an Sitzungen von mehreren Parlamentskommissionen. Diskutiert – und verworfen – wurden mehrere Handlungsoptionen. Die Diskussionen dürften in den kommenden Wochen aber neu aufflammen. Die parlamentarische Finanzaufsicht verlangte «volle Transparenz» und «eine realistische Planung zum weiteren Vorgehen». Es müssten nicht nur die Geschehnisse rund um das «Missverständnis» beim Festpreis der neuen Kampfjets aufgearbeitet werden, sondern auch die absehbaren Mehrkosten in Millionenhöhe bei den anderen Teilprojekten des Programms «Air2030». Die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrats (GPK-N) leitete zum Thema F-35-Beschaffung eine Inspektion ein. Auch die Sicherheitspolitischen Kommissionen (SIK) und die Finanzkommissionen (FK) beider Räte wollen sich weiter informieren lassen. (sda)
Die USA wollen uns erpressen. Und das sollten wir uns nicht gefallen lassen. Nehmt die 7 Milliarden und baut stattdessen in der Schweiz eine Drohnenindustrie auf. Die Ukraine zeigt, dass das in einem Konfliktfall sowieso viel wichtiger ist.
Denn je weniger man kauft, desto teurer der Stückpreis.
Am Ende kosten 30 (statt 36) Jets 7 Milliarden (statt 6 Milliarden).
Die USA können mit dem Preis beliebig nach oben.
Die Argumentation Pfisters, dass die USA halt mächtiger seien, ist auch etwas dünn:
Kann die UBS meinen Hypothekarzins einfach nach Belieben erhöhen, weil sie mächtiger ist als ich?
Das ganze Geschäft gleicht einem Blindflug ohne Autopilot.