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Urin-Attacke auf ETH löst heftige Diskussion aus

A general view shows the Swiss Federal Institute of Technology Zurich (Eidgenoessische Technische Hochschule Zuerich - ETH) in Zurich, Switzerland May 20, 2016. REUTERS/Arnd Wiegmann/File Photo
Die ETH in Zürich: Gestern ging es hier weit weniger idyllisch zu und her.Bild: ARND WIEGMANN/REUTERS

«Fäkalienwerfende Chaoten» – Urin-Attacke auf ETH löst heftige Diskussion aus

Vermummte warfen Kuhmist und Urin in den grossen ETH-Hörsaal. Nach der Attacke auf den Pflanzenzucht-Kongress gehen die Wogen hoch. 
30.08.2016, 04:2030.08.2016, 06:50
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Es muss ein ziemlich unangenehmer Moment für die 300 Wissenschafter und Studenten gewesen sein, die sich gestern Morgen im grossen Saal der ETH befanden. Mitten in der ersten Plenar-Sitzung des einwöchigen Pflanzenzucht-Kongresses stürmten vermummte Personen den Saal und warfen mit Kuhmist, verfaulten Eiern und Urin um sich. Der Saal musste evakuiert werden, die Eindringlinge konnten flüchten. Verletzt wurde niemand.

Eine Kongressteilnehmerin hielt die Szenerie mit der Fotokamera fest: 

Die vermummten Personen hinterliessen nicht nur Dreck im Hörsaal, sondern versprayten auch die Wände. Vor dem Eingang der ETH brachten sie zudem ein Plakat an: «Peasants shit on Techno Science – Bauern scheissen auf Techno-Wissenschaft.» 

Um was geht es?

Wie es aussieht, wollen die Aktivisten nicht, dass neue Technologien zu stark in die Landwirtschaft eingreifen. Denn genau darum soll es beim einwöchigen Kongress «Eucarpia 2016», für den die Teilnehmer über 500 Franken hinblättern, gehen.

Das Thema der Veranstaltung lautet: «Plant Breeding, the Art of Bringing Science to Life – Pflanzenzucht, die Kunst Wissenschaft zum Leben zu bringen.» Es gehe darum, neue Anbau-Techniken weiterzuentwickeln und umzusetzen, um mit den globalen Herausforderungen, wie zum Beispiel der Klimaerwärmung, Schritt zu halten. So steht es auf der offiziellen Homepage des Events geschrieben. 

Und da gehen nun die Meinungen weit auseinander. Die eine Seite sieht durch den Gebrauch der «Techno-Wissenschaften» die Möglichkeit, in Zukunft Ernährungssicherheit herzustellen. Die andere Seite sieht vor allem globale Unternehmen, die nur dem Profit hinterher jagen, ohne die Umwelt zu berücksichtigen. 

Die Thematik löste eine Diskussion aus:

Gegen weltweite Ernährungssicherheit hat wohl niemand etwas.

Statler
Leser-Kommentar von Statler
29.08.2016 13:35
«feeding the world is bad?» - Nein, natürlich nicht. Aber die Welt mit Roundup zu vergiften, Bauern zu verklagen, weil man ein Fitzelchen des patentierten Saatgutes bei ihnen gefunden hat, etc. pp - That's bad...
Zu: Aktivisten stürmen Hörsaal der ETH Zürich und werfen mit Kuhmist und Urin um sich 

Aber wieso dann ein Anschlag auf die Wissenschaft?

INVKR
Leser-Kommentar von INVKR
29.08.2016 14:47
Dann sollte man einen solchen "Anschlag" bei besagten Konzernen verüben und nicht auf einem Kongress, bei dem es um Grundlagenforschung geht. Und ja, ich weiss, dass der Kongress (unter Anderem) von Syngenta gesponsert wurde, aber deswegen gehören ihnen die Forschungsergebnisse noch lange nicht. Sponsoring dieser Art ist im Grunde einfach PR - Arbeit.
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Das könnte ein Grund dafür sein.

deleted_849945772
Leser-Kommentar von deleted_849945772
29.08.2016 17:07
@Boewll & @gusg & @INVKR Das Gefühl zu haben, die Grundlagenforschung sei Unabhängig von Interessen grosser Konzerne ist aber auch ziemlich blauäugig. Denn einerseits ist in der Grundlagenforschung der Publikationsdruck enorm hoch; und dass in diesem Wirtschaftssystem Forschungsthemen mit Erfolgsaussichten im wirtschaftlichen Sinne eher publiziert werden, dürfte klar sein. Andererseits ist die Forschung selbst durch Spenden, Forschungsaufträge und Lobying von Grosskonzernen bei weitem nicht so frei von Einflüssen, wie die Unis dies gerne darstellen.
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Weitere Kritik von User «Mehmed»:

Mehmed
Leser-Kommentar von Mehmed
29.08.2016 21:38
Weshalb machen die Gentech-Firmen ihr Saatgut so, dass es nicht zur Wiederaussaat verwendet werden kann? Es geht doch bloss darum, dass der Bauer jährlich immer wieder bei der Firma teuer Saatgut kaufen muss und von ihr abhängig bleibt. Andere Gründe?
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User «SwissGTO» hat mit dem Vorgehen der Agrar-Konzerne nicht so Mühe.

SwissGTO
Leser-Kommentar von SwissGTO
29.08.2016 18:38
Die meisten Leute haben leider keine Ahnung. Jede Kreuzung die seit tausenden von Jahren gemacht wird ist nichts anderes als Genetische Manipulation. Keiner weiss was dabei rauskommt. Dann lieber nur ein paar wenige Gene verändern für eine bessere Zukunft. Ich denke die afrikanischen Bauern würden sich um Saatgut reissen das zb mit weniger Wasser oder heisseren Temperaturen zurecht kommt.
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User «Tornado» entgegnet ihm aber:

Tornado
Leser-Kommentar von Tornado
29.08.2016 21:03
Sorry aber das ist jetzt eine ganz einfache, verniedentliche Sicht der Dinge! Bei der natürlichen Kreuzung wird der Genpool vermischt und bestimmte Kriterien herausgezüchtet. Selbst wenn man verschiedene Pflanzen miteinander kreuzt bewegt man sich + - im gleichen Pool. Bei der Genmanipulation werden jedoch zum Teil völlig fremde Gene z.b. Stoffe von Bakterien eingezüchtet, um z.B. Herbizidresistenz zu erhalten. Niemand kann sagen was solch veränderte Organismen für Auswirkungen auf andere Organismen haben werden und da liegen die Bedenken. Meiner Meinung nach zurecht.
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Wussten die Aktivisten überhaupt, was im Saal vorgetragen wurde?

Hanspeter Schmid
Leser-Kommentar von Hanspeter Schmid
29.08.2016 14:29
@Neptun: Es ist ein Kongress, Neptun, die passen am besten in die Semsterferien :))) @Genovo: Um 11:15 sprach gemäss Programm Nils Stein vom www.ipk-gatersleben.de/ darüber, wie man mit den riesigen Datenmengen umgeht, wenn man Pflanzengenome untersucht. @DeineMudda: Am Kongress geht es darum, Pflanzen zu züchten (und wie die Züchter ihre Zuchtentscheidungen treffen sollen). Um wirkungsvolle Alternativen zur Genmanipulation also. Wenn das Gentechgegener waren, dann war das so gescheit wie wenn Autogegner in der GV des VCS faule Eier schmeissen würden, nur weil er "Verkehrsclub" heisst.
Zu: Aktivisten stürmen Hörsaal der ETH Zürich und werfen mit Kuhmist und Urin um sich 

Und wie sieht es mit den Sicherheitsvorkehrungen aus?

deleted_669286254
Leser-Kommentar von deleted_669286254
29.08.2016 14:03
Zum Glück waren es nur "bio-Dingen", offenbar sind die Sicherheitsvorkehrungen in der Zürcher Uni nicht mehr zeitgemäß... kann einfach jeder rein?!
Zu: Aktivisten stürmen Hörsaal der ETH Zürich und werfen mit Kuhmist und Urin um sich 

Naja, so halb öffentlich, wenn man an die Teilnahme-Gebühren denkt. 

deleted_146081837
Leser-Kommentar von deleted_146081837
29.08.2016 14:28
ETH* Und ja, jeder kann rein. Hochschulen sind öffentliche Gebäude und das sollte auch so bleiben. Wissenschaft darf trotz solcher Anschläge nicht hinter verschlossenen Türen stattfinden.
Zu: Aktivisten stürmen Hörsaal der ETH Zürich und werfen mit Kuhmist und Urin um sich 

Einige gehen mit den Vermummten ziemlich hart ins Gericht: 

Ordo Malleus
Leser-Kommentar von Ordo Malleus
29.08.2016 14:34
Das sind doch keine Aktivisten.
Zu: Aktivisten stürmen Hörsaal der ETH Zürich und werfen mit Kuhmist und Urin um sich 
HappyMe
Leser-Kommentar von HappyMe
29.08.2016 13:17
Wie primitiv ist denn das?!
Zu: Aktivisten stürmen Hörsaal der ETH Zürich und werfen mit Kuhmist und Urin um sich 
Stichling
Leser-Kommentar von Stichling
29.08.2016 18:35
Kacktivisten?
Zu: Aktivisten stürmen Hörsaal der ETH Zürich und werfen mit Kuhmist und Urin um sich 

Und zuletzt die Analyse von watson-User «Marcelo»:

Marcelo
Leser-Kommentar von Marcelo
29.08.2016 15:32
Es gibt einige gute Gründe, um auf die heutige Saatgutproduktion hinzuweisen: 1.) Die meisten eingesetzten GVO erhöhen nur den Gebrauch von Pestiziden oder bauen das Pflanzenschutzmittel direkt in die Pflanze ein. 2.) Verlust der eigenständigen Pflanzenvermehrung. 3.) Landflächen werden "versäucht" und der Bauer danach auf Patentrechte verklagt. 4.) Machtkonzentration 5.) Verlust der Klima- und Biodiversität des Saatguts (anfälliger auf Krankheiten). Dank dieser ekelhaften Aktion bleibt der breiten Bevölkerung allerdings nur eines im Gedächtnis: Gentechgegner = Fäkalienwerfende Chaoten.
Zu: Aktivisten stürmen Hörsaal der ETH Zürich und werfen mit Kuhmist und Urin um sich 

(cma)

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21 Kommentare
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Sloth
30.08.2016 08:10registriert März 2015
Ich selber bin Forscher an der ETH und wir bekommen auch Geld von der Industrie, aber Leute sollten wissen, dass dies Resultate nicht beeinflusst. Abgesehen davon, dass in der Bio und Chemie Forschungsergebnisse viel eindeutiger sind als in zB der Medizin, erwähnen ja immer alle gerne den Publikationsdruck. Aber genau dieser Druck führt dazu, dass es uns egal ist was die Industrie will. Wenn wir etwas publizieren können, wird es publiziert, egal ob die Resultate der Industrie passen oder nicht.
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Harius
30.08.2016 08:35registriert März 2016
Man kann von mir aus gegen Gentechnologie sein, aber wieso attackiert man dann gerade ein Kongress bei dem es in erster Linie um die klassische Pflanzenzüchtung geht? Ohne die Erfolge jener im letzten Jahrhundert wäre es nicht möglich die Menschheit heute zu ernähren.
Apropos Verlust der Biodiversität: Am letzten Tag des Kongresses wird auch darüber gesprochen, wie eine möglichst hohe genetische Diversität erhalten werden kann. Dies ist im Interessse aller Pflanzenzüchter.
Und es wird kein Bauer gezwungen besseres Saatgut der "Techno-Science" zu kaufen. Ist es besser, wird es gekauft!
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