Mit über 60'000 Demo-Teilnehmenden erlebte die Schweiz am Samstag den vorläufigen Höhepunkt der Klima-Welle, die seit Beginn der Schulstreiks vor gut einem Jahr übers Land schwappt.
Wie geht es nun weiter? Und wie wirkt sich der Klimastreik auf die Wahlen aus?
Mit der Mega-Demo hat die Klimastreik-Bewegung drei Wochen vor den Wahlen ihren vorläufigen Höhepunkt erreicht. «Wir hoffen natürlich, dass sich unser monatelanger Kampf fürs Klima an der Urne auszahlt», sagt Klimastreiker Jonas Kampus (18). Es sei unglaublich motivierend gewesen, so viele Leute auf der Strasse zu sehen.
Dies gebe der Klimastreik-Bewegung weiteren Schub – über die Wahlen hinaus. Der nächste grosse Klimastreik ist für den 29. November geplant. Dies unmittelbar vor Beginn der grossen UN-Klimakonferenz in Chile.
Das nächste richtig grosse Ding plant die Klimajugend am 15. Mai 2020. Und zwar nichts weniger als eine Art Generalstreik: «Am ‹Streik für die Zukunft› soll die ganze Schweiz die Arbeit fürs Klima niederlegen», so Kampus. So etwa wie dies beim Frauenstreik passiert sei. «Diesmal soll die ganze Bevölkerung mitmachen und sich so fürs Klima engagieren.»
Seit Monaten ist das Thema Klima wegen den Klimastreikern omnipräsent. «Die Grossdemo in Bern zeigte nochmals eindrücklich auf, welche Dringlichkeit das Anliegen der Klimajugend hat», sagt Politikwissenschaftlerin Cloé Jans vom Forschungsinstitut gfs. Das Thema sei sehr emotional und polarisiere, was sich grundsätzlich positiv auf die Mobilisierung für die Wahlen auswirke.
Bereits letzten Frühling gingen bei den Zürcher Kantonswahlen deutlich mehr junge Frauen (+ 4,7 Prozent) und junge Männer (+ 3,4 Prozent) wählen und sorgten für einen Triumph im links-grünen Lager. Ein ähnliches Bild zeigte sich in Luzern. Auch nach dem jüngsten Tamedia-Wahlbarometer legen die Grünen auch national um 3,1 Prozent zu, die GLP um 2,6 Prozent.
Politologe Michael Hermann relativiert: «Es braucht auf nationaler Ebene noch eine viel stärkere Mobilisierung, um den gleichen Effekt wie in den Kantonen zu erzielen». Denn in den Kantonen liege die Wahlbeteiligung oftmals nur bei rund 30 Prozent, auf nationaler Ebene knapp 50 Prozent.
Die entscheidende Frage lautet also: Schafft es die Klima-Bewegung, die Durchschnittsbürger tatsächlich dazu zu bringen, für klimafreundliche Parteien den Stimmzettel einzuwerfen? Klimastreiker hin oder her, das wird kein Spaziergang: «Menschen, die an Demos gehen, sind ohnehin meist politische Leute, die sowieso wählen gehen», so Hermann.
Die Grünen legten in Österreich an den Wahlen vom Sonntag um satte 10 Prozentpunkte zu. Mit einem Wähleranteil von 14 Prozent ziehen sie nach einer bösen Schlappe vor zwei Jahren wieder ins Parlament ein. Bei den letzten Umfragen vor den Wahlen kamen die Grünen bloss auf 11 bis 12 Prozent.
Die Grünen holten also zwei Prozent mehr Wähler als von den Demoskopen prognostiziert. «Das ist bemerkenswert und ist ein Anzeichen, dass die Mobilisierung der grünen Wählerschaft unterschätzt wurde», so Hermann dazu.
Inwiefern dies auch für die Schweiz zutreffen könnte, ist hingegen kaum abzuschätzen. Denn bei den Wahlen in Österreich kamen für die Grünen Sondereffekte dazu.
Vor zwei Jahren schaffte Grünen-Gründungsmitglied Peter Pilz einen Coup, als er nach seinem abrupten Abschied von den Grünen mit einer eilig zusammengestellten Namensliste die Grünen aus dem Nationalrat und sich selbst wieder hinein schickte. Doch am Sonntag reichte es seiner neuen Partei nicht für die Wahl.
Die Klimastreik-Bewegung sorgt bei den umweltfreundlichen Jungparteien für einen massiven Mitgliederzuwachs, wie eine watson-Umfrage zeigt.
Absolute Spitzenreiter bei den Neuzugängen sind die Jungen Grünliberalen. Seit August 2018 sind die Mitglieder um 51 Prozent respektive 1173 Neuzugänge gewachsen.
Die Jungen Grünen zählten seit August 2018 1023 neue Mitglieder. Co-Präsident Luzian Franzini spricht deshalb auch von einer «Welle der Politisierung», die durchs Land gehe.
Zum Vergleich: Die Junge SVP verzeichnet im gleichen Zeitraum über 100 neue Mitglieder, die Jungfreisinnigen 586, die Juso 600.
Mitten auf der Demo-Route stand am Samstag in Bern ein Jeep im Parkverbot. Prompt wurde der spritfressende SUV mit unzähligen Stickern zugeklebt.
watson hätte gerne mit dem Besitzer über den Stand der Putzarbeiten gesprochen. Eine Nachfrage beim Strassenverkehrsamt zeigt: Der Eigentümer hat seine Autonummer im öffentlichen Register sperren lassen.
Tja, demonstrieren und andere dumm anmachen, kann man schnell und gibt tolle Publicity. Sich aber mit Lösungen auseinanderzusetzen, das scheint dann schon schwieriger zu sein...
Man hätte sich auch noch die Mühe machen können, die Mitgliederzahlen der anderen Jungparteien aufzuzählen.
Beispielsweise die JSVP, welche ich selber auch nicht mag, hat doch noch mehr als 3 mal so viele Mitglieder. Nach dem Lesen des Artikels könnte man aber meinen, sämtliche Junge seien links-grün...