Schweiz
Wallis

Zwei tote Alpinisten am Weissmies: Keine Rettung trotz Notruf

Tod in den Walliser Alpen: Trotz Notruf kommen zwei Alpinisten am Weissmies ums Leben

Am 22. August gerieten zwei Alpinisten auf einem Viertausender bei Saas Grund in Not und riefen die Rettung. Doch das neue Ortungssystem via Handy half ihnen nicht.
14.09.2025, 15:4714.09.2025, 15:58
Sabine Kuster / ch media

Wer in den Schweizer Bergen einen Unfall hat und es schafft, den Notruf abzusetzen, kann in der Regel innert Stunden gerettet werden. Zumindest wenn das Wetter gut ist, wie es am 22. August bei Saas Grund der Fall war.

Dort hatten zwei Alpinisten das 4012 Meter hohe Weissmies bestiegen, als im Abstieg um ca. 10.30 Uhr auf 3950 Metern einer der beiden stürzte und sich schwer verletzte. Gemäss der Medienmitteilung der Kantonspolizei Wallis alarmierte sein Begleiter «umgehend die Rettungskräfte, welche sich unverzüglich mit einem Helikopter ins Gebiet begaben. Sie konnten jedoch die Bergsteiger nicht sofort finden. Am 26. August 2025 wurden die beiden Männer nach mehreren Suchflügen tot aufgefunden».

Sunset on the Weissmies, in the Southern Swiss Alps above Saas Fee
Der Gipfel des Weissmies (links hinten, vergletschert) von Südwest her gesehen.Bild: www.imago-images.de

Was weder die Kantonspolizei noch die Kantonale Walliser Rettungsorganisation (KWRO) erklärt: Warum konnten die Alpinisten trotz Notruf vier Tage lang nicht lokalisiert werden? Die lange Zeit hat den beiden mutmasslich das Leben gekostet, da auf dieser Höhe die Temperaturen nachts auch im Sommer unter null Grad fallen.

Nun hat die Staatsanwaltschaft eine Untersuchung eröffnet. Sie gibt keine weiteren Informationen heraus, auch nicht über die Rettung.

Notruf ging nach Italien

Eine Nachfrage beim Alpinen Rettungsdienst im italienischen Piemont ergab aber, dass der Notruf in Italien eingegangen ist. Und zwar seltsamerweise bei der Antenne in der Gemeinde Druogno. Die Alpinisten befanden sich nur rund vier Kilometer Luftdistanz von der italienischen Grenze entfernt oberhalb des Zwischbergenpasses. Doch Druogno liegt weit entfernt, östlich von Domodossola. Entsprechend sei der Kontakt sehr schlecht gewesen, sagt der Presseverantwortliche des italienischen Rettungsdienstes.

Der Anrufer sprach Polnisch und Englisch. Der Diensthabende verstand «Weissmies» und leitete die Information daher an die Rega weiter. Mit der Rega stehe man in diesem Grenzgebiet in regelmässigem Kontakt, so der Presseverantwortliche.

Fredy-Michel Roten, Direktor der Kantonalen Walliser Rettungsorganisation, erklärt auf Anfrage zu solchen Ortungsschwierigkeiten: «Es kommt immer wieder vor, dass wir ein Mobilfunkgerät nicht mittels AML orten können.» Die Advanced Mobile Location (AML) ist ein System, das seit Anfang 2024 überall in der Schweiz bei der Wahl den Notrufnummern 112, 117, 118 und 144 automatisch die Position des Anrufers ermittelt.

Das System funktioniert sogar, wenn der Ortungsdienst ausgeschaltet ist. Doch der Handyempfang muss genügend gut sein. Und: «Alte Handys haben diese Funktion noch nicht», sagt Roten. AML funktioniert bei Android-Smartphones ab Version 4 und iPhones ab iOS 13.3.

Wie gross war die Suchaktion?

Dass die Suche mit dem Helikopter dann bei gutem Wetter vier Tage dauerte, ist lang. Denn der Suchhelikopter der Rega kann Handys orten, auch wenn keine Antenne in der Nähe ist, und Personen ausserdem mit der Wärmebildkamera entdecken. Doch ein Hüttenwart in der Region sagt: «Das ist nicht ungewöhnlich, dass es lange dauert, das Gebiet ist gross.»

Wie oft Suchflüge an den Tagen danach gemacht wurden und was am Schluss zum Sucherfolg geführt hat, bleibt offen. Die Kantonspolizei Wallis will auch nicht sagen, wie lange nach Vermissten jeweils gesucht wird. Alpinisten, die am 23. August das benachbarte Lagginhorn bestiegen, sahen keine Helikopter. Auch der Hüttenwart der Almagellerhütte unterhalb des Zwischenbergenpasses sagt: «Der Heli flog nicht auf unserer Seite.»

Die Fragen bleiben unbeantwortet, aber eines ist klar: Wer in den Bergen in Not gerät, kann sich trotz modernster Technologien nicht darauf verlassen, gefunden zu werden. (aargauerzeitung.ch)

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47 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Maurmer
14.09.2025 16:12registriert Juni 2021
Wer in die Berge geht, in den Dschungel, die Wüste, auf See oder in irgendeine Wildnis ist in allererster Linie mal selbst für sich verantwortlich. Dazu gehört auch dass man für ein Notbiwak vorbereitet ist, ausreichend Wasser und Kalorien mitführt sowie seinen Ausbildungsstand regelmäßig prüft.

Mich kotzt es an, dass Eigenverantwortung systematisch abgegeben wird. Früher hatte man kein Mobiltelefon weil es eh nicht ging und ist mit einem verletzten Kameraden abgestiegen wenn es irgendwie ging.

Natürlich ist der Heli sicherer und bequemer, das ist das Sofa daheim aber auch.
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Kev66
14.09.2025 17:08registriert November 2019
Gibt es eigentlich auch Bergsteiger, welche für solche Situationen auch Signalpistolen dabei haben oder einfache GPS Geräte, bei denen man die Koordinaten einfach ablesen und mitteilen kann?
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What’s Up, Doc?
14.09.2025 16:19registriert Dezember 2015
Im Wallis sind doch die Air Zermatt und die Air Glacier für die Such- und Rettungsflüge zuständig, da bringt es nichts wenn der Heli der REGA die ganze Suchtechnik verbaut hat oder wurde von den Wallisern die REGA angefordert?
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