Schweiz
Wallis

Bundesgericht rügt Walliser Parlament

Walliser Parlament will Datenschutz-Problem aussitzen – Bundesgericht grätscht dazwischen

13.10.2022, 12:0013.10.2022, 11:41
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Das Walliser Parlament ist vom Bundesgericht wegen einer Rechtsverweigerung gerügt worden. Es wollte nicht über ein Ausstandsgesuch gegen den kantonalen Datenschutzbeauftragten entscheiden, sondern einfach das Ende von dessen Amtszeit abwarten.

Im konkreten Fall beantragte die Walliser Tageszeitung Le Nouvelliste 2019 bei der Gemeinde Sembrancher Einsicht in gewisse amtliche Dokumente. Die Behörde wollte den Zugang nicht gewähren, weshalb der Datenschutzbeauftragte zwecks einer Mediation eingeschaltet wurde.

Karte vonSembrancher
Die Verwaltung der Gemeinde Sembrancher verweigerte dem Datenschützer den Zugriff.Bild: Shutterstock

Weil die Gemeinde die Unterlagen zwecks Prüfung auch nicht an den Beauftragten senden wollte, suchte dieser die Verwaltung nach vorgängiger Ankündigung im Februar 2020 auf. Der Einlass wurde ihm jedoch verwehrt.

Die Gemeinde beantragte noch im gleichen Monat den Ausstand des Datenschutzbeauftragten. Für die Behandlung dieses Begehrens fühlten sich jedoch weder das Kantonsgericht, noch der Regierungsrat, die Kommission des Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten oder das Präsidium des Parlaments zuständig, wie aus einem am Donnerstag veröffentlichten Urteil des Bundesgerichts hervor geht.

Der Gerichtshof für Kompetenzkonflikte entschied im Dezember 2020, dass das Parlament über das Ausstandsgesuch der Gemeinde befinden muss. Auf eine Beschwerde des Parlaments gegen diesen Entscheid trat das Bundesgericht Anfang Juni 2021 nicht ein. Damit war die Kompetenzstreitigkeit rechtskräftig entschieden.

Unbeantwortete Briefe

Der Fall blieb jedoch liegen. Die Gemeinde wandte sich Ende August 2021 mit der Frage an das Parlament, welche Kommission mit der Angelegenheit befasst sei. Weder wurde der Erhalt ihres Briefes bestätigt, noch erhielt sie eine Antwort.

Die Gemeinde versuchte es Anfang November 2021 mit einem zweiten Brief. Sie wies darauf hin, dass sie keine Reaktion auf ihr Schreiben von August erhalten habe und kündigte eine Beschwerde wegen Rechtsverweigerung an, sollte sie innerhalb der nächsten 20 Tage keine Antwort erhalten. Wiederum blieb es auf Seiten des Parlaments still.

Am 23. Dezember 2021 sandte die Gemeinde einen dritten Brief ans Parlament. Sie beklagte sich darüber, dass ihr nicht einmal der Erhalt ihrer bisherigen Schreiben bestätigt worden sei. Mitte Januar 2022 erhielt die Gemeinde dann das erste Mal Post vom Parlament. Sie wurde informiert, dass das Parlamentsbüro im Februar von ihrem letzten Schreiben in Kenntnis gesetzt werde.

Über das Ausstandsgesuch wurde dann aber nicht entschieden. Vielmehr liess das Parlament die Gemeinde wissen, das Parlamentsbüro habe entschieden, auf die Behandlung des Gesuchs zu verzichten. Es begründete diesen Entscheid damit, dass dieses frühestens in der Juni-Session behandelt werden könne.

Ein ausserordentlicher Datenschutzbeauftragter könne dann erst im November eingesetzt werden. Und weil der amtierende Beauftragte nur noch bis Ende Jahr im Amt sei, sei es umsichtiger, einfach die Nomination des neuen Datenschutzbeauftragten abzuwarten.

Das sieht das Bundesgericht nun aber anders. Es hat das Parlament angewiesen, innerhalb von zwei Monaten nach Erhalt des vorliegenden Urteils über das Ausstandsgesuch zu entscheiden.

(Urteil 1C_245/2022 vom 4.10.2022)

(sda)

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