Auf den Smartphones leuchtete es Rot. Die Wetterapps zeigten für Mitte Juli 45 Grad Celsius an. Temperaturen wie im Death Valley – und das in Mitteleuropa. Die Welt glühte. Die Monsterhitze fand ihren Weg auf die vielen Gratis-Wetterapps und auch in deutsche Medien. Es ist jetzt zwar wirklich heiss geworden, die extreme Hitze traf aber nicht ein. Dementsprechend gab es in Deutschland harsche Reaktionen auf den Hitzealarmismus.
Der amerikanische Wetterdienst GFS (Global Forecast System) hatte die extreme Hitzewelle erstmals am 2. Juli für Mitte Juli berechnet. Vorausgesagt wurde eine Hitzeblase aus der Wüste. Die Zahlen zeigten sich in den Wetterkarten mit 50 Grad in Spanien, 45 Grad in Mitteleuropa. Werte, die es in unseren Breitengraden noch gar nicht gegeben hat.
Die ersten Zweifel streute ein Experte für numerische Vorhersagen von kachelmannwetter.com auf Twitter. Janek Zimmer wies dort auf einen möglichen Temperaturprognosefehler hin. Von der Extremhitze war dann einige Tage später nichts mehr zu sehen.
Der Meteorologe Felix Blumer von SRF Meteo hat diese 45 Grad auch gesehen und diese mit einem Schulterzucken entgegengenommen. Er habe sich darauf verlassen, dass die Informationen bis Mitte Juli schon noch genauer werden. Der SRF-Meteorologe sagt:
Auf dem Wettermarkt tummeln sich aber immer mehr private Anbieter, die ihre Prognosen gewinnbringend auf die Milliarden Smartphones bringen wollen. Zum Beispiel ist Accu Weather mit über 50 Millionen Installationen eine der am weitesten verbreiteten Apps auf Android-Smartphones. Solche Apps mit Angaben zu einzelnen Orten hätten nichts mit der Arbeit eines Meteorologen zu tun, sagt Blumer. In den kostenlosen Wetterapps werden Höchstwerte eines einzelnen Berechnungsmodells grundsätzlich direkt und ungefiltert angezeigt.
«Wie kann man so ein Geschrei machen, wenn einzelne Modelläufe für ein Ereignis in 14 Tagen 45 Grad anzeigen», echauffiert sich Blumer über den medialen Aufruhr. Einzelne Modelle interessierten nicht: Es gab zum Beispiel am letzten Donnerstag Wettermodelle, die für morgen Dienstag rund 50 Millimeter Regen in drei Stunden voraussagten, wogegen andere Modelle gleichzeitig keinen Tropfen anzeigten.
Ein solch einzelner Modellauf war auch der Grund für den Hitzealarm für Mitte Juli. Generell stehen je nach Wetterdienst sechs bis zehn Wettermodelle zur Verfügung, je nachdem auch noch zahlreiche Untervarianten. Langfristige Wettertrends werden vom Europäischen Zentrum für mittelfristige Wettervorhersage (EZMW) gemacht und vom amerikanischen Wetterdienst GFS.
«Der primäre Fehler ist bei den Modellen mit einem Zeitfenster zwischen acht und 16 Tagen aufgetreten», erklärt Blumer. Für einen langfristigen Zeitraum werden demnach aber in der Regel nur das GFS und das EZMW-Modell verwendet. Da gebe es, salopp gesagt, eine Trefferquote von 50 Prozent, hält der SRF-Meteorologe fest. «In diesem Fall soll beim amerikanischen GFS die Bodenfeuchte falsch modelliert worden sein», sagt Blumer. Das Modell hatte die Bodenfeuchte mit unrealistischen null Prozent dargestellt. Die Böden in Mitteleuropa und der Schweiz sind aber nicht völlig ausgetrocknet.
«Solche Modellfehler gibt es immer wieder, vor allem, wenn die Modellierung der Bodenfeuchte entscheidend ist, die in der Regel nicht in der gleichen Güte zur Verfügung steht wie die atmosphärischen Werte in den Wettermodellen», sagt der SRF-Meteorologe.
Neben den Hauptmodellen rechnen Meteorologen noch mit sogenannten Ensembles. Dabei wird das Modell mehrfach durchgerechnet, mit marginalen Änderungen. Weichen die einzelnen Ensembleläufe wenig voneinander ab, so scheint die Prognose relativ verlässlich. Weichen sie stark voneinander ab, ist die Prognose weniger verlässlich. «Es liegt in der Natur der Sache, dass die Verlässlichkeit abnimmt, je weiter die Modelle in die Zukunft gerichtet sind», sagt der SRF-Meteorologe. Die Abweichung der Wettermodelle sei von der Wetterlage abhängig. «Im Einzelfall können sich die Modelle schon nach vier bis fünf Tagen total widersprechen, besonders bei Flachdrucklagen.»
Wer also heute schon wissen will, ob er in zwei oder vier Wochen eine Grillparty machen kann, muss deswegen nicht auf seine App schauen. Klassische Wetterprognosen sind nur bis zu fünf Tagen verlässlich. Angaben bis zehn Tage sind lediglich Trendaussagen. Weshalb Dreimonatsprognosen wie von Accu Weather unsinnig sind. Wetterapps von meteorologischen Institutionen wie zum Beispiel von Meteo Schweiz und SRF Meteo zeigen deshalb auch keine Langzeitprognosen, sondern nur die nächsten fünf Tage.
Der Meteorologe verlässt sich nicht auf einen Modellauf, sondern kombiniert die Informationen von verschiedenen Computermodellen. «Die Wetterprognose ist das Resultat einer gemeinsamen Analyse der anwesenden Prognostiker, basierend auf den aktuellen Wettermodellen. Diese Analyse hat auch sehr viel mit der Erfahrung der Prognostiker zu tun», sagt Felix Blumer. (aargauerzeitung.ch)