Am 24. Juli 2023 zog ein starker Sturm über die Region La Chaux-de-Fonds hinweg und verursachte innerhalb weniger Minuten erhebliche Schäden an Gebäuden und den umliegenden Wäldern. Der Sturm forderte etwa 40 Verletzte und einen Toten. Die aussergewöhnliche Heftigkeit des Phänomens veranlasste MeteoSchweiz, eine breit angelegte Untersuchung durchzuführen, um herauszufinden, was in den Neuenburger Bergen wirklich geschah.
Am Morgen des 24. Juli 2023 entwickelten sich Gewitter in einer «mässig instabilen und stark gescherten präfrontalen Luftmasse über dem nordöstlichen Viertel Frankreichs und der Westschweiz», wie es im Untersuchungsbericht von MeteoSchweiz heisst. Eine dieser Zellen nahm eine «bogenförmige Gestalt» an und verursachte einige erste intensive Böen im Burgund (Frankreich), bevor sie sich abschwächte, als sie in die Nähe des Flusses Doubs gelangte.
Als sich die Zelle der Schweizer Grenze näherte, gewann sie jedoch plötzlich wieder an Intensität und verwandelte sich in «ein superzellulares Gewitter». Dieses erreichte Le Crêt-du-Locle und die Stadt La Chaux-de-Fonds und löste in der Region innerhalb von zehn Minuten heftige Windböen aus. Das Anemometer, das Instrument für die Messung von Windböen, auf dem Flugplatz Les Eplatures registrierte eine Böe von 217 km/h innerhalb einer Sekunde.
Gab es einen Tornado? Was ist mit Windböen? Ein heftiges Gewitter? Was ist wirklich in La Chaux-de-Fonds passiert? Und vor allem: Wie kann man solche Phänomene vorhersehen? MeteoSchweiz hat monatelang recherchiert, um all diese Fragen zu beantworten.
Die Untersuchungen zum Ursprung der mit diesem Gewitter verbundenen heftigen Windphänomene wurden mithilfe verschiedener Datenquellen durchgeführt, die das Bundesamt für Meteorologie und Klimatologie Schweiz in einer umfangreichen Studie zusammengefasst hat.
MeteoSchweiz berichtet, dass sich die Untersuchungen zur Erklärung des Phänomens auf zwei «besonders wertvolle Datensätze» stützten:
Wetterradare sind für die Untersuchung von sogenannten «konvektiven» Phänomenen, wie z.B. Gewittern, von entscheidender Bedeutung. Sie liefern MeteoSchweiz wertvolle Informationen zu zwei Schlüsselparametern:
Die Daten, die für La Chaux-de-Fonds verwendet werden, stammen vom Radargerät Plaine Morte im Wallis. Warum ein Radargerät in den Alpen und nicht im Jurabogen? Weil die Reichweite des Radars in La Dôle (in der Nähe von Genf) aufgrund der Abschattung durch ein anderes Radar in nordöstlicher Richtung begrenzt ist.
Die Analyse des obigen Bildes zeigt eine grossräumige Rotation, die als «Mesozyklon» bezeichnet wird, erklärt MeteoSchweiz. Wenn man in das Bild hineinzoomt, sieht man ein ähnliches Muster in kleinerem Massstab. Dieses deute möglicherweise auf einen kleineren Wirbel hin, der wiederum mit einem darunter liegenden Tornado verbunden sein könnte.
Wichtig ist: Die Begrenzungen des Wetterradars können eine formelle Erkennung von Tornados verhindern. Tatsächlich reicht die Auflösung der Bilder nicht aus, um diese Phänomene zu identifizieren, deren Breite in der Grössenordnung von einigen Dutzend bis hundert Metern liegt. Ausserdem beziehen sich die hier analysierten Daten auf Winde in einer Höhe von etwa 4 km, während sich Tornados in der Regel in Bodennähe bilden.
Wie also kann man dann herausfinden, was passiert ist? Indem man sich direkt mit den materiellen Schäden befasst, die der Sturm verursacht hat.
Um zu verstehen, was passiert ist, konzentrierte sich MeteoSchweiz auf bestimmte Gebiete, die die vorgefundenen Windbedingungen veranschaulichen. Diese Gebiete wurden anhand von Luftbildern identifiziert. Sie verdeutlichen, aus welcher Richtung und auf welche Weise die Bäume in den betroffenen Gebieten gefällt wurden. Dabei wurden zwei unterschiedliche Hauptschadensrichtungen hervorgehoben.
Die Analyse der geografischen Verteilung der Schäden ergab gemäss MeteoSchweiz eine Übereinstimmung mit der Zugbahn und der inneren Struktur des Superzellensturms, der von den Radargeräten bei seinem Zug über die Stadt beobachtet wurde.
Eine detaillierte Analyse der Wetterdaten und Beobachtungen vor Ort lässt folgenden Schluss ziehen: Die heftigen Windböen in Verbindung mit einem superzellulären Gewitter sind das Ergebnis einer komplexen Kombination von Faktoren.
Kurz bevor das Gewitter La Chaux-de-Fonds erreichte, kam es zu einer Reihe von Elementen, welche die Intensität des Gewitters verstärkten:
Eine der grössten Herausforderungen besteht nun darin, die Bevölkerung vor solch plötzlichen und heftigen Gewittern zu warnen. Laut MeteoSchweiz sind die numerischen Modelle und die Instrumente für die kurzfristige Vorhersage noch nicht in der Lage, solche Phänomene mit ausreichender Genauigkeit vorherzusagen.
Die Hauptschwierigkeit: Solche Art von Gewitter sind sowohl zeitlich als auch räumlich extrem lokal begrenzt. Aufgrund ihrer geringen Grösse und ihrer schnellen Entwicklung sind sie für die Wetterüberwachungssysteme schwer zu erkennen und vorherzusagen.
Gemäss MeteoSchweiz zeichnen sich aber aufgrund der durchgeführten Untersuchungen trotzdem einige Verbesserungsmöglichkeiten ab:
MeteoSchweiz resümiert, man werde sich verpflichten, die Arbeit in diesen drei Bereichen fortzusetzen, um die Leistungen ständig zu verbessern und die Bevölkerung besser vor plötzlichen und heftigen Gewittern zu schützen.