«Erpresserisch, unschweizerisch»: Kantone üben harsche Kritik an Bundesrat
Wer jemanden zur Impfung motivieren kann, soll einen Gutschein im Wert von 50 Franken erhalten. Das hat der Bundesrat vergangene Woche im Rahmen einer Impfoffensive vorgeschlagen. Doch diese Massnahme kommt bei den meisten Kantonen nicht gut an. Viele unterstützen zwar die Impfoffensive der Regierung, üben jedoch teilweise harte Kritik an den Geldgutscheinen.
So bezeichnet Glarus die Geldanreize als unschweizerisch und ungerecht gegenüber all jenen, die sich bereits haben impfen lassen. Der Kanton Fribourg spricht von einer «Form der Erpressung» und davon, dass die Geldgutscheine den sozialen Zusammenhalt gefährden und aus «ethischer Sicht diskutabel» seien. Auch Neuenburg meldet ethische Bedenken an und lehnt «jegliche Vergütung für eine Gesundheitshandlung entschieden ab».
Auch die geplante «Nationale Impfwoche» des Bundesrats begrüsste die Aargauer Regierung in ihrer am Mittwoch veröffentlichten Vernehmlassungsantwort. Sie wünschte sich allerdings, dass diese Impfwoche nicht Anfang November stattfindet, sondern erst am Ende des Monats. Die Verschiebung begründet die Aargauer Regierung mit dem fehlenden Personal und den zusätzlichen Kosten, die mit der Impfwoche verbunden wären. (sda)
Der Kanton St. Gallen lehnt die sogenannten Beratungsgutscheine ebenfalls ab und findet sie «weder zielführend noch praktikabel». Er schreibt in seiner Antwort an den Bundesrat, dass der Impfentscheid nicht aufgrund von monetären Anreizen, sondern aufgrund von gesellschaftlichen und gesundheitlichen Überlegungen gefällt werden müsse. Auch der Kanton Thurgau zeigt sich kritisch und schreibt:
Die Anreize würden dahingehend falsch gesetzt, dass kritische Personen möglichst lange warten sollten, weil der Staat dereinst eine Belohnung für solidarisches Handeln ausrichten werde.
Der Berner Gesundheitsdirektor Pierre Alain Schnegg sagte gegenüber RTS, dass er befürchte, die Geldgutscheine würden die Glaubwürdigkeit der Impfkampagne untergraben. Für ihn überschreite diese Massnahme eine «rote Linie» und wäre überdies auch ein «administratives Ungetüm».
