Marktkonzentration ist eigentlich das Gegenteil von dem, was sich Konsumentinnen und Konsumenten wünschen: Unternehmen schliessen sich zusammen oder kaufen sich gegenseitig auf, sie werden grösser und weniger an der Anzahl. Der Prozess führt typischerweise zu weniger Wettbewerb, was wiederum weniger Innovation und höhere Preise bedeutet.
Theoretisch müssten die Aktionäre die grossen Profiteure sein, wenn ihre Unternehmen auf diesem Weg immer reicher werden und mehr Gewinn ausschütten können. Doch so ist es nicht immer, wie das Beispiel UBS zeigt. Obschon die Bank alle fünf Grossbanken in sich vereint, die es 1990 in der Schweiz noch gab, ist ihr Wert gemessen an der Börsenkapitalisierung nicht gestiegen, sondern von 113 Milliarden Franken im Jahr 2000 auf derzeit knapp 95 Milliarden Franken gefallen.
Den Gegenentwurf zu UBS liefert Swissquote. Der Online-Broker war 1996 an den Start gegangen und sorgte als erstes dafür, dass die Kurse der an der Schweizer Börse gehandelten Wertpapiere für alle Internetnutzer gratis abrufbar wurden. So wurde die Firma quasi über Nacht landesweit bekannt.
Im Mai 2000 liess die inzwischen als Bank fungierende Gesellschaft ihre eigenen Aktien an der Six Swiss Exchange kotieren. Der damalige Börsenwert von 350 Millionen Franken ist inzwischen auf 6 Milliarden Franken hochgeschnellt. Aus anfänglich 1000 Kunden sind bis heute 650'000 geworden (vgl. Grafik).
Im gleichen Stil explodierten auch Umsatz und Gewinn. Swissquote ist das Kind der beiden Waadtländer Ingenieure Marc Bürki und Paolo Buzzi. Die beiden lernten sich in den 1980er-Jahren am Polytechnikum in Lausanne kennen. Lange bevor das Internet zur Selbstverständlichkeit wurde, erkannten die beiden dessen technische Möglichkeiten, das breite Publikum zum Selbermachen von Finanzgeschäften zu befähigen.
Der Aufstieg von Swissquote ging freilich nicht ganz so reibungslos vonstatten. Nur Wochen nach dem Börsengang platzte die Dotcom-Blase. Tausende von Kleinanlegern, die sich gerade frisch als Hobbyspekulanten an der Börse versucht hatten, warfen nach hohen Verlusten die Flinte ins Korn. In der Folge stellten auch viele Broker wie die CS-Tochter Youtrade den Betrieb ein. Swissquote konnte Kunden erben und erreichte mit mehr Kunden und mehr Umsatz 2003 erstmals schwarze Zahlen.
Als 2011 die Euro-Schuldenkrise eskalierte, wurden schuldenfinanzierte Devisengeschäfte zum Renner. Es lohnte sich, das Geld im höher verzinsten Euro anzulegen, nachdem die Schweizerische Nationalbank 2011 den Euro-Mindestkurs eingeführt hatte. Dessen überraschende Aufhebung im Januar 2015 führte aber bei Investoren zum grossen Kater. Swissquote blieb 2015 nur knapp in den schwarzen Zahlen.
Zwei Jahre später begann der Krypto-Boom, den Swissquote, erneut weit vor der Konkurrenz, mit der Schaffung einer speziellen Handelsplattform einläutete. Ein Bitcoin kostete damals noch weniger als 2000 Franken. Zusätzlich angestachelt wurde der Krypto-Boom durch den Covid-bedingten Homeoffice-Zwang. 2023 entwich der Krypto-Blase die Luft, nachdem der Krypto-Pionier und Milliardenbetrüger Sam Bankman-Fried 2023 festgenommen wurde.
Was auffällt: Die von einzelnen Produkten abhängigen Schwankungen im Ertrag und im Gewinn von Swissquote sind über die Jahre hinweg kleiner geworden. Das betonte vergangene Woche auch CEO Marc Bürki, als er auf einer virtuellen Medienkonferenz das Jahresergebnis erörterte.
Der jüngste Kurseinbruch von Bitcoin und Co. habe keine Spuren bei Swissquote hinterlassen, unterstrich der Gründer, der wie Paolo Buzzi, sein Partner der ersten Stunde, immer noch mehr als 10 Prozent aller Swissquote-Aktien hält.
Bürki scheut sich denn auch nicht vor optimistischen Prognosen: Bis 2028 sollen Umsatz- und Vorsteuergewinn um weitere 40 Prozent auf 900 Millionen beziehungsweise 500 Millionen Franken steigen, verspricht er.
Immer mehr Kunden sollen ihr einstiges Broker-Konto bei Swissquote zur Erstbankbeziehung umfunktionieren, so die Ambition der Westschweizer, die neben ihren Trading-Features längst auch das Minimalpaket mit Salärkonto und Debitkarte für langweilige Durchschnittskunden ohne Trading-Flair im Angebot führen.
Das Phänomen Swissquote ist im Mainstream des Banking angekommen. «Wäre Swissquote in Kalifornien lanciert worden, wäre das Unternehmen jetzt mit Sicherheit so gross wie Paypal», lässt sich Martin Vetterli, der frühere Rektor der École Polytéchnique Fédéral de Lausanne (EPFL) zitieren.
Dass Swissquote nicht so weit gekommen ist, hat nicht zuletzt mit den vergleichsweise beengten Verhältnissen im Schweizer Markt zu tun. Doch Swissquote verdankt diesem kleinen, durch eine eigene Währung, eine eigene Regulierung und mehre Sprachen geschützten Markt auch den Erfolg, den das Unternehmen jetzt ausweisen kann.
Unter intensiveren Konkurrenzverhältnissen, wie sie in ganz Europa herrschen, wäre dies kaum möglich gewesen, sagen Branchenkenner. Swissquote nutzt diesen Vorteil, um weiter in die Technologie zu investieren. Die Nutzung von künstlicher Intelligenz werde schon sehr bald für eine nächste Revolution des Bankings sorgen, glaubt man in der Branche.
Darum spielt der Markt in vielen Bereichen nicht / kaum:
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