Im Fokus stehen der Hauptsitz in Basel sowie der Produktionsstandort Stein AG. Im Aargauer Fricktal steht das weltweit grösste Werk der Pharmadivision von Novartis. Mitarbeiter in Stein befürchten, dass der Pharmakonzern das Messer bei der Herstellung von Medikamenten in Tabletten- oder Kapselform ansetzen wird. Rund die Hälfte der 1670 Mitarbeiter in Stein sind laut internen Quellen in diesem Bereich tätig. Im schlimmsten Fall könnten also rund 800 Arbeitsplätze verschwinden, befürchten Angestellte. Ob Novartis einen derart harten Schnitt vornimmt, ist hingegen fraglich, da das Unternehmen in den vergangenen Jahren stark in den Standort Stein investiert hat.
Wenn auch die Zahl der Betroffenen noch unbekannt ist, weist vieles auf einen Stellenabbau hin. Novartis-Präsident Jörg Reinhardt hat sich klar in diese Richtung geäussert. Im Produktionsbereich hätten sich im Laufe der Jahre Überkapazitäten angesammelt, sagte der Deutsche Anfang September der «NZZ am Sonntag».
Viele der weltweit 68 Werke seien nicht vollständig ausgelastet. «Wir arbeiten daran, global eine Optimierung zu erreichen.» Auf Nachfrage wurde Reinhardt konkreter: «Wir haben schon kommuniziert, dass es parallel zum Aufbau neuer Produktionen einen Abbau der Standardbereiche geben wird.» Das werde global verschiedene Werke treffen und auch auf die Schweiz Auswirkungen haben.
Wenn Reinhardt von Standardbereichen spricht, dann dürfte er auch die Herstellung von Medikamenten in Tabletten- und Kapselform gemeint haben. Viele der Präparate der neuen Generation werden mit einer Spritze oder einer Infusion verabreicht. Dieser Bereich dürfte denn auch verschont bleiben.
Daneben gibt es weitere Indizien für einen Stellenabbau in Stein. So berichten Mitarbeiter, dass letzte Woche zwei grosse Festzelte auf dem Areal in Stein aufgestellt worden seien. Die Angestellten können sich dies nur mit einer bevorstehenden Mitarbeiterinformation erklären. Diese war ursprünglich schon für gestern Mittwoch angesetzt worden. Offenbar wurden deshalb die Pförtner der Dienstleistungsfirma ISS angewiesen, an diesem Tag keine Gewerkschafter auf das Areal zu lassen.
Mit ein Grund für die Verschiebung der Bekanntgabe könnte eine Inspektion der US-Gesundheitsbehörde FDA sein, die in diesen Tagen in Stein stattfindet, mutmassen Mitarbeiter. Die FDA kontrolliert regelmässig auf der ganzen Welt Pharma-Produktionswerke, der Vorgang ist an sich nichts Aussergewöhnliches. Doch offenbar wollte Novartis vermeiden, dass die Bekanntgabe des Abbaus mit der Inspektion zusammenfällt. So galt es wahrscheinlich zu verhindern, dass FDA-Vertreter auf frustrierte Mitarbeiter treffen.
Der Abbau soll jedoch nicht nur den Standort Stein treffen. Hierfür lieferte Reinhardt ebenfalls einen Hinweis: «Auch in anderen Bereichen müssen wir einfacher und effizienter operieren, und das schliesst die zentralen Dienstleistungen im Rahmen unserer Business-Services-Organisation ein», sagte er im erwähnten Interview. Gemeint ist damit die Einheit Novartis Business Services, in der verschiedene zentrale Dienste wie Informatik, Finanzen, Personal und Einkauf zusammengefasst sind. Der Abbau dürfte damit auch den Hauptsitz in Basel treffen.
Schon in der Vergangenheit verlagerte Novartis etwa IT-Jobs nach Indien oder Polen. Dies könnte sich wiederholen. Wenig erbaulich sei auch der erste interne Auftritt des neuen Chefs der Einheit Business Services gewesen. Der Niederländer Robert Weltevreden folgte im Juni auf den Schweizer André Wyss, der im März das Unternehmen verliess und im Oktober Chef des Baukonzerns Implenia wird. So soll Weltevreden etwa gesagt haben, dass Novartis zu viele Juristen beschäftige.
Schliesslich fürchten Mitarbeiter auch einen Abbau im Baselbieter Werk Schweizerhalle. Dort stellen rund 560 Angestellte Wirkstoffe und Zwischenprodukte für rund 25 Medikamente her.
Novartis wollte auf Anfrage keine Stellung nehmen. Das Unternehmen kommentiere generell keine Gerüchte, auch nicht zum Thema Auf- oder Abbau von Arbeitsplätzen, sagt ein Sprecher. «Sollte es in diesem Zusammenhang Neuigkeiten geben, werden wir unsere Mitarbeitenden und Partner zeitgerecht und transparent informieren». (aargauerzeitung.ch)