Nun also doch: Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter und Wirtschaftsminister Guy Parmelin sind am Dienstagmorgen in die USA geflogen, um die angedrohten Zölle von 39 Prozent auf Schweizer Produkte herunterzuhandeln. An der Krisensitzung tags zuvor diskutierte der Bundesrat bereits eine mögliche Reise nach Washington. Doch bevor der Flieger startete, wollte man sicher sein, im Weissen Haus nicht vor verschlossenen Türen stehen gelassen zu werden und mit leeren Händen zurückzukehren.
Die Rettungsmission muss sitzen. Zu viel steht für die Schweiz auf dem Spiel. Bei einem Zoll von 39 Prozent ist für viele hiesige Unternehmen der US-Markt tot. Sie sind nicht mehr konkurrenzfähig. Am Dienstag setzte Trump zudem noch einen obendrauf: Er drohte der Pharmabranche mit Monster-Zöllen. Zunächst werde man nur einen «kleinen Zoll» erheben, in einigen Jahren soll er dann aber 250 Prozent betragen, sagte er CNBC.
Wen die Schweizer Delegation in Washington trifft, ist unklar. Die Zusage für mindestens ein hochrangiges Gespräch ist offenbar erfolgt. Seit Montag habe es Entwicklungen gegeben, ist aus dem Bundeshaus zu hören. Das stimmt den Bundesrat optimistisch, doch noch einen Ausweg aus der Zollmisere zu finden. Allerdings dämpft man auch die Erwartungen: Die Nachverhandlungen könnten über den 7. August hinaus andauern – was bedeuten würde, dass die 39 Prozent Zoll kommen. Aber, so die Hoffnung, nur für kurze Zeit.
Die Delegation wird angeführt von Keller-Sutter und Guy Parmelin. Die beiden haben in den letzten Monaten einige Minister der Trump-Regierung kennengelernt, allen voran Finanzminister Scott Bessent, Handelsminister Howard Lutnick sowie den Handelsbeauftragten Jamieson Greer. Nur haben diese Kontakte wenig gefruchtet, weil Trump die ausgehandelte Vereinbarung vom Tisch wischte.
Zur Delegation gehört auch Helene Budliger, Staatssekretärin für Wirtschaft. Sie war wesentlich an der Verhandlung zum gescheiterten Abkommen beteiligt und reiste in den letzten Monaten mehrfach in die USA. Sie verfügt – zumindest auf ihrer Hierarchiestufe – über gute Kontakte in Washington und gilt als zugänglich und unkonventionell. Mit dabei ist zudem Daniela Stoffel, Staatssekretärin für internationale Finanzfragen. Sie ist ebenfalls krisenerprobt, war eine der Schlüsselfiguren bei der CS-Rettung, und vor allem kennt sich Stoffel im Weissen Haus aus: Sie war bereits einmal im Oval Office und hat Donald Trump aus nächster Nähe erlebt. Sie begleitete den damaligen Bundespräsidenten Ueli Maurer 2019 bei dessen Trump-Besuch. Damals diskutierte man unter anderem über ein mögliches Freihandelsabkommen.
Das wirkt wie ein Besuch aus einer anderen Zeit. Statt um freien Handel geht es nun um Abschottung.
Der Bundesrat erhofft sich, dass sich spontan weitere Treffen in Washington ergeben werden. Wie lange man in den USA bleibt, ist völlig offen. Vielleicht begegnen Keller-Sutter oder Parmelin ja – ganz zufällig – auch US-Präsident Donald Trump?
Ganz abwegig ist das nicht, wie eine Geschichte zeigt, die derzeit in Bundesbern kursiert. Der japanische Wirtschaftsminister war im April für eine erste Verhandlungsrunde auf Ministerebene nach Washington gereist. Während der Verhandlungen im Weissen Haus soll plötzlich Trump reingeplatzt sein – angeblich, um ein Cola zu servieren. Japan und die USA haben sich schliesslich vor zwei Wochen auf einen Zoll-Deal geeinigt, der einen Zollsatz von 15 Prozent vorsieht – statt der ursprünglich angedrohten 25 Prozent.
Hoffen auf den Zufall mag absurd klingen, doch Donald Trump sprengt sämtliche Normen der Politik. Die Schweizer Delegation steht vor einer enormen Herausforderung.
Wie unberechenbar Trump ist und wie faktenfrei er politisiert, zeigte er am Dienstag wieder einmal. Auf dem Fernsehsender CNBC äusserte er sich zum ersten Mal öffentlich zu seinem Telefongespräch mit Bundespräsidentin Keller-Sutter von letzter Woche, die er als «Premierministerin» bezeichnete. «Die Frau war nett, aber sie wollte nicht zuhören», sagte Trump. Er habe ihr erklärt, dass das Handelsdefizit 41 Milliarden Dollar betrage: «Wir haben ein Defizit von 41 Milliarden Dollar. Und Sie wollen 1 Prozent Zölle zahlen, Madam», habe er zu Keller-Sutter gesagt. Und weiter: «Sie werden nicht 1 Prozent zahlen, wir verlieren, weil ich das Defizit als Verlust betrachte.»
Die Schweiz und die USA hatten ursprünglich eine Absichtserklärung ausgehandelt, die Zölle von 10 Prozent vorsah. Von nur 1 Prozent war nie die Rede gewesen. Und auch die Zahl zum Handelsdefizit scheint eher zufällig gewählt: 2024 betrug das Handelsdefizit aus US-Sicht rund 38 Milliarden Dollar. Am Dienstag wurde die Statistik für den Juni veröffentlicht. Die USA verzeichneten von April bis Juni gar einen Handelsüberschuss mit der Schweiz von 6,4 Milliarden Dollar. Im ersten Quartal von Januar bis März gab es hingegen ein Defizit von 54,3 Milliarden Dollar.
Die Zahlen zeigen, wie die Handelswelt unter Trump aus den Fugen geraten ist. Im ersten Quartal exportierten wegen der drohenden Zölle viele Schweizer Unternehmen mehr in die USA als üblich und füllten ihre Lager. Zudem wurde das Bild durch den bilateralen Goldhandel, der ausserordentliche Ausmasse annahm, verfälscht. (bzbasel.ch)
"Doch bevor der Flieger startete, wollte man sicher sein, im Weissen Haus nicht vor verschlossenen Türen stehen gelassen zu werden und mit leeren Händen zurückzukehren."
Dann
"Wen die Schweizer Delegation in Washington trifft, ist unklar. Die Zusage für mindestens ein hochrangiges Gespräch ist offenbar erfolgt"
Mol Mol, na dann ist ja alles klar. Problem gelöst.