Schweiz
Wirtschaft

Was Expats an der Schweiz stört und was sie lieben – die Rangliste 2019

Expats Schweiz
Das erste Bild, wenn man bei der Bildagentur Shutterstock nach «Expats Schweiz» sucht.bild: shutterstock

In diesem Expats-Ranking kackt die Schweiz wieder ab – doch es gibt auch Glanzlichter

In einer neuen Expats-Studie schneidet die Schweiz wenig schmeichelhaft ab. In anderen Studien sah das schon besser aus. Warum die Studienergebnisse so unterschiedlich ausfallen und was die Expats an der Schweiz besonders stört.
05.09.2019, 10:0005.09.2019, 10:53
Reto Fehr
Folge mir
Mehr «Schweiz»

In der seit 2014 jährlich erscheinenden «Expat Insider Studie» der Organisation InterNations haben 2019 über 20'000 im Ausland lebende und arbeitende Personen aus 187 Ländern und Territorien mitgemacht. Die Teilnehmer bewerten dabei bis zu 48 Faktoren auf einer Skala von eins bis sieben. Emotional geprägte Faktoren werden dabei gleich bewertet, wie sachbezogene Kriterien.

Aus diesen Faktoren wurden sechs Hauptgruppen erstellt und ausgewertet. Damit ein Land im Ranking erscheint, ist eine Stichprobengrösse von mindestens 75 Teilnehmern erforderlich. Aus der Schweiz nahmen 1033 Expats aus 95 verschiedenen Nationen teil.

Gesamtrang

Die Schweizer Gesamtresultate seit 2014.
Die Schweizer Gesamtresultate seit 2014.bild: internations.org

Die Schweiz liegt auf Rang 38, umgeben von Ländern wie Kenia (36), Österreich (37), Japan (39) und den Vereinigten Arabischen Emiraten (40). Dies ist immerhin eine kleine Steigerung gegenüber 2018, aber ob es das Ende des 4-jährigen Negativtrends ist, bleibt abzuwarten.

Warum sind wir so schlecht und in anderen Studien so gut?

Du bist verwundert, dass wir bei diesem Expat-Ranking wieder schlecht abschneiden, obwohl du zum Beispiel vor zwei Monaten hier gelesen hast, wie beliebt die Schweiz bei ausländischen Arbeitskräften ist?

Gemäss InterNations sind drei Hauptaspekte dafür verantwortlich:

  • Themenbereiche und Faktoren: Unterschiedliche Expatsstudien betrachten unterschiedliche Themenbereiche – und selbst innerhalb eines Themenbereiches kann es je nach Fragestellung zu grossen Unterschieden kommen.
  • Zusammenstelllung und Gewichtung der Themen: Themen wie Eingewöhnung, Arbeitsleben oder persönliche Finanzen haben bei der aktuellen Studie die gleiche Gewichtung. In anderen Studien wird beispielsweise die Eingewöhnung weniger oder nicht bewertet. Und die Schweiz schneidet da schlecht ab.
  • Datengrundlage: Diese Studie basiert auf Bewertungen von Studienteilnehmern, womit eine subjektive Betrachtung des Lebens im Ausland gezeigt wird. Andere Studien berücksichtigen oft auch objektive Fakten, wie beispielsweise die Kosten für einen «durchschnittlichen Einkaufskorb» oder die offizielle Kriminalitätsstatistik.

Lebensqualität

Bisherige Resultate: 2014: 1. Platz; 2015: 4. Platz; 2016: 10. Platz; 2017: 8. Platz; 2018: 9. Platz; 2019: 5. Platz

In Sachen Lebensqualität belegt die Schweiz nach drei durchschnittlichen Jahren wieder einen Spitzenrang und schliesst von den sechs Hauptthemen der Studie hier deutlich am besten ab. Vor uns liegen einzig:

  1. Portugal
  2. Spanien
  3. Taiwan
  4. Singapur

Im Unterpunkt «Sicherheit» reicht es uns gar aufs Podium. Besser bewertet wurden hier nur Oman und Singapur. Auch bei «Reisen und Transportwesen» wird die Schweiz gelobt, wie kaum ein Land. Besser eingestuft wurden nur Singapur, Hongkong und Tschechien.

Familienleben

Anmerkung: Im Gegensatz zu den anderen Bereichen benötigt es hier Studienteilnehmer mit Familien. In diversen Ländern wurde hier die erforderliche Anzahl nicht erreicht, darum werden nur 36 bewertet.
Anmerkung: Im Gegensatz zu den anderen Bereichen benötigt es hier Studienteilnehmer mit Familien. In diversen Ländern wurde hier die erforderliche Anzahl nicht erreicht, darum werden nur 36 bewertet.bild: internations.org

Bisherige Resultate: 2014: 20. Platz; 2015: 30. Platz; 2016: 30. Platz; 2017: 27. Platz; 2018: 34. Platz; 2019: 24. Platz

Obwohl die Schweiz bezüglich Familienleben nur auf Rang 24 liegt, gibt es einige positive Aspekte. So geben drei Viertel der Befragten bei der Sicherheit der Kinder die Bestnote (weltweiter Vergleich: 45%). Einen einstelligen Platz erreichen wir bei der Qualität des Bildungswesens. Vor der Schweiz sind da einzig: Finnland, Singapur, Hongkong, Niederlande und Belgien.

Arbeiten

Bisherige Resultate: 2014: 4. Platz; 2015: 9. Platz; 2016: 16. Platz; 2017: 13. Platz; 2018: 20. Platz; 2019: 26. Platz

In der Rubrik «Arbeiten» schaffen wir es ebenfalls in die Top 30. Verdanken können wird dies dem Punkt «Wirtschaftslage und sichere Arbeitsplätze». Besser als in der Schweiz bewerteten dieses Thema nur noch Expats in Luxemburg, Deutschland, Tschechien, Niederlande und Norwegen.

Brisant: 2014 lag die Schweiz hier noch auf Rang 4. Grund für den Absturz auf Platz 26 sind beispielsweise die Karrierechancen, welche nur knapp über die Hälfte hier als zufriedenstellend einschätzen.

Persönliche Finanzen

Bisherige Resultate: 2014: 8. Platz; 2015: 18. Platz; 2016: 29. Platz; 2017: 26. Platz; 2018: 32. Platz; 2019: 29. Platz

Das Thema «Persönliche Finanzen» ist der letzte Punkt, bei welchem es die Schweiz in die vordere Hälfte schafft. 2014 grüsste die Schweiz hier noch von Platz 8. Damals waren drei Viertel der Expats mit ihrer finanziellen Situation zufrieden, 22 Prozent vergaben gar Bestnoten. Dieses Niveau konnte nicht gehalten werden, auch wenn der Rückgang sich eigentlich noch in Grenzen hielt – aber andere Länder haben insgesamt aufgeholt.

Eingewöhnung

Bisherige Resultate: 2014: 53. Platz; 2015: 58. Platz; 2016: 64. Platz; 2017: 61. Platz; 2018: 65. Platz; 2019: 59. Platz

Damit sind wir bei den zwei Themenbereichen, in welchen die Schweiz bei der Studie richtig schlecht abschneidet. Die Eingewöhnung fällt hier vielen Expats schwer. Nur 47 Prozent der Studienteilnehmer finden es leicht, sich in der Schweizer Kultur zu Hause zu fühlen. 2014 waren es immerhin noch 57 Prozent.

Bei «sich wie Zuhause fühlen» sind nur diese sechs Länder hinter uns: Schweden, China, Südkorea, Dänemark, Indien, Kuwait. Freunde finden Expats nur in Kuwait, Schweden und Dänemark noch schwieriger als in der Schweiz und mit der Freundlichkeit untertreffen uns einzig Österreich, Tschechien, Dänemark und Kuwait.

Lebenshaltungskosten

Bisherige Resultate: 2014: 58. Platz; 2015: 60. Platz; 2016: 65. Platz; 2017: 64. Platz; 2018: 67. Platz; 2019: 62. Platz

Letzter Punkt und damit leider auch der grösste Tolggen im Reinheft: die Lebenshaltungskosten. Noch schlechter beurteilen diesen Punkt einzig Expats in Dänemark und Hongkong.

In diesen 12 Schweizer Städten leben die Expats

Von den 1033 Expats aus der Schweiz, welche sich an der Studie beteiligten, kommen die meisten aus Deutschland (9%), Italien (9%), USA (8%), Grossbritannien (8%) und Frankreich (7%). Die Städte, in welchen die meisten der Studienteilnehmer in unserem Land leben, sind:

  1. Zürich (19%)
  2. Genf (18%)
  3. Basel (12%)
  4. Lausanne (9%)
  5. Bern (6%)
  6. Lugano (6%)
  7. Zug (6%)
  8. Luzern (3%)
  9. Neuenburg (3%)
  10. St.Gallen (2%)

Die besten 10 Länder

Schauen wir noch auf die gesamte Rangliste. Das sind die 10 besten Länder der Studie:

  1. Taiwan (Vorjahr: 2.)
  2. Vietnam (14.)
  3. Portugal (6.)
  4. Mexiko (4.)
  5. Spanien (8.)
  6. Singapur (5.)
  7. Bahrain (1.)
  8. Ecuador (3.)
  9. Malaysia (17.)
  10. Tschechien (10.)
So sieht also das Paradies für Expats aus: Taiwans Hauptstadt Taipeh.
So sieht also das Paradies für Expats aus: Taiwans Hauptstadt Taipeh.bild: shutterstock

Taiwan holt sich den Spitzenplatz mit starken Ergebnissen in den Sparten Lebensqualität, medizinische Versorgung, persönliche Sicherheit, Eingewöhnungszeit, Freundlichkeit, persönliche Finanzen und Arbeitsleben. Schwierig ist dagegen das Erlernen der Landessprache.

Die schlechtesten 10 Länder

Am Ende der Rangliste tummeln sich diese 10 Nationen:

  • 55. Platz: Südkorea (Vorjahr 41.)
  • 56. Platz: Russland (54.)
  • 57. Platz: Griechenland (60.)
  • 58. Platz: Grossbritannien (59.)
  • 59. Platz: Indien (66.)
  • 60. Platz: Türkei (64.)
  • 61. Platz: Brasilien (65.)
  • 62. Platz: Nigeria (neu)
  • 63. Platz: Italien (61.)
  • 64. Platz: Kuwait (68.)

Im Vergleich zum letzten Jahr nahmen vier Länder weniger teil. Schlusslicht bleibt aber Kuwait. Einzig 2017 (zweitletzter Rang) belegt das Land den letzten Platz. Die Eingewöhnung ist schwierig, Freunde findet man kaum und um die Freundlichkeit stehe es auch nicht gut, so die Studienteilnehmer.

Kuwait City
Hier trügt die traumhafte Abendstimmung: Die Expats in Kuwait sind meist nicht glücklich.Bild: Shutterstock

Wir wollen hier aber auch noch auf den zweitletzten Platz schauen: Italien. Beim Thema «Arbeiten» erhält unser südlicher Nachbar die Rote Laterne, die Wirtschaftslage wird allgemein schlecht beurteilt und bei den persönlichen Finanzen reicht es nur für Rang 62 von 64. Wetter und Klima werden zwar gelobt, die Lebensqualität ist aber trotzdem nur unterdurchschnittlich. Ein Studienteilnehmer aus Deutschland meint: «Die Leute hier sprechen nur Italienisch und haben kein Interesse am Kontakt mit Fremden.»

Wer noch Freunde sucht. Vielleicht hilft es das:

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Die teuersten Städte
1 / 12
Die teuersten Städte
Platz 10: Die Top Ten der teuersten Städte weltweit für Expats beginnt mit einer Schweizer Stadt – Bern. (KEYSTONE/Peter Schneider)
quelle: keystone / peter schneider
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Wie schwer es ist, sich als Expat in der Schweiz einzuleben
Video: srf
Das könnte dich auch noch interessieren:
80 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
The Joker
05.09.2019 10:08registriert Juli 2019
Ehrlich gesgat: es gibt recht wenige Sachen die mir so egal sind wie das Wohlfühlen der Expats in einem fremden Land! Das gild für Ausländer in der CH, sowie für Schweizer im Ausland!
34557
Melden
Zum Kommentar
avatar
Kiro Striked
05.09.2019 10:10registriert August 2019
Wenns dir hier nicht passt, dann geh doch wieder.

"Oh ich armer armer expat... bin bei der Roche Eingestellt, verdiene 8000.- Franken für die nächsten 3 Jahre... damit lässt sichs ja kaum leben... WIEVIEL KOSTET DER SUV? 48'000.-, ja okay, aber nur ausnahmsweise..."

Sorry.. da kommt n bissi bösartigkeit raus, aber ich habe Jahrelang bei der Roche gearbeitet und kenne das Gejammer dieser Leute in und Auswändig. Ständig in den Pausenräumen diese Gespräche dass alles viel zu teuer ist, obwohl man so viel Geld verdient.
14122
Melden
Zum Kommentar
avatar
Qui-Gon
05.09.2019 11:25registriert April 2015
Was bei der Eingewöhnung nicht hilft: keine Landessprache sprechen, gentrifizierte Quartiere, International School, Elterntaxi, eigene Vereine gründen. 🤷‍♂️
1204
Melden
Zum Kommentar
80
Verwaltungsgericht verhängt Zwangsmedikation für Straftäterin: Sie tötete ihren Sohn

Einer 35-jährigen Frau aus Kamerun, die im Wahn ihren eigenen Sohn umbrachte, dürfen zwangsweise Medikamente verabreicht werden. Dies hat das Zürcher Verwaltungsgericht entschieden. Kriminalitätsrisiken dürften bei Ausschaffungen nicht exportiert werden.

Zur Story