Schweiz
Wirtschaft

On produziert Schuhe für 18 Franken – verkauft sie für 190 Franken

On lässt Schuhe in Vietnam für 18 Franken herstellen – und verkauft sie hier für 190

Roger Federer wirbt dafür, es ist eine Schweizer-Firma: Da nehmen Menschen schon mal einen guten Batzen in die Hand, um On-Schuhe zu kaufen. Ob das gerechtfertigt ist, stellt eine neue Recherche infrage.
17.01.2024, 12:0717.01.2024, 13:39
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On-Schuhe erfreuen sich in der Schweiz höchster Beliebtheit. Nicht zuletzt, weil Nationalheld und Tennislegende Roger Federer das Gesicht der Schuhfirma ist. Angepriesen werden die Schuhe auf der Webseite mit Sprüchen wie «Inspiriert von Athlet*innen» und «Angetrieben von Schweizer Technologie». Die Preise sind dementsprechend stolz: Zwischen 190 und 250 Franken muss man für die Sneakers und Wanderschuhe hinblättern. Einzelne Modelle kosten gar bis zu 445 Franken.

Ob das gerechtfertigt ist, wird gleich auf mehreren Ebenen infrage gestellt. So hat der Schuh bereits seit Jahren mit Qualitätsproblemen zu kämpfen. Kassensturz berichtete 2020 von diversen Kundinnen und Kunden, die sich darüber aufregten, dass die Schuhe bereits nach kurzer Zeit kaputtgingen.

Eine K-Tipp-Recherche hat nun aufgedeckt, wie viel so ein Schuh in der Produktion kostet. Folgendes Modell «The Roger Advantage» kann man im On-Online-Shop für 190 Franken kaufen. Hergestellt wird er allerdings in Vietnam – für schlappe 17.86 Franken.

Zieht man vom Ladenpreis noch die Schweizer Mehrwertsteuer (15.39 Franken), die Frachtkosten und Zollgebühren (1.62 Franken) ab, ergibt sich die Marge: Satte 155.13 Franken wandern in die Tasche von On.

on schuh: the roger advantage
Dieser Damenschuh des Modells «The Roger Advantage» kostet 190 Franken.Bild: on-running.com

Noch weiter geht die Schere bei Verkaufs- und Herstellungspreis beim limitierten Modell Cloudtilt LOEWE auseinander: On lässt den Schuh für 20.80 herstellen, die Kundschaft mussdafür 445 Franken in die Hand nehmen.

Coudtilt LOEWE
Dieses limitierte Modell «Cloudtilt LOEWE» schlägt mit 445 Franken zu Buche.Bild: on-running.com

Konsumentenschützerin Sara Stalder kann nicht nachvollziehen, wieso Menschen für mittelmässige Qualität so viel Geld ausgeben. Gegenüber SRF sagt sie:

«Für uns ist es ein Phänomen, dass dieser Schuh einen dermassen grossen Absatz findet. Denn man weiss, es gibt immer noch Qualitätsprobleme.»

Die Leute fänden aber, es sei ein guter Schuh. Womöglich, weil immer wieder mit der Schweiz geworben werde, so Stalder.

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Konkurrenz mit tieferer Marge

On verlangt nicht nur mehr Geld für die Schuhe, sie bezahlen den Herstellern auch weniger als die Konkurrenz. Laut K-TIPP ist das Modell «Magnify Nitro SP» von Puma für 111.90 Franken erhältlich, während 30.56 Franken davon an die Hersteller gehen. Bei Adidas bezahlt man für den Schuh Ultraboost DNA 5.0 140 Franken, wobei die Hersteller 28.43 Franken erhalten. Ein weiteres erwähnenswertes Detail: Laut K-Tipp handelt es sich bei den Herstellungsfabriken, um dieselben wie bei On.

Wie rechtfertigt On seine hohe Marge? Bianca Pestalozzi, Leiterin des Europa-Geschäftes bei On nimmt gegenüber SRF Stellung:

«Die Marge eines On-Produktes ist das Resultat von Innovation, von Marketing, von der Distribution, von der Logistik von dem Produkt.»

Alle diese Faktoren hätten einen gewissen Preis. So etwa der schnelle Versand:

«Das Lager stellt sicher, dass wir innert 48 Stunden von unserem Webshop zu unseren Kunden nach Hause liefern können.»

Oliver Classen von der Non-Profit-Organisation Public Eye lässt diese Argumentation nicht gelten. Gegenüber SRF äusserte er sich:

«Es ist höchste Zeit, dass On von dieser riesigen Marge etwas zurückgibt an die Produktionsstandorte, an die Arbeitenden, die maximal 150 Franken verdienen pro Monat – vielleicht 250, wenn sie massiv Überstunden machen.»

Gründer lassen sich gütlich entschädigen

Der von Classen angesprochene Lohn der Arbeitenden ist nichts im Vergleich zu den Löhnen der Führungsetage von On. 2021 liessen sich die drei Gründer und die beiden Co-CEOs von On 83 Millionen Franken auszahlen.

Wie viel ist das wirklich? Das Branchenportal Tippinpoint verglich die Löhne mit der direkten Schuhkonkurrenz und kam im April 2022 zum Schluss:

«Wie man es auch rechnet, die Saläre von On sind von einem anderen Stern. Die Löhne sind weder durch die Aktienkursentwicklung noch durch die Geschäftszahlen in irgendeiner Weise gerechtfertigt.»

Gemäss Tippinpoint wurden die Saläre des Topmanagements mittlerweile eingedampft. 2022 bezog es nur noch 19 Millionen. (saw)

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419 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Stambuoch
17.01.2024 12:14registriert März 2015
«Die Marge eines On-Produktes ist das Resultat von Innovation, von Marketing, von der Distribution, von der Logistik von dem Produkt.»

Und wieso kostet der Schuh in Deutschland dann nur 119 €?

Sorry aber meine New Balance sind günstiger und halten deutlich länger.
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Sunstich
17.01.2024 12:16registriert Mai 2020
Das on sich leere Versprechen teuer bezahlen lässt ist nichts neues. Diese Firma und deren Produkte sind Scam…
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Tonii
17.01.2024 13:45registriert Februar 2019
Ich kenn jemand (Master in angewanter Mathematik) der sich bei On beworben hat. Der angebotene Lohn war im minimum 40'000 CHF unter Marktniveau. Begründet wurde dies, dass es ja ein Start Up ist und nicht so hohe Löhne bezahlt werden können. Dafür gibts die Schuhe ja gratis. Ein Monat zuvor waren die Löhne der Geschäftsleitung in den Medien.

Es werden also nicht nur die Konsumenten, sondern auch die Arbeitnehmer über den Tisch gezogen.
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