«Sitzt du drinnen oder draussen?», wird gefragt, wer in einem Café in Zürich-Wipkingen an den Tresen tritt. Wer drinnen sitzt, muss sein Corona-Zertifikat vorweisen. Denn seit Montag gilt die Zertifikatspflicht für Innenräume.
Die Liste der Orte, an welchen ein Zertifikat vorgezeigt werden muss, ist lang: Restaurant-Innenräume, Bars, Konzerte, Theater, Kinos, Sportanlässe, Kletterhallen, Aquaparks, Billardhallen, Casinos, Hochzeiten, Museen, Bibliotheken, Zoos, Fitnesszentren und Hallenbäder. Zugang erhält dort nur noch, wer geimpft, genesen oder negativ getestet wurde und dies mit einem Zertifikat beweisen kann.
Die Zertifikatspflicht hat die Stadtzürcher Gastrobetriebe am Montagmorgen kaum auf dem falschen Fuss erwischt, wie ein Augenschein zeigt. Wohl auch, weil viel Gäste aufgrund des schönen Wetters lieber draussen sitzen.
Auch in Basel freut man sich über das Spätsommerwetter: «Die Gäste setzen sich vor allem in unseren Hofgarten, wo keine Zertifikatspflicht gilt, so dass wir uns sanft an die neue Situation herantasten können», sagte Karim Frick, der Wirt vom Traditionslokal «Löwenzorn».
Simone Müller von der Schatz AG, der Agentur für Gastronomie und Hotelbetriebe aus Luzern, die mit verschiedenen Gastrobetrieben zusammenarbeitet, sprach von einem «normalen Montagmorgen». Die Gäste seien wie gewohnt gekommen, sassen drinnen und draussen. Die Zertifikate seien selbstverständlich vorgewiesen worden. Die älteren Personen eher in der ausgedruckten, die jüngeren mehr in der digitalen Version.
Durch eine vom Bund bereitgestellte App wird der QR-Code auf dem Zertifikat eingelesen. Ist das Zertifikat gültig, wird noch die Identität mit einem Ausweis überprüft. Das funktioniere soweit gut, hiess es am Montagmorgen im Café in Zürich-Wipkingen. Aber der wahre Stresstest komme wohl erst am Abend, wenn die Lokalität von mehr Leuten frequentiert wird. «Gut wäre, wenn das Zertifikat gleich beim Bezahlen mit der Karte mit abgeglichen würde, dann hätten wir einen Schritt weniger in diesem Prozess», sagte eine Mitarbeiterin.
Bei einem Selbstbedienungsrestaurant nahe des Hauptbahnhofs haben die Mitarbeitenden ein Geschäftshandy bei der Kasse. Damit scannen sie während des Bezahlvorgangs das Corona-Zertifikat von Gästen, die drinnen sitzen möchten. Viele sind es noch nicht, die meisten scheinen das schöne Spätsommerwetter draussen zu geniessen.
Ein Beizer in Zürich-Oerlikon sagte, bei ihm werde zumindest nach einem Eishockeyspiel nur eine Arbeitskraft in der Bar wohl nicht mehr reichen. Dann müsse jemand die Zapfhähne bedienen und jemand an der Tür die Zertifikate überprüfen. Insgesamt sollte es für die Gastro aber einfacher werden, weil im Innern keine Abstände zwischen Gruppen mehr eingehalten werden müssen.
Auch beim Zoo Zürich hat die neue Regelung am Montagmorgen zu keinen Problemen geführt, wie Direktor Severin Dressen auf Anfrage sagte. Die allermeisten Besucherinnen und Besucher hätten ihr Zertifikat und einen Ausweis dabei gehabt. «Wir konnten keinen negativen Effekt auf die Besucherzahlen feststellen, der Zoo ist gut besucht. Zudem können wir mit der neuen Regelung die Maskenpflicht in Innenräumen aufheben.»
Beim Zoo Basel konnten sich Besucherinnen und Besucher bei Bedarf in einem Zelt beim Haupteingang testen lassen. Die Überprüfung der Zertifikate sei mit einem Mehraufwand verbunden, sagte eine Sprecherin des Zoos, die Besucherinnen und Besucher seien aber gut vorbereitet und reagierten grösstenteils positiv auf den Umstand, dass nun auch die Tierhäuser ohne Maske betreten werden können.
Auch in anderen Kultureinrichtungen werden erste Erfahrungen im Umgang mit der Zertifikatspflicht gesammelt: Im Theater Basel seien reservierte Plätze bislang lediglich vereinzelt storniert worden, sagte eine Sprecherin. Ganz ohne Komplikationen verliefen hingegen die ersten zertifikatspflichtigen Stunden in der Fondation Beyeler, die als eines der wenigen Schweizer Museen am Montag geöffnet ist. Technische Probleme beim Einlesen der Zertifikate gab es beim Eingang zur Bibliothek in der St. Galler Hauptpost.
Kritischere Stimmen kommen aus der Fitness-Szene: Die Basler Fitnesscentergruppe Fitorama, die neben einem öffentlichen Center in Basel auch Einrichtungen des Unisports und des Pharmakonzerns Novartis betreibt: Es kämen Kunden, die es sehr begrüssen, endlich wieder ohne Masken trainieren zu können, andere wiederum blieben nun fern, hiess es auf Anfrage.
Im Trainingscenter savo.ch im Berner Wankdorf erschienen am Morgen laut einer Angestellten deutlich weniger Kundinnen und Kunden als üblich. Man habe Ende letzter Woche die Kundschaft auf die Zertifikatspflicht ab Montag aufmerksam gemacht, und es habe nicht wenige gegeben, die gesagt hätten, dass sie deshalb jetzt nicht mehr ins Trainingscenter kämen.
Bereit für die neuen Massnahmen sind auch die Polizeikorps, welche kontorllieren, ob die neue Covid-Zertifikatspflicht eingehalten werde.
Es würden sowohl Stichproben als auch Kontrollen auf Meldungen hin durchgeführt, teilte die Stadtpolizei Zürich auf Anfrage mit. Die Luzerner Polizei will nicht bekanntgeben, wann, wie und wo kontrolliert werde. Im Kanton Aargau wollen die Behörden die Zertifikatspflicht «mit Augenmass» kontrollieren, denn die Bevölkerung habe bisher gut mitgemacht. Das Basel Städtische Gesundheitsdepartement will den Gastrobetrieben, Fitnesscentern und Kulturinstitutionen ein paar Tage Zeit lassen, sich an die neue Situation zu gewöhnen.
Wer als Privatperson gegen die neuen Regeln verstösst, kann mit hundert Franken gebüsst werden. Einrichtungen und Veranstaltungen, welche die Zertifikatspflicht nicht beachten, droht eine Busse bis hin zur Schliessung der Betriebe. (yam/sda)
So ist es halt, wenn eine Minderheit lauter ist als die Mehrheit.
Scheinbar sind wir doch nicht so anders, wie Viele denken.