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Wirtschaft

Kostensteigerungen: So viel teurer wird das Leben in deiner Gemeinde

ARCHIV --- ZUM REFERENZZINSSATZ ALS BERECHNUNG DER MIETEN STELLEN WIR IHNEN FOLGENDES BILD ZUR VERFUEGUNG --- Miethaus an der Scheuchzerstrasse im Zuercher Kreis 6 am Montag, 12. Dezember 2011. (KEYST ...
Die Kosten für das Leben in den eigenen vier Wänden nehmen 2024 zu.Bild: KEYSTONE

Strom, Krankenkasse, Mieten – so viel teurer wird das Leben in deiner Gemeinde

In manchen Gemeinden wird das Leben nächstes Jahr um Hunderte Franken teurer. Wer eine neue Wohnung sucht, muss noch viel höhere Kosten schlucken, wie eine aktuelle Auswertung zeigt.
12.12.2023, 16:53
Mark Walther / ch media
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Teigwaren, Benzin, Streamingdienste – die Liste der Güter, die teurer geworden sind, ist lang. Und die Teuerung macht keine Pause: Nächstes Jahr bezahlen die meisten Menschen in der Schweiz mehr für den Strom, die Mieten und für die Krankenkassenprämien, die nicht zur offiziellen Inflationsrate beitragen. Das sind drei bedeutende Budgetposten. Doch sie werden nicht überall gleich viel teurer.

Wir haben anhand von Daten des Bundes und des Immobilienberaters Wüest Partner berechnet, wie stark die Preisanstiege in den Schweizer Gemeinden im Durchschnitt ausfallen (mehr zu den Daten und dem Vorgehen lesen Sie am Ende des Artikels). Dabei ergab sich ein differenziertes Bild von Regionen, in denen das Preisniveau moderat steigt – aber auch von Gemeinden, in denen die Menschen alleine für Strom und Krankenkasse mehrere Hundert Franken mehr ausgeben müssen.

Die Übersicht

Mittlere Wohnung in Zürich kostet fast 3000 Franken

Am stärksten ist die Teuerung im Kanton Zug, der Stadt Zürich und dem Oberengadin. Das hat primär mit den rasant steigenden Mieten zu tun. Im Oberengadin sind die Angebotsmieten laut Wüest Partner innerhalb eines Jahres um 7,5 Prozent und mehr gestiegen. Wer in St. Moritz, Pontresina oder Samedan eine 90-Quadratmeter-Wohnung sucht, sieht sich mit Median-Preisen von 2290 Franken konfrontiert – ohne Nebenkosten. Im Kanton Zug kostet eine gleich grosse Wohnung 2520 Franken, in der Stadt Zürich sogar 2960 Franken.

A 7-year-old girl watches TV in an apartment in Zurich, Switzerland, pictured on February 27, 2013. (KEYSTONE/Gaetan Bally)

Ein 7-jaehriges Maedchen schaut Fernsehen in einer Wohnung in Zuerich, aufg ...
In der Stadt Zürich sind die Mieten besonders hoch.Bild: KEYSTONE

Wichtig: Es handelt sich hier um Wohnungsmieten, die auf dem Markt feilgeboten werden. Wir stützen uns darauf, weil die Datenverfügbarkeit besser ist als bei den Bestandesmieten, welche die bestehenden Mietverhältnisse abbilden. Unsere Analyse überschätzt die Teuerung bei den Mieten dadurch tendenziell. Dies, weil Angebotsmieten laut der Zürcher Kantonalbank landesweit 14 Prozent und in der Stadt Genf sogar 54 Prozent höher sind als Bestandesmieten. Der Grund ist, dass das Gesetz diese stärker schützt.

Die Bestandesmieten sind aber ebenfalls im Steigen begriffen. Der Referenzzinssatz ist soeben zum zweiten Mal in diesem Jahr gestiegen. Das berechtigt die Vermietenden zu einer Mieterhöhung – sofern sie frühere Senkungen weitergegeben haben. Fachleute der Credit Suisse rechnen mit durchschnittlich sieben Prozent höheren Mieten.

Zuger Gemeinde mit höchster Teuerung

Das höchste Teuerungsniveau von allen Schweizer Gemeinden hat die Zuger Gemeinde Steinhausen. Die Angebotsmieten sind innert Jahresfrist um rund 162 Franken gestiegen. Ausserdem wird der Strom nächstes Jahr überdurchschnittlich viel teurer: Wo ein 4-Zimmer-Haushalt mit Elektroherd und -boiler im Schweizer Durchschnitt 18 Franken pro Monat mehr bezahlt, sind es in Steinhausen 39 Franken.

Für die Krankenkassenprämien werden 31 Franken mehr fällig. Addiert man die drei Posten, resultiert ein monatlicher Betrag von 232 Franken – pro Jahr ist das ein Mehrbetrag von fast 2800 Franken.

In Steinhausen im Kanton Zug steigen die Lebenskosten im kommenden Jahr besonders stark.
In Steinhausen im Kanton Zug steigen die Lebenskosten im kommenden Jahr besonders stark.bild: bürgergemeinde Steinhausen

Nur vier Franken hinter Steinhausen folgt die Stadt Zürich mit 228 Franken monatlicher Mehrausgaben. Hier stammt ein noch grösserer Teil der Teuerung von den Mieten: 190 Franken. Den Zürcherinnen und Zürchern kommt der vergleichsweise tiefe Strompreis entgegen; er steigt nur um 8 Franken pro Monat. Auf Platz drei folgt Menzingen ZG, auf Platz vier St. Moritz GR. Der Durchschnitt aller Gemeinden liegt bei 94 Franken.

Mieten steigen nicht überall

Die Regionen mit der tiefsten Teuerung bei Strom, Prämien und Mieten sind der Berner Jura, das Tessiner Tre Valli und Teile des unteren Baselbiets. Berner Jura und Tre Valli sind die zwei einzigen Regionen, in denen die Mieten gesunken sind. In Moutier BE beträgt die Teuerung rund 32 Franken pro Monat, in Arlesheim BL 46 Franken und in Biasca TI 49 Franken.

In Moutier bleibt fast alles beim Alten.
In Moutier bleibt fast alles beim Alten.bild: shutterstock

Vereinzelt gibt es in anderen Landesteilen Gemeinden mit tieferer Teuerung. Es sind alles Gemeinden, in denen die Strompreise auf dieses Jahr hin explodiert sind und es nächstes Jahr eine Korrektur nach unten gibt. In den zwei St.Galler Gemeinden Niederhelfenschwil und Gaiserwald führt das sogar zu einer negativen Teuerung. Der Preisrückgang beim Strom überwiegt die Anstiege bei Krankenkassenprämien und Mieten um 14 respektive 2 Franken.

Allerdings ist der Rückgang des Strompreises in Niederhelfenschwil in Realität nicht ganz so gross, weil die Gemeinde einen Rabatt auf den Strompreis 2023 gewährt hat. Dasselbe haben auch andere Gemeinden mit hohen Strompreisen getan.

So lassen sich die Unterschiede erklären

Zwischen 14 Franken weniger und 232 Franken mehr pro Monat – wieso gibt es bei Strom, Krankenkassenprämien und Mieten so grosse Unterschiede zwischen den 2136 Schweizer Gemeinden? Beim Strom sind Haushalte an den lokalen Grundversorger gebunden. Von denen gibt es landesweit über 600 – und damit eine grosse preisliche Vielfalt.

Die Krankenkassenprämien sind in 15 Kantonen einheitlich. Die anderen elf Kantone sind in zwei oder drei Prämienregionen unterteilt. Dort bezahlt man in städtischen Gemeinden höhere Prämien als in den ländlichen Kantonsteilen. Dies, weil die Dichte an medizinischen Leistungen und damit Gesundheitskosten höher sind. Bei den Angebotsmieten machen vor allem Angebot und Nachfrage die Unterschiede aus.

Die Inflation lag für Teigwaren zuletzt übrigens tiefer als im Sommer. Angesichts der starken Preisaufschläge bei Strom, Prämien und Mieten dürfte das für viele bloss ein schwacher Trost sein.

Daten und Methode: So sind wir vorgegangen
Um die Gemeinden vergleichen zu können, haben wir folgende Datensätze beigezogen:

Strom: Preisvergleich der Elektrizitätskommission Elcom 2023 und 2024. Basis des Vergleichs ist eine 4-Zimmerwohnung mit Elektroherd und Elektroboiler mit einem Verbrauch von 4500 Kilowattstunden pro Jahr, die das Standardprodukt bezieht. In Gemeinden mit mehreren Stromanbietern gehen wir von der durchschnittlichen Preisveränderung aller Anbieter aus.

Krankenkassen: Monatliche mittlere Prämie pro Kanton resp. Prämienregion für Erwachsene in den Jahren 2023 und 2024, berechnet vom Bundesamt für Gesundheit.

Mieten: Median-Angebotsmiete einer 90-Quadratmeter-Wohnung ohne Nebenkosten pro MS-Region, erhoben von Wüest Partner. Die 106 MS-Regionen sind eine räumliche Gliederung des Bundesamtes für Statistik. Wir vergleichen die Preisveränderung vom 3. Quartal 2022 zum 3. Quartal 2023, wobei Wüest Partner die Veränderung für jede Region in einer Spannbreite (z.B. 1,25 bis 2,5 Prozent) angibt. Für die Berechnung haben wir jeweils den Mittelwert der Spanne verwendet. In der tiefsten Kategorie («Rückgang der Mieten») rechnen wir mit -0,625 Prozent, in der höchsten («Anstieg der Mieten um 7,5 Prozent und mehr») mit 8,125 Prozent. So sind die Abstände zwischen allen Kategorien gleich gross.
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82 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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M.Ensch
12.12.2023 17:08registriert März 2020
Und wann werden jetzt die Versprechen von den PolitikerInnen, vor den Wahlen und während des Wahlkampfs lauthals kundgetan, eingelöst, diese Misere zu bekämpfen? Richtig. Da wartet der untere Mittelstand vergebens darauf und steht wieder einmal mehr im Regen.
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Jep.
12.12.2023 17:08registriert Januar 2022
Wenn nur die Gehälter auch so steil steigen würden wie die Teuerung.

Und bei den Mieten ist die voraussichtliche Erhöhung wegen dem Referenzzinssatz noch nicht mal dabei. Das gibt nochmals mindestens 3% obendrauf.
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Verbesserer
12.12.2023 18:05registriert Mai 2020
Weltweit wo noch demokratische Regierungen an der Macht sind, besteht die Gefahr, dass die Demokratie geschwächt oder abgeschafft wird. Viele Politiker sind gekauft, in den Parlamenten sitzen mehrheitlich Lobbyisten welche nur ihre und die Interessen ihrer Klientel bewirtschaften. Die meisten Bürger sitzen aussen vor, und werden nach Strich und Faden vorgeführt.
Ich möchte keine andere Regierungsform, jedoch wenn wir eine faire Politik wünschen, dann müssen wir die Parlamente ausmisten. So wie es jetzt ist schaden wir uns und dem Land.
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