Schweiz
Wirtschaft

Ladenöffnungszeiten: Bern findet einen Kompromiss

Ladenöffnungszeiten: Für einmal gibt es einen Kompromiss statt ein Patt

Revolution unter Berns Lauben: Sozialpartner finden eine Lösung, die beiden passt. Das Modell könnte Schule machen.
12.03.2023, 03:4912.03.2023, 03:49
Florence Vuichard / ch media
Mehr «Schweiz»

Beim Thema Ladenöffnungszeiten stehen sich jeweils zwei unversöhnliche Lager gegenüber: Auf der einen Seite die Ladenbetreiber und Wirtschaftsverbände, welche immer mehr Freiheiten wollen, auf der anderen Seite die Gewerkschaften, die kategorisch gegen jede Ausweitung antreten - und meist mit Erfolg. So gesehen ist die neuste Meldung aus Bern eine kleine Revolution.

Bald am Samstag bis 18 Uhr? Sozialpartner wollen im einem Pilotprojekt neue Ladenöffnungszeiten testen.
Bald am Samstag bis 18 Uhr? Sozialpartner wollen im einem Pilotprojekt neue Ladenöffnungszeiten testen.Bild: christian beutler/keystone

In der Bundesstadt haben die Wirtschaftsverbände und Gewerkschaften gemeinsam einen Kompromiss erarbeitet, bei dem beide Seiten Erfolge für ihre Klientel herausholen konnten. Demnach dürfen die Läden am Samstag bis 18 Uhr und damit eine Stunde länger offenbleiben als bis anhin, im Gegenzug soll am Donnerstagabend, an dem der einst so populäre Abendverkauf stattfand, spätestens um 20.00 Uhr Schluss sein. Zudem haben sich die Wirtschaftsverbände bereit erklärt, die Einführung eines Gesamtarbeitsvertrags zu prüfen - und damit über Arbeitszeiten, Sonntagsverkäufe und Mindestlöhne zu diskutieren.

Dieser Kompromissvorschlag, der zuerst noch von den Mitgliedern aller Sozialpartner abgesegnet werden muss, soll zuerst in einem «Pilotprojekt» in der Berner Innenstadt getestet und parallel evaluiert werden. Wann genau er gestartet werden kann, ist derzeit noch unklar. Sven Gubler, Präsident der Innenstadtorganisation Berncity, hofft, dass der Pilotversuch im Herbst starten kann. Hierfür braucht es auch die Zustimmung der bernischen Kantonsregierung.

Der stationäre Detailhandel steckt schon seit längerer Zeit in der Krise, zu gross und zu einfach zugänglich ist die Onlinekonkurrenz, die immer offen hat. Die jüngste Konkurswelle - von Vögele Shoes bis zum Reformhaus - sowie die Schliessung des Traditionswarenhauses Jelmoli in Zürich haben aber offensichtlich allen Beteiligten klargemacht, wie prekär die Situation ist.

Gubler räumt ein, dass früher auch von Seiten der Wirtschaftsverbände Fehler gemacht worden seien, etwa mit der strikten Ablehnung, über einen GAV auch nur zu diskutieren oder mit Forderungen nach immer mehr Freiheiten bei den Öffnungszeiten. Bei diesem Kompromiss gehe es «nicht um eine Erweiterung» der Öffnungszeiten, betont Gubler, es gehe nur um eine «Verschiebung».

öffnungszeiten in kantonen

Ob das Berner Modell Schule machen könnte, weiss Gubler nicht. «Wir müssen den Detailhandel an die geänderten Kundenbedürfnisse und Rahmenbedingungen anpassen, und das geht nur gemeinsam mit den Sozialpartnern.» (aargauerzeitung.ch)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Millionen-Dollar-Raub – «Bling Bling Bishop» vor laufender Kamera überfallen
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
37 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
3klang
12.03.2023 09:27registriert Juli 2017
Meine Frau arbeitet im Gesundheitswesen und dadurch systembedingt auch Nacht- und Wochenend-Schichten. Gemäss der Argumentation der Gewerkschaften müsste unsere Ehe schwer gestört und dem Untergang geweiht sein, da Wochenendarbeit Familien zerstört.
Kann ich so also nicht bestätigen...
8029
Melden
Zum Kommentar
avatar
Oshikuru
12.03.2023 12:05registriert Juni 2016
Ich arbeite zwar nicht im Verkauf, aber ich würde sofort am Sonntag arbeiten, wenn ich könnte. Dann hätte ich eine zusätzliche Tag für Erledigungen (Arzt, Banken etc). In meiner Lebenssituation hat ein freier Sonntag keinen Vorteil gegenüber anderen Tagen. Und ich denke so geht es vielen Leuten. Deswegen fände ich einen GAV, der Sonntagsverkauf als freiwillig, inklusive Sonntagszuschlag regelt eine gute Idee. Ich denke es würden sich sehr viele Leute finden.
4111
Melden
Zum Kommentar
avatar
one0one
12.03.2023 13:27registriert Juli 2014
Ich möchte nicht dass irgendwer länger arbeiten muss. Im Gegenteil.
Aber wann man arbeitet ist m.E. eher zweitrangig. Was dem einen gut passt ist dem anderen ein Dorn im Auge.
Auch interessant ist dass es in der Industrie schon ewigs 24h gearbeitet werden. Kümmert aber scheinbar niemanden. Auch nicht wann dann die Leute die in der Nacht in der Industrie arbeiten ihren täglichen Bedarf abdecken. In Bern hat es jetzt immerhin einen Lidl im Bahnhof der schon ab 6 auf hat.
Migros oder Coop sehe ich nie wenn ich Nachtschichten habe.
Lieber die Gesamtarbeitszeit kürzen! Da haben alle was davon.
205
Melden
Zum Kommentar
37
    Grossflächiger Stromausfall auch in der Schweiz möglich

    Ein grossflächiger Stromausfall wie jener auf der iberischen Halbinsel ist auch in der Schweiz möglich. Ein solcher Blackout müsse nicht zwingend in der Schweiz passieren, sondern könnte auch durch Vorfälle im Ausland verursacht werden, so ein Experte.

    Zur Story