Jetzt werden 2,1 Milliarden Franken verteilt: Wer seine Angestellten im Monatslohn in den Corona-Jahren 2020 und 2021 in die Kurzarbeit schicken musste, kann rückwirkend eine Entschädigung für Ferien und Feiertage verlangen – einem Luzerner Gastronomen und einem Bundesgerichtsurteil sei dank.
Tausende Betriebe erhalten dieser Tage Post vom Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco), in der sie über das korrekte Vorgehen beim Gesuch informiert werden. Doch der Unmut über das Prozedere ist relativ gross. Zu kompliziert, zu aufwendig sei das Ganze, hört man allen voran aus der Gastrobranche, die von Kurzarbeit am stärksten betroffen war.
Mehr noch: Dem Seco wird vorgeworfen, extra hohe administrative Hürden einzubauen, um Unternehmen vom Einfordern des ihnen zustehenden Geldes abzuhalten. Dies vor dem Hintergrund, dass das Seco Ferien- und Feiertagsentschädigungen zuerst nicht vorsah und es eines langen Gerichtsprozesses und politischen Prozesses bedurfte, bis der, für die Nachzahlungen notwendige, Kredit endlich gesprochen wurde.
Diesen Eindruck hat auch Anwalt Martin Schwegler, der zu diesem Thema viele Mandate aus der Gastrobranche hat. «Das Ganze ist definitiv keine Meisterleistung vom Staat.» Ihm zufolge wären viele Betriebe sogar froh, einfach eine tiefere Pauschale zu bekommen und dafür auf das Ausfüllen des Gesuchs verzichten zu können.
Beispielsweise müssen sie dort selbst berechnen, welcher Betrag ihnen pro Monat zusteht – obwohl diese Daten ja schon bei den jeweiligen Arbeitslosenkassen liegen. Und wer das Gesuch bis Oktober nicht ausfüllt, dessen Anspruch verfällt. Es gilt die Holschuld.
Darauf angesprochen, heisst es beim Seco: «Die Daten aus der erstmaligen Auszahlung bilden die Basis für die Nachzahlung. Um aber die Berechnung (...) korrekt vornehmen zu können, sind weitere Angaben der Betriebe notwendig. Insbesondere muss eine Aufteilung in Mitarbeitende im Monats- und Stundenlohn erfolgen.»
Trotz dieser Erklärung: Es scheint, als wollten die Behörden die Unternehmen davon abhalten, die ihnen jetzt zustehenden Gelder nachzufordern – mit hohen bürokratischen Barrieren und einem Appell an das schlechte Gewissen der Begünstigten, sollten sie aus mehreren Covid-Töpfen Gelder erhalten haben.
Die Staatsverschuldung sei ja schliesslich schon hoch genug. Die Meinung von Gastronom Samuel Vörös, der die 2,1 Milliarden bis vor Bundesgericht erstritt, ist diesbezüglich eindeutig:
Lohnt sich der Aufwand also? Oder besteht das Risiko, dass man in der Folge andere Covid-Gelder aus anderen Töpfen zurückzahlen muss? Etwa Härtefallgelder in Form von A-fonds-perdu-Beiträgen, Direkthilfen für Kultur und Sport – die Liste ist lang, den Überblick zu behalten schwer.
Die kurze Antwort: Das Risiko, dass dann Härtefallgelder zurückbezahlt werden müssen, besteht – wegen der bedingten Gewinnbeteiligung. Das heisst: Erzielt ein Unternehmen mithilfe der Staatsgelder einen Gewinn, dann muss es die Über-Entschädigung zurückzahlen oder wird von den zuständigen Behörden aufgefordert, dies zu tun. Steuerzahler sollen schliesslich nicht für Gewinne von Unternehmen aufkommen, sondern sie vor dem Kollaps bewahren.
Die lange Antwort ist etwas komplizierter. Wichtig ist die Unterscheidung zwischen grossen und kleinen Unternehmen: Grosse Unternehmen ab einem Jahresumsatz von 5 Millionen Franken unterstehen in Sachen Härtefallmassnahmen dem Bund, für sie gilt die einheitliche Regelung, dass sie allfällige Gewinne zurückzahlen müssen.
Für kleine Unternehmen mit einem Jahresumsatz bis 5 Millionen Franken – was wohl auf die Mehrheit der Gastrobetriebe zutrifft – sind die Kantone zuständig, dann wird es uneinheitlich. Dann kommt es darauf an, ob die Kantone das System der bedingten Gewinnbeteiligung für kleine Unternehmen kennen. Die meisten kennen es nicht.
Bei der Frage, welche Gewinne aus welchen Jahren massgebend sind, ist die Antwort allerdings nicht eindeutig. Laut Anwalt Schwegler müssen Härtefallgelder aus dem Jahren 2020 und 2021 nicht zurückerstattet werden, da die Kurzarbeits-Nachzahlung ja im Geschäftsjahr 2022 erfolgt.
Beim Seco klingt es anders: Die Gelder würden ja rückwirkend ausbezahlt. Welche Gewinne relevant seien, legten im Detail die Covid-19-Härtefallverordnungen fest. «Vereinfacht kann festgehalten werden, dass der steuerbare Jahresgewinn 2021 oder 2022 massgebend ist.»
Es scheint, als seien in dieser Angelegenheit noch nicht alle Fragen restlos geklärt. Vielleicht deshalb, weil die Gewinnfrage nur wenige Unternehmen betrifft. Ratsam ist deshalb: Im Zweifelsfall das Gesuch ausfüllen.