Vergangene Woche wandten sich Unterstützer der AHV21-Reform in einem offenen Brief an die Gewerkschaften. Sie warben für die Erhöhung des Frauenrentenalters auf 65 Jahre. Ihren politischen Gegnern warfen sie vor, im Abstimmungskampf mit frei erfundenen Zahlen zu hantieren, Fakten zu verdrehen und eine Angstkampagne zu führen. «So nicht», reklamierten sie und forderten eine sachliche Debatte. Die Unterzeichner des gepfefferten Briefes: sechs Männer.
Dass ausschliesslich Männer – zudem allesamt gut situierte – für eine Gesetzesänderung werben, die nur Frauen betrifft, sorgte für Kritik.
Mattea Meyer, die Co-Präsidentin der SP, schrieb auf Twitter: «Sechs privilegierte Männer erklären, weshalb es einen Rentenabbau auf dem Buckel der Frauen braucht. Keine Pointe.»
Die 50er Jahre haben angerufen:
— Mattea Meyer (@meyer_mattea) September 8, 2022
Sechs privilegierte Männer erklären, weshalb es einen Rentenabbau auf dem Buckel der Frauen braucht.🤷♀️
Keine Pointe.
Nein zu #AHV21💥 pic.twitter.com/AUTcL8SmBY
Eine Journalistin der «NZZ» kritisierte: «Die sechs Herren wollen eine Mehrheit für die AHV-Revision. Es geht um das Frauenrentenalter. Frauen sind skeptischer gegenüber der Reform eingestellt als Männer. Ergo: Es geht nicht um die legitime Meinungsäusserung der Herren, sondern um das Campaigning.»
Die sechs Herren wollen eine Mehrheit für die AHV-Revision. Es geht um das Frauenrentenalter. Frauen sind skeptischer gegenüber der Reform eingestellt als Männer. Ergo: Es geht nicht um die legitime Meinungsäusserung der Herren, sondern um das Campaigning.
— Christina Neuhaus (@NeuhausC) September 9, 2022
Tadelnde Worte gab es auch vom Bündner SP-Regierungsrat Peter Peyer: «Wenn der Absender, sagen wir mal, gesellschaftlich gesehen leicht unrepräsentativ zusammengesetzt ist, wird zumindest die Problemstellung anschaulich dargestellt.»
Jetzt mal ganz unabhängig von einer Parole zu #AHV21 :
— Peter Peyer #PP22 (@rrpeterpeyer) September 9, 2022
Wenn der Absender, sagen wir mal, gesellschaftlich gesehen leicht unrepräsentativ zusammengesetzt ist, wird zumindest die Problemstellung anschaulich dargestellt. 😇#AHV #Altersvorsorge #Rentenalter pic.twitter.com/bsevZSCcGa
Jetzt reagiert der Schweizerische Gewerkschaftsbund – ebenfalls mit einem offenen Brief. Darin wehren sich sechs Frauen gegen die erhobenen Vorwürfe. Die sechs «Männer der Wirtschaftselite» würden sich für einen Abbau der Frauenrente einsetzen, ohne dabei zu erwähnen, dass die Frauen bereits heute rund einen Drittel weniger Rente erhielten. «Das ist respektlos!» Unterschrieben haben den Brief:
Es sei das erste Mal in der Geschichte der Schweiz, dass in einer AHV-Reform die Renten für Frauen und Ehepaare gekürzt und gleichzeitig alle über die Erhöhung der Mehrwertsteuer zur Kasse gebeten werde. «Das in einer Zeit, wo alle Preise steigen und ein massiver Schock bei den Krankenkassenprämien droht. Das ist die Realität von uns erwerbstätigen Frauen und Rentnerinnen», schreiben sie.
Über die Reform abgestimmt wird am 25. September. Aktuellen Umfragen zufolge spricht sich eine Mehrheit für eine Erhöhung des Frauenrentenalters aus. Den Ausschlag dafür geben die Männer. Bei ihnen liegt der Ja-Anteil derzeit bei 70 Prozent.