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AHV21: Wirtschaftsmänner streiten via offene Briefe

Vertreter der Wirtschaft und Gewerkschafterinnen bestreiten sich in offenen Briefen.
Vertreter der Wirtschaft und Gewerkschafterinnen bestreiten sich in offenen Briefen.montage: watson

«So nicht!»: 6 Wirtschaftsmänner streiten mit 6 Gewerkschafterinnen über die AHV21

Sechs Männer werfen den Gewerkschaften Angstmacherei im Abstimmungskampf vor. Jetzt wehren sich sechs Frauen.
16.09.2022, 17:5117.09.2022, 21:52
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Vergangene Woche wandten sich Unterstützer der AHV21-Reform in einem offenen Brief an die Gewerkschaften. Sie warben für die Erhöhung des Frauenrentenalters auf 65 Jahre. Ihren politischen Gegnern warfen sie vor, im Abstimmungskampf mit frei erfundenen Zahlen zu hantieren, Fakten zu verdrehen und eine Angstkampagne zu führen. «So nicht», reklamierten sie und forderten eine sachliche Debatte. Die Unterzeichner des gepfefferten Briefes: sechs Männer.

  • Thierry Burkart, Präsident der FDP
  • Marco Chiesa, Präsident der SVP
  • Valentin Vogt, Präsident des Schweizerischen Arbeitgeberverbandes
  • Christoph Mäder, Präsident der Economiesuisse
  • Fabio Regazzi, Präsident des Schweizerischen Gewerbeverbands
  • Markus Ritter, Präsident des Schweizer Bauernverbands

Dass ausschliesslich Männer – zudem allesamt gut situierte – für eine Gesetzesänderung werben, die nur Frauen betrifft, sorgte für Kritik.

Mattea Meyer, die Co-Präsidentin der SP, schrieb auf Twitter: «Sechs privilegierte Männer erklären, weshalb es einen Rentenabbau auf dem Buckel der Frauen braucht. Keine Pointe.»

Eine Journalistin der «NZZ» kritisierte: «Die sechs Herren wollen eine Mehrheit für die AHV-Revision. Es geht um das Frauenrentenalter. Frauen sind skeptischer gegenüber der Reform eingestellt als Männer. Ergo: Es geht nicht um die legitime Meinungsäusserung der Herren, sondern um das Campaigning.»

Tadelnde Worte gab es auch vom Bündner SP-Regierungsrat Peter Peyer: «Wenn der Absender, sagen wir mal, gesellschaftlich gesehen leicht unrepräsentativ zusammengesetzt ist, wird zumindest die Problemstellung anschaulich dargestellt.»

Jetzt reagiert der Schweizerische Gewerkschaftsbund – ebenfalls mit einem offenen Brief. Darin wehren sich sechs Frauen gegen die erhobenen Vorwürfe. Die sechs «Männer der Wirtschaftselite» würden sich für einen Abbau der Frauenrente einsetzen, ohne dabei zu erwähnen, dass die Frauen bereits heute rund einen Drittel weniger Rente erhielten. «Das ist respektlos!» Unterschrieben haben den Brief:

  • Clotilde Pinto, Verkäuferin
  • Sarah Muff, Pflegerin
  • Ursula Mattmann, Rentnerin
  • Ingrid Kaufmann, Mitarbeiterin Postzentrum
  • Marie-Odile Heim, Krankenpflegerin
  • Hanny Weissmüller, Lokomotivführerin

Es sei das erste Mal in der Geschichte der Schweiz, dass in einer AHV-Reform die Renten für Frauen und Ehepaare gekürzt und gleichzeitig alle über die Erhöhung der Mehrwertsteuer zur Kasse gebeten werde. «Das in einer Zeit, wo alle Preise steigen und ein massiver Schock bei den Krankenkassenprämien droht. Das ist die Realität von uns erwerbstätigen Frauen und Rentnerinnen», schreiben sie.

Über die Reform abgestimmt wird am 25. September. Aktuellen Umfragen zufolge spricht sich eine Mehrheit für eine Erhöhung des Frauenrentenalters aus. Den Ausschlag dafür geben die Männer. Bei ihnen liegt der Ja-Anteil derzeit bei 70 Prozent.

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96 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Habedi
16.09.2022 18:32registriert Januar 2016
Kann mir kurz jemand helfen? Ein Drittel weniger Rente bekommt man als Frau? Ist das wirklich so? Denn dann müsste ich mir nochmal überlegen, was ich abstimme. Oder ist das einfach so, weil Frauen im Durchschnit weniger lange arbeiten?
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Gantii
16.09.2022 18:38registriert Februar 2015
ich sehe hier vorallem viel Sexismus. Reduzierung aufs Geschlecht. Zudem sind da wohl einige der Meinung, dass nur die (vermeintlich einzigen) Betroffenen sich zu dieser Abstimming äussern dürfen..
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Smee Afshin.
16.09.2022 18:52registriert April 2021
Die Angleichung des Rentenalters der Frauen an das der Männer ist notwendig und richtig, aus jeder Perspektive, die nicht durch politische Polarisierung indoktriniert ist. Die vier seelenlosen Neoliberalisten, der Rechtspopulist und der König der Ewiggestrigen, die sich als Speerspitze einer Schlacht gegen die "Verlogenheit der Weiblichkeit" orchestrieren, erweisen der AHV-Reform einen Bärendienst. Die Arroganz der sechs alten, weissen Männer übersteigt ihre Intelligenz leider um ein Vielfaches.
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