Seit Sonntagnachmittag ist der Gotthard-Strassentunnel gesperrt. Dies, nachdem seit August auch der Basistunnel für den Gütertransport auf den Schienen nur eingeschränkt befahrbar ist, nachdem mehrere Zugwaggons entgleist sind.
Von beiden Sperrungen betroffen, ist das Transportunternehmen Zingg Transport AG in Hedingen, das auf den Transport von Lebensmitteln spezialisiert ist. Wir haben mit dem Betriebsleiter Franz Gräzer gesprochen.
Die Zingg Transport AG ist auf den Gotthard angewiesen – inwiefern sind Sie von der Sperrung des Tunnels betroffen?
Franz Gräzer: Wir können zurzeit sowieso schon bloss reduziert Sattelaufleger auf Güterzüge verladen, weil der Gotthard-Basistunnel nur einspurig befahren werden kann. Und jetzt kommt noch hinzu, dass auch die Strasse durch den Tunnel gesperrt ist.
Was bedeutet das konkret?
Wir müssen mit Mehrkilometer zwischen 80 und 120 Kilometern ab Tessin bis in die Deutsch- und Westschweiz
rechnen.
Aber Sie können ja auf die A13 ausweichen ...
Klar. Weil nun aber gerade alle auf diese Strecke umgeleitet werden, ist sie stark befahren und es kommt zu Stau. Das heisst, wir müssen auch hier relativ hohe Standzeiten in Kauf nehmen.
Was heisst das fürs Geschäft?
Das bedeutet, dass wir einen finanziellen Mehraufwand leisten müssen, weil unsere Transportwagen mehr Kilometer fahren, um an ihr Ziel zu gelangen. Das führt zu höheren Ausgaben für Treibstoff, mehr Arbeitsstunden des Personals und höhere Schwerverkehrsabgaben.
Also sind in erster Linie die Fahrer betroffen?
Nein, die Ausnahmesituation betrifft auch jene Mitarbeiter, die vom Büro aus beispielsweise Touren planen. Hier müssen sie für eine Strecke nun wesentlich mehr Zeit einplanen, was dazu führt, dass alle Termine umgestellt werden müssen.
Und die Empfänger müssen mit verspäteten Lieferungen rechnen ...
Genau, das ist die andere Seite. Wir transportieren vorwiegend frische Produkte, die schlussendlich auf dem Teller landen. In diesem Stundengeschäft muss die Ware sofort weitertransportiert und weiterverarbeitet werden können.
Wird die Ware im schlimmsten Fall unbrauchbar?
Theoretisch, ja. Wichtig ist hier natürlich, dass man mit allen Beteiligten gut kommuniziert. Wenn wir eine Stunde oder zwei verspätet am Ziel eintreffen, müssen die Leute dort bereitstehen, um die Ware abzunehmen. In dieser Branche sind es ganz viele Zahnräder, die perfekt ineinander greifen müssen. Wenn der Zeitabstand bei uns zu gross ist, geht an einem anderen Ort der Zeitplan nicht mehr auf.
Wie gehen Sie als Betriebsleiter mit dieser Situation um?
(lacht) Logischerweise steckt man das nicht einfach weg. Für die Fahrer an der Front sowie auch die Disposition im Büro ist der Mehraufwand immens.
Wie sah Ihr Arbeitstag dementsprechend aus?
Der heutige Tag besteht eigentlich nur aus Telefonaten und Abklärungen, um zu sehen, welche Ausweichmöglichkeiten wir haben.
Und sieht es morgen schon wieder anders aus?
Der schwierigste Tag war sicher heute: Es war alles bereit und konnte dann doch nicht so durchgeführt werden. Meistens sind es ungefähr die ersten zwei Tage, in welchen man umstellen und neu aufgleisen muss. Am Mittwoch haben wir uns schon wieder ein bisschen an die neue Situation und den damit einhergehenden Stresspegel gewohnt.