45 Jahre ist es nun her, seit Rolf Zaugg seine Lehre als Bankkaufmann bei der Credit Suisse, damals hiess diese noch Schweizerische Kreditanstalt, angetreten hat.
Die CS wird es schon bald nicht mehr geben. Auch Zaugg, der schon fast 30 Jahre bei einer Regionalbank, der Avera, tätig ist, wird Ende März in den Ruhestand gehen. watson hat ihn getroffen und sich mit ihm darüber unterhalten, wie es anno 1978 noch war, wenn man seinen Freunden sagen konnte: «Ich mache die Lehre bei der Bank.»
Wenn Zaugg über die Jahre spricht, in denen er seine Lehre bei der CS absolviert hat, wirkt er schon fast euphorisch: «Ich habe wirklich die besten Erinnerungen an meine Zeit in der Lehre. Eigentlich wollte ich nie Banker werden, sondern Lehrer. Das hat dann leider nicht geklappt.»
Er fügt an: «Aber ich war froh und dankbar, dass ich das Ausbildungsprogramm bei der Kreditanstalt machen konnte. Damals war das eine Referenz, wenn man die Lehre bei einer Schweizer Grossbank absolvieren durfte. Ich habe selten in meinem Leben so profitiert wie während den fünf Jahren bei dieser Bank. Das Ausbildungsprogramm war hervorragend.»
Wie war das Banker-Image damals? Er sagt: «Meine Freunde waren auch beeindruckt, dass ich bei einer renommierten Bank arbeiten durfte.»
Zwei Jahre blieb Zaugg nach der Lehre bei der CS, danach vollzog er einen Wechsel und arbeitete zwölf Jahre lang als Wirtschaftsprüfer. «Ich begab mich dann auf die andere Seite, und zwar auf die Seite, die die Banken kontrolliert», so Zaugg.
Damals nahm er schon einige Mandate bei der Bank Avera wahr. So lernte er die Regionalbank mit Sitz im Zürcher Oberland kennen. Nach seiner Zeit als Wirtschaftsprüfer war diese dann 28 Jahre lang seine Arbeitgeberin.
In den vergangenen Wochen standen die sehr grosszügigen Boni im Zentrum der Kritik. Laut Zaugg waren diese während der 70er-Jahre noch überhaupt kein Thema. «Ich könnte mich nicht daran erinnern, dass es damals eine variable Vergütung gegeben hätte. Zu dieser Zeit gab es noch ein konventionelles Lohnsystem. Aber: Gut verdient hat man schon damals auf der Bank», so Zaugg.
Vor 45 Jahren waren Zauggs Freunde noch beeindruckt, weil er die Lehre bei der Bank machen konnte. Heute ist das Banker-Image ein anderes. «Ich denke, die Wahrnehmung der Grossbanken ist stark gekoppelt mit diesen Boni-Zahlungen. Ab den frühen 2000er-Jahren kam es zu Exzessen in der Welt der Grossbanken, die beim Durchschnitt, bei der ‹normalen› Bevölkerung für Unverständnis sorgten», sagt Zaugg.
Er erklärt weiter: «Diese exorbitanten Boni gibt es nur bei den global tätigen Banken. Bei den Regionalbanken waren solche Entschädigungsfragen nie ein Thema. Wir haben keine exorbitanten Saläre. Wenn man den tiefsten und den höchsten Lohn in Relation setzt, dann ist das etwa Faktor sieben. Bei uns gibt es zwar auch einen variablen Lohnanteil wie bei den Grossbanken, aber das ist mehr ein 13. oder 14. Monatslohn. Regionalbanken ticken ähnlich wie KMUs.»
Die moderaten Entlohnungen bei den Regionalbanken hätten das Image der Banker nicht steuern können, denn die grossen Banken und deren Boni und Skandale seien massgeblich für die Wahrnehmung bei der durchschnittlichen Bevölkerung. Das Ganze sei durch die Krise 2008 noch verstärkt worden, schildert Zaugg.
Die Frage liegt nahe, was ein Regionalbanker von diesen Boni hält. «Ich bin nicht in dieser Welt zu Hause, deshalb ist es schwierig für mich, das zu beurteilen. Subjektiv muss ich aber sagen: Das Ganze hat Auswüchse angenommen», so Zaugg.
Er ist kritisch: «In der Argumentation wird immer gesagt, dass man sonst nicht die besten Leute bekäme. Dann komme ich in meinen Überlegungen aber zum Umkehrschluss: Wenn ihr die besten Leute so geholt habt und es passiert ein solches Fiasko, dann geht das schon nicht ganz auf. »
Nach den Entwicklungen der vergangenen 15 Jahre frage er sich, ob diese Boni wirklich sinnvolle Anreize seien, die besten Manager zu bekommen. Er schlussfolgert: «Ich kenne andere Unternehmen, die Topshots haben, die getrieben sind von der Aufgabe, die sie haben. Und nicht nur von einer exorbitanten Kompensation.»
«Ich spreche wirklich nur von den exorbitanten Niveaus. Das, was die breite Masse, die den Karren zieht, bekommt, ist damit nicht vergleichbar», präzisiert Zaugg.
Für Zaugg hat sich das, was jetzt mit der CS passiert ist, schon lange abgezeichnet: «Das Geschäftsmodell wurde zu stark auf Investmentbanking ausgerichtet. Die Bank hat sich in eine andere Welt bewegt. Mit dem Investmentbanking ist der Risikoappetit gestiegen. Das wurde über die Jahre hinweg aufgebaut. Das Pech war schlussendlich, dass sich die Risiken materialisiert haben, dies hat zu substanziellen Problemen geführt.»
Wie wirken sich diese Probleme der CS auf die Regionalbanken aus? «Wir haben aktuell viele Anfragen von Neukundinnen und -kunden, die Konten eröffnen wollen. Für uns als Bank ist das gut, aber die Ursache ist eigentlich nicht die richtige», so Zaugg.
Er erklärt: «Mich stimmen die Entwicklungen nachdenklich. Ich erlebe nicht die globale CS. Ich habe viel mit dem Schweizer Geschäft der CS zu tun. Und dazu muss ich, ohne euphorisch zu werden, sagen: Das ist eine hochprofessionelle Bank. Diese hat ihr Business wirklich hervorragend gemacht. Ich empfinde es als traurig, dass eine Bank, die in ihrer Homebase derart kompetent arbeitet, im Sog der globalen Situation verschwindet.»
Man liess die Topbankergilde einfach zu lange gewähren und nun hat man die Quittung bekommen. Eigentlich müsste jeder und jede auf der Strasse stehen und einfordern, dass die Verantwortlichen hinter Gitter kommen!!!