Es geht laut einer Schätzung um bis zu 2.5 Milliarden Franken Steuern, die dank der OECD-Mindeststeuer in die Kassen von Bund und Kantonen fliessen. Am 18. Juni wird über die Umsetzung abgestimmt. Und zu reden gibt vor allem die Verteilung dieser zusätzlichen Einnahmen. Die Kantone Basel-Stadt und Zug dürften mit Abstand am meisten Geld erhalten.
Zwar haben die Kantone dennoch einstimmig die Ja-Parole beschlossen, dies im Rahmen der Konferenz der Kantonsregierungen. Über den Finanzausgleich profitierten alle, sagen die Befürworter. Doch die Befürchtung, dass die Kluft zwischen den Kantonen grösser wird, gibt es durchaus. «Zug rennt allen anderen davon», sagte die Berner Finanzdirektorin Astrid Bärtschi (Mitte) der Zeitung «Bund».
Die Stadt Biel spricht sich sogar gegen die Vorlage aus. Die geplante Verteilung der Einnahmen verstärke die Unterschiede zwischen schwächeren und stärkeren Kantonen, warnt Stadtpräsident Erich Fehr (SP). Er befürchtet, dass Biel und andere Regionen abgehängt werden könnten, während andere wie Zug oder Basel-Stadt davonziehen. «Für unsere Industrie brauchen wir auch Infrastruktur: Schulen, Strassen, Kinderbetreuung und so weiter», sagte er gegenüber Radio SRF. «Aber Mehrerträge wird es im Kanton Bern kaum geben.» Das wiederum heisst, dass auch Biel wenig Geld erhält.
Die Unterschiede zwischen «armen» und «reichen» Kantonen spüren auch die Einwohnerinnen und Einwohner. Ein Vergleich in fünf Punkten, ohne Anspruch auf Vollständigkeit:
Basel-Stadt und Zug haben die Nase vorn, wenn es um Ausgaben für die obligatorische Schule geht. Die zwei Kantone und ihre Gemeinden geben für diesen Posten im Verhältnis zur Bevölkerung am meisten aus. In Basel-Stadt sind es 2882 Franken pro Einwohnerin, in Zug 2511 Franken. Das Schlusslicht bildet das Tessin mit 1527 Franken, was rund der Hälfte des Basler Betrags entspricht.
Die Daten der Bildungsausgaben stammen aus dem Jahr 2020 und sind die aktuellsten verfügbaren Werte bei der eidgenössischen Finanzverwaltung (EFV). Sie umfassen zur besseren Vergleichbarkeit die Ausgaben der Kantone und ihrer Gemeinden.
Hohe Ausgaben bedeuten natürlich nicht automatisch, dass die Bevölkerung auch besonders profitiert. Was mit dem Geld genau geschieht, geht aus den Daten nicht hervor. Eine Lohndatenerhebung der Deutschschweizer Kantone zeigt aber, dass Zug und Basel-Stadt Primarlehrpersonen durchschnittliche Einstiegslöhne bezahlen - die Maximallöhne hingegen zu den höchsten gehören.
Bei den Prämienverbilligungen mischt Basel-Stadt ebenfalls vorne mit: Nur im Kanton Neuenburg erhalten Bezügerinnen und Bezüger im Durchschnitt höhere Beträge. Am Ranglistenende liegt Appenzell Innerrhoden, wo die Beiträge gut drei Mal tiefer sind als in Neuenburg. Zug befindet sich unter dem Schweizer Durchschnitt auf Rang 16.
Allerdings sind Basel-Stadt und Neuenburg nicht einfach grosszügig; hohe Prämienverbilligungen bedeuten in der Regel, dass die Prämien im Kanton hoch sind. Basel-Stadt hat tatsächlich die höchsten Prämien der Schweiz, wenn man den Schnitt über alle Altersklassen hinweg betrachtet. Unweit dahinter folgt Neuenburg. In Appenzell Innerrhoden sind die Prämien am tiefsten. In Zug sind die Prämien ebenfalls tief - der durchschnittliche Lohn dafür hoch.
Die Prämienverbilligungen setzen sich aus einem Bundes- und einem Kantonsanteil zusammen. Im Durchschnitt bezahlen Bund und Kanton je die Hälfte. Es gibt aber grosse Unterschiede: In Genf ist der Kantonsanteil mit 67 Prozent am höchsten, in Appenzell Innerrhoden mit 12 Prozent am tiefsten.
Wer sein Einfamilienhaus energetisch saniert, profitiert in Zug und Basel-Stadt am stärksten von Unterstützung durch die öffentliche Hand. Die Immobilienberatungsfirma Wüest Partner hat berechnet, wie viele Fördergelder Hausbesitzerinnen je nach Kanton für ein Musterprojekt abholen können. Analysiert wurden etwa der Einbau einer Wärmepumpe und die Montage einer Photovoltaikanlage auf ein Einfamilienhaus mit Investitionskosten von 90'000 Franken.
Im Kanton Zug gibt es für dieses Projekt mit 35'460 Franken mit Abstand am meisten Finanzhilfe. Basel-Stadt folgt auf Rang zwei mit 28'910 Franken. Der Schweizer Durchschnitt liegt bei 16'100 Franken.
Wie bei den Bildungsausgaben steht Basel-Stadt bei der Kulturförderung an der Spitze. Im Stadtkanton wurden im Jahr 2020 1114 Franken pro Einwohner für Museen, Theater und andere Kulturbereiche ausgegeben. Der Kanton Genf und seine Gemeinden folgen auf Rang zwei mit 843 Franken pro Kopf. Dahinter klafft eine grosse Lücke zum Rest der Kantone und ihren Gemeinden. Zug schafft es mit 268 Franken pro Kopf auf Rang neun.
Dass zwei urbane Kantone bei den Kulturausgaben deutlich obenaus schwingen, ist wenig überraschend: Städte haben im Kulturbereich eine wichtige Zentrumsfunktion, ziehen also auch Publikum aus der Agglomeration an.
Sozialhilfe im engeren Sinn und Ergänzungsleistungen gibt es in der ganzen Schweiz. 16 Kantone bieten darüber hinaus Hilfsleistungen in den Bereichen Alter und Invalidität, Familie, Arbeitslosigkeit und Wohnen an, wie eine Zusammenstellung des Bundesamts für Statistik zeigt. Es sind allerdings nicht alle Kantone in allen Bereichen aktiv.
Zug (Alter/Invalidität, Familie, Arbeitslose) und Genf (Alter/Invalidität, Familie, Wohnen) haben mit je drei Programmen das breiteste Angebot. Basel-Stadt, Schaffhausen und die Waadt sind in je zwei Bereichen präsent. Mit wie viel Geld die Kantone diese Beihilfen alimentieren, geht aus der Statistik nicht hervor.
Um die Unterschiede zwischen den Kantonen abzumildern, gibt es den Finanzausgleich. Dieser stellt sicher, dass jeder Kanton eine Mindestausstattung von 86.5 Prozent des schweizerischen Mittels erhält. Laut der Eidgenössischen Finanzverwaltung reduziert der Ressourcenausgleich die Disparitäten bezüglich der finanziellen Leistungsfähigkeit um rund ein Drittel.
Laut dem neusten Wirksamkeitsbericht, der allerdings von 2018 datiert, ist die Entwicklung der Disparitäten ziemlich stabil. Bei guter Konjunktur nehmen sie tendenziell zu, während sie bei einer Rezession eher abnehmen. Wie sich die Disparitäten seit 2018 entwickelt haben, untersucht der Bund derzeit; der Bericht soll im März 2024 erscheinen.