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Strafrechtsprofessor Daniel Jositsch zum Urteil im Fall Vincenz

Strafrechtsprofessor Daniel Jositsch zum Fall Vincenz: «Das Urteil ist schon sehr hart»

Mehrere Jahre Gefängnis: Der Strafrechtsexperte und Ständerat Daniel Jositsch erklärt, wieso er das Vincenz-Urteil hart und den Abschlag für die mediale Vorverurteilung seltsam findet.
13.04.2022, 11:3013.04.2022, 14:05
Florence Vuichard / ch media
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Was sagen Sie als Strafrechtsprofessor zum Urteil gegen Pierin Vincenz?
Das Urteil ist schon sehr hart, die Strafe ist sehr hoch.

Daniel Jositsch, SP-ZH, spricht zur Kleinen Kammer an der Sommersession der Eidgenoessischen Raete, am Donnerstag, 3. Juni 2021 im Staenderat Bern. (KEYSTONE/Alessandro della Valle)
Daniel Jositsch ist Strafrechtsprofessor an der Universität Zürich und SP-Ständerat.Bild: keystone

Inwiefern ist das Urteil hart?
Bei einem Strafrechtsurteil gibt es immer verschiedene Komponenten, die man beurteilen muss. Da ist zum einen die Schwere der Tat, und die ist angesichts der Deliktsumme tatsächlich sehr schwer. Dann gilt es aber zu berücksichtigen, dass es sich hier um einen Ersttäter handelt und dass die Rückfallgefahr wohl eher tief ist. Wenn ich alle drei Komponenten zusammen betrachte, finde ich das Urteil eher hart. Dreidreiviertel Jahre Gefängnis ist viel, da gibt es keine Möglichkeit auf eine bedingte Gefängnisstrafe.

Im Vorfeld wurde immer gesagt, dass die grösste Herausforderung der Staatsanwaltschaft für eine Verurteilung zum gewerbsmässigen Betrug der Nachweis der Arglist ist.
In der Tat. Die unterstellte Arglist spielt sich ja zu einem grossen Teil im Kopf des Täters ab, da können wir nicht hineinsehen. Das Gericht hat nun offenbar, die Arglist als erwiesen erachtet.

Eine Strafreduktion gab es für die mediale Vorverurteilung.
Das finde ich seltsam.

Wieso?
Es ist normal, dass bei Prominenten über ein Strafverfahren berichtet wird. Die Berichterstattung selbst schien mir ausgewogen zu sein.

Der ehemalige Raiffeisenchef Pierin Vincenz, Mitte, verlaesst mit Anwalt Lorenz Erni die Urteilseroeffnung des Raiffeisen-Prozesses des Zuercher Bezirksgerichts, am Mittwoch, 13. April 2022 vor dem Vo ...
Der ehemalige Raiffeisenchef Pierin Vincenz verlässt, begleitet von zahlreichen Medienschaffenden, mit seinem Anwalt Lorenz Erni nach der Urteilseröffnung das Zürcher Volkshaus.Bild: keystone

Eine grosse mediale Beachtung ist also der Preis, den man bezahlen muss, wenn man prominent ist?
Nein, in der Logik des Gerichts ist das der Bonus respektive der Strafabschlag, von dem Prominente bei einer Straftat automatisch profitieren können. Es ist ein Vorteil gegenüber Normalbürgern, die bei der gleichen Straftat das volle Strafmass erhalten. Ich finde das wirklich seltsam - umso mehr, dass die mediale Bekanntheit in diesem Fall auch selbst gewählt ist. Es ist ja nicht so, dass in der Schweiz jeder Banker ein Prominenter ist. Wie heisst es doch so schön: Wer den Boulevard zu seiner Hochzeit einlädt, der muss sich auch nicht wundern, wenn er dann bei der Scheidung auch aufkreuzt.

Pierin Vincenzs Anwalt hat schon angekündigt, gegen das Urteil Berufung einzureichen. War das zu erwarten?
Ja, das ist Standard, das ist normal, niemand geht einfach so für knapp vier Jahre ins Gefängnis.

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52 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Restrealität
13.04.2022 12:01registriert Mai 2018
Bei so viel durchdachter Kriminalität sehe ich die Härte der Strafe immer noch nicht.
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HugiHans
13.04.2022 11:50registriert Juli 2018
Ersttäter? Wohl kaum, er wurde einfach noch nie dafür verurteilt.

Rückfallgefahr? Ganz bestimmt wenn als all dies keine Konsequenzen gehabt hätte.

Ich begeüsse es, dass endlich einmal ein Zeichen gesetzt wurde und selbstherrliches Handeln auch strafrechtlich belangt wird.
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International anerkannter Experte für ALLES
13.04.2022 11:55registriert Juli 2021
Das veruntreute Geld fehlt Familien, Unternehmen, der Wohlfahrt etc. Es entstehen Folgeschäden. So könnten z.B. Personen wegen finanzieller Notlage die indirekt aufgrund dieser Unterschlagung entstanden ist kriminell, depressiv oder sogar suizidär werden. Die Opfer solcher Verbrechen bleiben unsichtbar, aber es gibt sie, wenn auch nicht direkt ein kausaler Zusammenhang ersichtlich ist.
Deshalb finde ich die Strafe nicht zu mild.
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